"Ich bin hier selber zur Schule gegangen, Lilli"

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Nachdem die Limousine vor dem Haus meiner Mutter und mir stehen geblieben ist, stiegen wir aus und Stanley schleppte die Gepäckstücke meiner Mum ins Haus. Der Fahrer verabschiedete sich wieder und verschwand. Nun stand ich also mit Mum alleine im Flur.

„Und wie geht es jetzt weiter?", fragte ich sie grinsend.

„Wie immer. Heute fahren wir noch zur weiterführenden Schule hier in Georgetown um dich endlich anzumelden und ab morgen werde ich wieder normal arbeiten.", meinte sie.

Wie ich sie so einschätzte würde das wohl heißen, dass ich ab morgen zur Schule gehen würde, mitten im Schuljahr auf eine neue Schule zu kommen war hart, nicht nur weil ich den halben Lernstoff verpasst hatte.

„Ich habe noch keine Schulsachen, Mum...und ein Handy habe ich auch noch nicht.", stellte ich fest und sah sie erwartungsvoll an. Sie würde wohl verstehen worauf ich nun heraus wollte.

„Dann fahren wir erst zur Schule und danach kaufen wir deine Schulsachen und ein Handy."

Genau diese Antwort wollte ich hören, allerdings schien sie weniger von der Idee begeistert zu sein, als ich. Vielleicht aus dem Grund, weswegen sie so lange im Krankenhaus lag...dem Schützen im Kaufhaus. Allerdings bekam auch ich ein ungutes Gefühl in der Magengrube, weil wir wieder in das gleiche Shoppingcenter fahren würden.

„Möchtest du auch einen Kaffee?", fragte mich Mum und ich nickte. Ich folgte ihr in die Küche, wo ich sie dann beim Kaffeeaufsetzen beobachtete. Kurz darauf stand dann ein dampfender Becher mit Kaffee vor mir. Ich war so süchtig nach der Flüssigkeit, dass ich sie trotz der Hitze gierig austrank.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir langsam losmussten, um noch alles zu schaffen.

„Wir müssen langsam mal los.", merkte ich nach einer Weile an.

„Gut. Dann machen wir uns jetzt fertig und fahren dann zur Schule."

Ich nickte, erhob mich vom Stuhl und war gerade dabei die Küche zu verlassen, als Mum mir noch etwas hinterherrief.

„Lillian...und zieh dir was Ordentliches an."

Ich grinste und verschwand dann nach oben in meinem Zimmer. Ein, dem Anlass entsprechendes, Outfit hatte ich schnell gefunden. Während ich mich anzog, hörte ich die Absätze von Mum's Schuhen auf den Fliesen entlanggehen und schloss daraus, dass sie aus irgendeinem Grund um einiges schneller war als ich.

Halbwegs rennend betrat ich mein Badezimmer und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel, dann schnappte ich mir meine Handtasche, die auf dem Bett lag und rannte dann nach unten, wo ich mir meine Schuhe anzog.

„Fertig!", rief ich lachend, als ich meine Schuhe anhatte. Im nächsten Moment kam auch meine Mutter in den Flur. Wie ich vermutet hatte, war sie fertig angezogen mit Schuhen, ihrem Mantel und der Handtasche um der Schulter hängend.

Gemeinsam verließen wir dann das alte Haus und stiegen in Mum's silbernen Chrysler.

Die Straßen waren um diese Zeit nicht sonderlich voll, vielleicht lag das aber auch daran, dass wir nicht über Freeways oder Avenues fahren mussten, sondern die ganze Zeit in Georgetown blieben. Nach etwa zehn Minuten bog Mum auf den Hof der Schule und stellte den Wagen auf einen der Besucherparkplätze. Wir stiegen aus und ich musterte meine Umgebung. Vor mir stand ein großes Gebäude aus roten Backsteinen mit vielen wunderschönen Verzierungen. Rechts von mir ging man weiter auf den Hof. Mir schien es, als müsste das Schulgrundstück riesig sein.

„Komm.", wurde ich von Mum aufgefordert ihr zu folgen. Ihre Absätze klackerten den ganzen Weg entlang und ihr roter Mantel wehte durch den Wind in unregelmäßigen Abständen nach hinten. Die große Tür öffnete sich ohne einen Murks und ich trat nach meiner Mutter ins Innere der Schule. Die Eingangshalle war größer, als ich gedacht hatte und vor allem sah sie um einiges schöner aus, als die Eingangshallen meiner früheren Schulen.

Auf dem Weg zum Schuldirektor begegneten wir keiner Menschenseele, dafür konnte man allerdings manchmal das Reden von Lehrern oder Schülern hören.

„So...hier ist es. Durch diese Tür geht man ins Vorzimmer und dahinter ist dann das Büro des Direktors.", erklärte Mum.

Ich wunderte mich darüber, dass sie sich hier anscheinend ziemlich gut auskannte.

„Woher weißt du das denn?", fragte ich.

Meine Mutter drehte sich um und schaute mich dann mit einem leichten Grinsen an.

„Ich bin hier selber zur Schule gegangen, Lilli.", antwortete sie mir und drehte sich dann wieder zur Tür, an welcher sie nun klopfte.

Nach einen leisen ‚Herein' öffnete Mum dann die Tür und betrat mit mir im Schlepptau das altmodisch eingerichtete Vorzimmer. An den Wänden standen Regale und in der Mitte des Raumes ein relativ großer Schreibstich, an welchem eine junge Frau saß und uns schon erwartungsvoll ansah.

„Guten Tag. Mein Name ist Shepard, wir hatten telefoniert.", begrüßte Mum die Frau, welche dann aufstand und um ihren Schreibtisch ging.

„Ah, guten Tag Ma'am.", sprach die Sekretärin und reichte erst Mum und dann mir die Hand.

„Der Direktor erwartet sie schon. Gehen sie rein.", erklärte sie und zeigte dann mit ihrem Arm in Richtung der Tür.

„Vielen Dank.", meinte Mum und nickte der Frau dann zu.

Im Gegensatz zu mir war Mum total locker, ich war nervös und hatte Angst etwas falsch zu machen und deswegen nicht auf diese Schule zu kommen.

Wir betraten das Zimmer des Schulleiters und schlossen dann die Tür wieder hinter uns.

„Ah. Miss Shepard, es freut mich sie wiederzusehen.", sagte der ältere Herr freundlich.

Ich schaute ein wenig irritiert drein. Allerdings schloss ich dann aus seiner Aussage, dass er hier schon gearbeitet hatte, als Mum hier zur Schule gegangen ist.

„Guten Tag, Sir. Das ist meine Tochter Lillian.", meinte Mum genauso freundlich und zeigte dann mit einer Handbewegung auf mich.

„Guten Tag, Sir.", brachte ich dann über die Lippen und lächelte den Herr schüchtern an.

„Bitte. Nehmen sie doch Platz."

Auf der Suche nach Mummy *Navy CIS*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt