Kapitel 17 - Die Schlacht um Aramesia

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»Der erste Krieg endet in Sieg
Regeln der Spinne immer galten
das Schick- Igitt!« Die bärtige Zwergin unterbrach ihren Gesang, als sie eines der feuchten Geschosse im Nacken traf. Angewidert wischte sie es weg und wandte sich wutentbrannt den leise gackernden Barbarinnen zu. »Lasst das gefälligst!«, wies sie sie zurecht, doch das liess die beiden nur noch mehr aufdrehen.

»Es reicht!«, zischte nun auch Mile. »Wegen euch werden wir noch erwischt!«

»Wegen uns?!«, fauchten Gretel und Rosanna im Chor.

»Die Olle mit dem Bart singt doch lautstark vor sich hin!«, rechtfertigte sich die Monsterschlächterin mit gewohnt giftiger Zunge.

»Ihr beiden seid doch nur eifersüchtig, dass euch keiner wächst. Dann würde euer Volk euch vielleicht endlich ernst nehmen«, knurrte Opalia und strich sich stolz über den Zopf am Kinn. Rosannas empörtes Fauchen ignorierend, fuhr sie fort: »Ausserdem ist das ein altzwergisches Kriegslied, das den Ereignissen dieser Nacht gerecht wird, auch wenn seine Bedeutung und Geschichte längst vergessen sein mag. Ihr Barbaren lebt in eurer eigenen Welt mit euren Chaosgöttern. Sonst wüsstet ihr von den Prophezeiungen der Ramos und der Aufforderung der Spinne, bei der Schlacht um Aramesia den ersten Krieg zu besingen.«

»Wen interessiert's? Ratko gibt keinen Fick auf Lieder!«, schnaubte Rosanna und verdrehte die Augen im gedämpften Licht der Wyrselsteine, die unter dem Truppen aufgeteilt waren. Sie griff nach einem ihrer Wurfmesser, um sich damit eine Weintraubenhaut aus den Zähnen zu pulen. Für die Schlacht hatte sie ihre Gesichtstattoos mit weisser und roter Kriegsbemalung ergänzt. Mile musste zugeben, dass sie damit schon ein wenig furchteinflössend aussah.

»Das würde ich nicht sagen, beachtet man die Umstände«, mischte sich Red in den Streit ein und deutete sachte auf den Kuppelturm des Tempels, woher unermüdlich die betörende Melodie lockte. »Eure Chaosgötter haben gegen die Spinne verloren, darum geht es in dem Lied. Doch abgesehen von der historischen Bedeutung wird es als kriegsstrategische Waffe eingesetzt. Selbst der Kriegsgott Ratko unterwirft sich dem Schicksal.«

»Spinnen-Propaganda«, schnaubte Rosanna, doch sie beliess es dabei.

Tatsächlich spielte in dieser Schlacht Musik eine besondere Rolle, denn beinahe hätte sie die Rebellen Kopf und Kragen gekostet: Die ersten Soldaten, die am Tag zuvor das Tal betreten und die Musik gehört hatten, waren augenblicklich verrückt geworden. Wie die Wahnsinnigen waren sie umgekehrt, hatten die Waffen erhoben und jeden erstbesten, der sich in der Nähe befunden hatte, erbarmungslos niedergemetzelt.

Die Antagonisten hatten in den Turm des enigmanischen Tempels ein den Verstand raubendes Flötenspiel platziert, magisch verstärkt, sodass es durch das ganze Tal hallte und das jeden, der es hörte, zum Feind machte. Dabei hatten sie jedoch auch herausgefunden, bei wem die Musik nicht wirkte: Den Tintenwesen. Deshalb hatte der Rat mehrere Truppen zusammengestellt, die entweder aus Tintenwesen oder besonders fähigen Kriegern, denen man die Tinte intravenös verabreichte, bestanden. Diese sollten sich aus allen Himmelsrichtungen in die Stadt schleusen. Das Ziel war nun, in den Turm zu gelangen und die Musik zu stoppen.

»Der erste Krieg endet in Sieg
der Spinne Regeln immer galten
das Schicksal muss man erhalten
dies ist das Lied vom ersten Krieg«, konnte Opalia Kallkratt ihren Gesang fortsetzen.
»Dies ist das Lied vom ersten Krieg
das besingt der Spinne Sieg
dies ist das Lied vom ersten Krieg
das besingt der Spinne Sieg«

Die Zwergin liess den letzten Ton in Harmonie zum Flötenspiel verklingen und als hätte die Spinne nur darauf gewartet, erschallte in diesem Moment das dumpfe Dröhnen eines Hornstosses. Ihr Trupp rappelte sich auf und hastete geduckt durch die Reben auf das Ufer zu.

Twos - Ein Märchen von Sommer und Winter  - Neue Fassung (3)Where stories live. Discover now