Während Gustav mir vielsagende Blicke zuwarf, versuche ich mir nichts anmerken zu lassen. «Das werden wir gerne machen», sagte ich höflich, ehe auch ich mich von Marlas Vater verabschiedete. Wir blickten ihm hinterher, als er mit seinem Auto davonfuhr.

«Dein Vater ist schon ziemlich süss», sagte Gustav zeitgleich, wie Marla ihn warnte, nichts Falsches zu sagen. Entgeistert blickte sie ihn an, «Gustav, das ist nicht lustig.»

«Was?», sagte er und hob schützend die Arme, «Ich hab nur gesagt, dass dein Vater süss ist.»

«Mein Vater ist kein Dilf», sagte Marla mit erhobenem Finger.

«Der einzige Dilf ist Mückes Vater», sagte Gustav trocken. Peinlich berührt griff ich mir an die Stirn. Manchmal war ich froh drum, dass ich eine Brille trug. Denn ansonsten hätte ich mir jetzt bestimmt die Augen mit den Fingern ausgestochen.

«Es gibt Gründe, warum ich dich nicht mehr mit zu mir nachhause nehme», seufzte ich.

Gustav bliess die Backen auf. «Ich hab nur mal gesagt, dass dein Vater ein sehr gutaussehender Mann ist...» – «... den du versucht hast anzubaggern», unterbrach ich ihn seufzend. Mein Blick wanderte zu den beiden Mitbewohnerinnen des blonden Zwerges, «Hat er eure Väter auch schon angebaggert?»

«Die hat er nie kennengelernt», sagte Tann, ohne dabei aufzuhören, Laikas Bauch zu kraulen.

«Vermutlich aus gutem Grund», zwinkerte Marla, ehe sie Gustav mit dem Ellbogen anstiess. Dieser verzog nun beleidigt das Gesicht. «Immer sind alle gegen mich», schmollte er, worauf Marla in schallendes Gelächter ausbrach.

So langsam begann sich die Wiese mit weiteren Gesichtern aus dem Felsen zu füllen. Die einen kamen zu uns rüber, um uns zu begrüssen, während die anderen sich zu ihren Freunden gesellten.

Ich war gerade in ein Gespräch mit Mariam vertieft. Sie war eine hochgewachsene junge Frau mit tunesischen Wurzeln. An ihren Ohren baumelten lange hängende Ohrringe mit blauen, pinken und weissen Perlen. Sie hatte mir, wie das letzte Mal, als wir uns gesehen hatten, versprochen, eine Spezialität aus ihrer Heimat zum Probieren mitzubringen. Gerade als ich dabei war, ihr zu erklären, wie ich das Probierte fand, schlangen sich zwei Arme um meine Hüfte. Etwas erschrocken zuckte ich zusammen. Als ich meinen Kopf nach hinten drehte, blickte ich in das blasse Gesicht eines Mädchens mit Kinnlangen kobaltblauen Haaren.

«Kristin!», quietschte ich voller Freude. Ich drehte mich um, damit ich das Mädchen richtig zur Begrüssung umarmen konnte. «Dachte, du hattest vor bei dir in der Region was ähnliches zu starten, statt immer bis zu uns fahren zu müssen», lachte ich.

Kristin gab ein peinlich bedrücktes Lachen von sich. «Das muss wohl noch etwas warten», verlegen kratzte sie sich am Hinterkopf, «Ich wohn jetzt mehr oder weniger in Bern.»

«Wie du wohnst in Bern?», fragte ich die gebürtige Bulgarin.

«Mein Studium hat mich hierher verschleppt», erklärte Kristin, «Deswegen werde ich euch voraussichtlich die nächsten fünf Jahre, bis ich meinen Master habe, hier auf den Sack gehen.»

«Das ist aber lieb von dir», lachte ich scherzhaft, «Darf ich denn so neugierig sein und fragen, was du studierst?»

«Marketing», lachte Kristin.

«Du studierst Marketing?», meldete sich nun Gustav zu Wort. Ich hatte keine Ahnung, woher er sich angeschlichen hatte. Doch nun umarmte auch er Kristin, ehe er ihr einen Kuss zur Begrüssung auf die Wange drückte. «Wusstest du das unser Mücke hier in einer Marketingfirma arbeitet?»

«Die ist doch in der Nähe des Feuerwerkladens, oder?», wollte Kristin von mir wissen. Doch noch bevor ich antworten konnte, war Gustav bereits in einen Lachanfall verfallen. «Andere Leute wissen welches Quartier gemeint ist und du kommst einfach mit dem Feuerwerksladen.»

in case I fall for youWhere stories live. Discover now