Fehlender Vertrag

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Die Augen aller weiten sich, als sich eine Gestalt aus dem Portal schält und die Schutzkugel drumherum einfach zerbersten lässt.
Langsam richtet sich das Ding auf, es reicht an die drei Meter. Der Kopf ist nur mit einzelnen Fellbüscheln bedeckt und länglich, einer Echse ähnelnd und doch besitzt es keine Schuppen. Dennoch zeigen sich Nasenlöcher. Ein aufrechter Gang mit starken Gliedmaßen, am Körper verdichtet sich der Fellbewuchs und deutet auf eine dunkelgraue Fellfärbung hin. Krallen an allen vier Extremitäten und ein langer, rattenähnlicher und somit nackter Schwanz.
„Es hat drei gut ausgelernte Belmonts gebraucht um mich zu verbannen, was will eine armselige, kleine Nachfahrin ausrichten?"
Die Stimme bebt über die Ebene, während Charly langsam aufsteht und sich einen Ohrstöpsel rausnimmt.
„Sorry, hab deine epische Ansprache nicht gehört. Kannst du sie noch einmal wiederholen?"
„Was- Was hast du da an deinem Ohr?"
Charly prustet kurz, bevor sie sich räuspert. „Nennt sich Kopfhörer, für Musik und so. Willst du auch mal?" Sie hält ihm einen ihrer Kopfhörer entgegen, wobei das Wesen die Augenbrauen hochzieht. „Ich werde es mir aus deiner Leiche reißen um herauszufinden was ich damit anstellen kann. Du stehst im Weg. Im Weg von uns allen."
Dann soll er halt drumrum gehen, mimimimimi. Dass man da immer so ein Drama draus machen muss.
„Ja, ja, ja... haben wir alles schon gehört. Du- uhm... in... warte."
Sie holt ihr Handy raus und seufzt.
„In 35 Minuten werden die Onlinetickets für Rammstein verkauft. Wenn ich kein Ticket mehr bekomme, rate mal auf welchen Sehnen und Bändern ich lernen werde Gitarre zu spielen. Also keine langen Reden, schwing deinen Arsch!" 

Aphoryton taucht neben ihr auf und erstarrt, als er das Wesen sieht. „Was- Was ist das... so viel Magie... so viel Macht!"
Charly öffnet das Fläschchen und kippt sich das Zeug hinter, ehe sie wieder das Gesicht verzieht. Es ist so ekelhaft bitter, dass es nicht mehr schön ist. „Keine Ahnung, aber es kennt die Belmonts und wurde verbannt, das hat seinen Grund. Denk daran, taub. Hier!" Sie wirft ihm die Kopfhörer und das Handy hin, bevor sie ihre Schultern kreisen lässt. Der Engel nimmt alles und gibt ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Pass auf dich auf!"
Das hört sie nur noch wie durch Watte, bevor alle Geräusche verstummen.
Aphoryton schießt in den Himmel hoch, bevor er Leamas erblickt und er sich zu ihnen gesellt. „Ohrstöpsel. Ihr braucht dringend alle Ohrstöpsel, wenn Agarash rauskommen sollten!", ruft er noch und holt für sich und Leamas jeweils ein paar heraus, die er auch an den Dämon weitergibt.
„Danke", brummt der Rothaarige und schützt seine Ohren, wobei Alucard mit verzogenem Gesicht in seiner pocket Dimension herumkramt. Aber er findet nicht wirklich welche und er sieht zu dem Paladin. „Ich bin gleich wieder da!"
Er wird doch in irgendeiner Apotheke diese komischen Dinger finden, seine eigenen liegen bei sich im Sarg, falls er absolute Stille haben möchte. Aber die kann und wird er nicht weitergeben, das findet er ekelhaft.
Maxwell verschränkt besorgt die Arme. „Und was ist mit Charly? Sie hat sich die Kopfhörer rausgezogen, das wars!"
Aphoryton, der einen der Stöpsel noch draußen hatte, fliegt zu ihm runter und schüttelt den Kopf. „Beruhige dich, Mensch. Sie hat etwas getrunken, dass sie vollkommen taub werden lässt. Temporär natürlich. Sie ist vollkommen sicher. Aber wir alle sind nicht komplett taub, wir könnten Kopf- und Ohrenschmerzen bekommen. Oder unsere Trommelfelle platzen, je nachdem wie gut wir die hier eingesetzt haben."  Damit hebt er seinen zweiten Ohrstöpsel und beendet seine Sicherung der eigenen Ohren. Er könnte sich regenerieren, aber er möchte es nicht extra riskieren müssen. 

Alucard taucht wieder auf und verteilt die Ohrstöpsel an alle, wobei die Lady von dem erhöhten Platz aus über die Ebene blickt und seufzt. Mal sehen wie weit das geht, wie lange das dauert und wer schlussendlich eingreifen muss. Denn so wie sich das anhört, kann eigentlich niemand so wirklich eingreifen.
Dämonen und Engel gleichermaßen haben Angst vor den Agarash und... was auch immer das für ein Ding ist.
Charly schwingt das Schwert herum und spürt das Rattern, während es die einzelnen Segmente auseinanderschiebt und die menschlichen Zwischenstücke sichtbar werden lässt.
„Sie wird Euch nichts antun, Meister. Dafür sorge ich!", ruft Belin im nächsten Moment und erneut flammt das Portal auf, bevor sie sich herausbewegen.
Auf allen vieren krabbelnd, kommen die Agarash heraus und sehen sich zuerst ein wenig um, bevor sie ihr Ziel erblicken.
Erneut spürt Charlette die Übernahme, lässt es aber zu und findet sich in einer Situation wieder, die ihr bekannt vorkommt und die sie trotzdem noch nie erlebt hatte. Aus ihrem Mund kommen Worte und Verse, die hat sie bis jetzt noch nie ausgesprochen. Sie verspürt eine innerliche Angst, als sie sich die Klingenpeitsche im nächsten Moment um den eigenen Arm schlingt und zuzieht. Sie will schreien, doch sie kann den Schmerz nicht zum Ausdruck bringen. Nicht einmal ein Mucks kommt ihr über die Lippen.

Gierig saugen die Klingensegmente das eigene Blut, bevor ihr Körper die Klingenpeitsche von ihr losreißt und ein ziemlicher Impuls durch die Waffe geht. Was zur Hölle? Was kann das Ding sonst noch alles? Was wurde ihr alles noch nicht gezeigt? Ist sie bis jetzt nur mit dem basic-Modell rumgelaufen? Das ist, als würde sie mit ihrem Handy nur telefonieren oder Nachrichten schreiben und alles andere hat sie absichtlich ignoriert.
Ein paar weitere Worte werden gesprochen, bis die Kontrolle abrupt endet. „Ach JETZT haust du ab? Lässt mich allein mit den Viechern? Arschloch", zischt Charly und wundert sich im ersten Moment warum sie sich nicht hören kann. Ist irgendwas kaputt?
Oh, warte. Das Zeug. Stimmt ja.
In der Zeit, in der sie – was auch immer – verflucht hat, haben die Agarash sie eingekesselt und lassen auch nicht wirklich zu, dass man ihre Schritte vorhersehen könnte.
Das Kreischen wird laut, die anderen halten sich trotz der Entfernung und der Ohrstöpsel noch die Hände auf die Ohren und verziehen schmerzerfüllt das Gesicht.
Einer der Agarash scheint wohl austesten zu wollen wie es bei ihr mit dem toten Winkel ist, doch den trifft die Klingenpeitsche mitten ins Gesicht. Die Klingen dringen durch Haut, Muskeln, Knochen und das wie durch weiche Butter. Seit wann ist das Ding so scharf?!
Doch zum wundern bleibt ihr nicht lange Zeit, bevor sie mit einem Ruck die Peitsche einklappen muss. Rechtzeitig kann sie nicht mehr ausweichen, somit krachen die Krallen des Agarash auf ihre Klinge, die sie am Blatt mit aller Kraft halten muss. Nur lange wird das nicht gut gehen, da fehlt ihr definitiv die Muskelmasse dafür.
Abrupt geht sie einen Schritt zur Seite, ein Glück für sie. Ein weiterer Agarash schießt extrem knapp an ihr vorbei und durchdringt mit seinen eigenen Krallen jenen Agarash den sie aufgehalten hatte.
Durch den Schwung stürzen die beiden nach hinten und Charly bekreuzigt sich reflexartig. Scheiße, das hätte anders auch ausgehen können. 

Keine Sekunde später wird sie aber auf den Boden gerissen und sie spürt die Krallen, die sich in ihren Bauch bohren. Das Wesen schnappt nach ihr, während die Blondine den Kopf auf die Seite dreht und den Zähnen ausweicht.
Der Agarash hebt den Kopf und reißt das Maul auf, die Gesichtsfetzen wackeln ekelhaft, Speichel tropft auf ihr Gesicht runter und es brennt.
Charly festigt den Griff um das Vahr'asch und rammt es dem Wesen seitlich in den Schädel, wobei ihr ein Impuls dazu rät es nicht gleich hinauszuziehen. Ihre Augen weiten sich, als bei dem Agarash das gleiche passiert wie mit ihrem Bruder, das Blut wird herausgesaugt.
Stumm formt sie die Worte: ‚Töte, Fresse, Verbanne im Namen der Familie Belmont' und drückt das Schwert bis zum Heft in den Schädel. Der Agarash reißt sein Maul noch weiter auf, sie spürt dass es schreit, aber es tut ihr zum Glück nichts.
Das Gewicht auf ihr verschwindet plötzlich. Sie kann wieder besser atmen, ihr drückt nichts mehr auf ihre Organe und das eh schon zerrissene Shirt wird nicht noch mehr in Mitleidenschaft gezogen. Das Wesen löst sich auf. Ohne Portal löst es sich einfach auf und verschwindet, was Charly keuchend und perplex zurücklässt. Agarash kann man nicht töten. Wo ist es hin?
Keine Sekunde später wird sie durch die Luft geschleudert, somit liegt ihre Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderem. Bevor sie auf dem Boden aufkommt, werden ihre lange, dünne Krallen durch den Körper gejagt, die an ihrem Bauch wieder herausschießen. 

Leamas rüttelt an Aphoryton und brüllt ihm entgegen, dass er das mit dem Strahl machen soll, das tut ihr doch eh nichts! Doch der Engel schüttelt den Kopf und nutzt die Fähigkeit, mit der er schon während des Fluges beim ersten Dämon mit Charly sprechen konnte, um dem Rothaarigen etwas mitzuteilen.
„Wir haben keinen Vertrag, Leamas. Wenn ich diesen Angriff einsetze, dann wird sie das umbringen. Der Vertrag ist erloschen als sie starb und wir haben ihn bis jetzt nicht erneuert." Fuck, das haben sie komplett vergessen. Es stand nur ihre Genesung an oberster Stelle, alles andere haben sie auf die Seite geschoben.

„Außerdem weiß ich nicht, ob dieser Angriff überhaupt etwas bei Agarash ausrichten würde", fügt er noch hinzu und sieht wieder nach vorn, wobei die Aufmerksamkeit schnell auf den Himmel gerichtet wird.
Dort wird es an einem Punkt über dem Kampf heller, bevor die Wolkendecke auseinanderbricht und etwas, oder jemand, von oben herunterschießt. Aphoryton muss zweimal hinsehen, um zu erkennen wer das ist, bevor er sich eine Hand auf den Mund legt.
„WER ZUM FICK IST DAS!", brüllt Leamas um durch die Ohrstöpsel gehört zu werden und sieht, dass der Engel neben ihm diese Gestalt zu kennen scheint.
So geschockt wie er ist, muss das wohl irgendjemand sein, von dem man kein Eingreifen erwarten würde. Es sieht jetzt nicht aus wie Gott, dafür ist der Kerl zu jung. „Er ist derjenige, der die Dreifaltigkeit vollendet hat, Leamas. Der Prophet, der Anführer, der Gründer."
Aphoryton lässt langsam die Hand sinken und schluckt. „Aber vor allem ist er gnadenlos, mächtig und scheut nicht vor Konfrontationen, wenn die Leute unter ihm mit einigen Dingen nicht klarkommen." 

Toxic BridgeWhere stories live. Discover now