8 | Abschied

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Anfangs war es ein schönes Gefühl. Ich dachte an sie und lächelte, spürte eine süße Wärme sich in mir ausbreiten. Wenn ich sie sah, wenn sie mich sah, mich wahrnahm, anlächelte, ich hätte jedesmal abheben und in den Himmel schweben können.

Wenn ich sie jetzt sah, mich in ihre Nähe platzierte, mit ihr zu reden versuchte, war es bitter. Schmerzhaft. Am schlimmsten war es, wenn sie dann ging. Wenn sie ging und ich wusste, ich hatte es nicht geschafft, mit ihr zu reden. Ich hatte es nicht geschafft, mich bei ihr zu einer wichtigen Person zu machen.
Sie auf mich aufmerksam zu machen.

Ich war ein Niemand für sie. Dieses Signal hatte ich bereits erkannt. So oft wie ich ihr geschrieben hatte, dass ich mich freute, sie wiederzusehen; so oft wie ich mich in ihre Nähe gestellt hatte, um vielleicht irgendwann die Gelegenheit zu bekommen, mit ihr reden zu können; so oft hatte ich das Signal bekommen, dass sie sich nicht für mich interessierte.

Einmal, als wir uns verabschiedeten, sagte sie zu mir: „Und ja, ich freu mich auch, wenn wir uns wiedersehen..."
Klingt an sich doch erfreulich, oder?
Doch so, wie sie es gesagt hatte, hatte ich das Gefühl, sie sagte es nur, damit ich es nicht sagte. Vielleicht dachte sie, ich hätte die Erwartung, dass sie es sagte, da ich es nach jedem Mal, wenn wir getextet hatten, geschrieben hatte. Vielleicht war sie einfach so genervt von mir, dass sie es jetzt einmal sagte, damit ich endlich Ruhe geben würde.

Schlimmer noch: Bestimmt hatte meine Schwester ihr bereits gesagt, dass ich sie mochte, und damit sie mir nun keine falschen Hoffnungen machen würde, wollte sie gar keinen Kontakt mit mir.
Dabei war das Einzige, was ich wollte, doch nur, dass ich mit ihr befreundet sein könnte. Ich wollte einfach nur in ihrer Nähe sein dürfen, mit ihr ganz normal reden können, ihr vertrauen können und auch ihr mein Vertrauen geben.

Ich hatte es zerstört.

Letzter Schultag.
Jeder Mensch freut sich doch auf den letzten Schultag, oder?
Endlich Ferien, den nächsten Tag erstmal ausschlafen, —
Ich nicht.
Ich hatte Angst.

Würde ich sie jemals wiedersehen? Sie würde nächstes Jahr nicht mehr in der Schule sein. Ich würde sie nicht mehr in den Gängen der Schule umher schweben sehen, in den Pausen rauchend im Park oder hinter der Kirche stehen sehen, bei einer Schulveranstaltung auf der Bühne auftreten sehen.

War dies nun der Abschied?

Vielleicht wäre es besser für mich gewesen.

Vielleicht sollte ich sie nie wieder sehen.

Ich schrieb einen Brief für sie. An sie. Ich wollte, dass sie wusste, was ich ihr alles sagen wollte. Ich wollte, dass sie in las. Doch auf keinen Fall wollte ich ihn ihr geben müssen.

Ich wollte sterben.

Nicht das erste Mal in meinem Leben hatte ich diesen Gedanken. Und nicht das erste Mal in meinem Leben hatte ich ihn nicht durchsetzen können.

A new love storyWhere stories live. Discover now