7 - EIN FREMDER ORT

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Er überlegt eine Weile. In der Zeit strenge auch ich meine grauen Gehirnzellen an. »Wir müssen die Freundschaften stärken, die er schon hat. Was ist mit Ben? Er war jetzt länger nicht mehr bei uns zuhause. Ist was vorgefallen? Sie verstanden sich früher ziemlich gut.«

Benedikt und Junis sind mir ein Rätsel. Sie sitzen schweigsam in der hinteren Reihe im Klassenraum und vertrauen sich mir überhaupt gar nicht an. Ich überlege, ob ich ihnen je das Gefühl gegeben habe, nicht vertrauenswürdig zu sein. Oder Julian hat recht und die beiden Freunde haben sich auseinandergelebt und leiden deshalb jeder für sich. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht den blassesten Schimmer. Es ist schwer, einen Zugang zu ihnen herzustellen.« Ich rechne schon fast mit einem abfälligen Kommentar. »Misses Perfect kennt ihre Schüler nicht?« Doch er nickt, als würde er es verstehen.

»Im Unterricht fehlt uns dafür einfach die Zeit. Und im Klassenzimmer haben wir sich verstellende Schüler sitzen«, murmelt Julian. Er lässt den Kopf erschöpft auf seine Arme sinken. Warum gibt er sich so einfühlsam? Dadurch wirkt er ja fast schon ... sympathisch? Julian? Nein, sicher nicht.

»Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragt er. »Selbst wenn er sich dir verschließt und die Täter in deiner Nähe wahre Engel sind, behältst du sie im Auge? Und könntest du Junis seinen Freiraum geben, falls er Abstand benötigt?«

Ich nicke. Das ist selbstverständlich für mich. Doch was ist mit ihm? Wird er Matteo denselben Gefallen erweisen? In den Pausen habe ich ihn noch nie gesehen, wie er sich Zeit genommen hat, um Eins-zu-Einsgespräche mit seinen Schülern zu führen. Da ist er zu beschäftigt, seinem Kaffeekonsum nachzugehen. Das Gespräch soll keine Einbahnstraße sein. »Werde ich«, verspreche ich, »wenn du dir auch schon überlegt hast, was du wegen Matteo unternimmst.«

»Klar«, brummt er. Das beruhigt mich überhaupt nicht. »Ich werde ihn auch beobachten und ihm seinen Abstand geben.« Er murmelt etwas, das ich nur erahnen kann. Sagt er: »Das war auch nie mein Problem, sondern eher deins«? Dieser Idiot!

»Okay, aber das reicht nicht. Wie du schon richtig erkannt hast, im Unterricht bekommt man kaum etwas mit. Hast du eine Abschlussfahrt geplant?« Ich stelle die Frage zu Provokationszwecken. Ich weiß natürlich, dass er nicht der Typ dafür ist, freiwillig Klassenfahrten zu planen, wenn er stattdessen ohne großen Aufwand Kaffee trinken kann, während die Schüler eine Seite im Schulbuch zusammenfassen. Ein Teil von mir will sich für all die Vorurteile in meinen Gedanken entschuldigen, doch dann schüttelt er den Kopf und bestätigt mir, dass ich mittlerweile ein verdammt realistisches Urteil von ihm habe.

Ich verdrehe die Augen. »Abschlussfahrten sind wichtig für Schüler. So wachsen sie näher zusammen. Das kann vielleicht sogar unsere Lösung für das Mobbing sein.«

In dem Moment denke ich automatisch an Vanessa, die momentan eine Scheidung durchlebt, und mir vor wenigen Wochen durch die Blume versucht hat mitzuteilen, wie ungern sie weiterhin mit mir auf Klassenfahrt fahren möchte. Ist sie die Lösung für alles? Julian wirkt leider so, als wäre ihm jeglicher Vorschlag zuwider. »In meinem Jahrgang hatte da niemand Bock drauf und allein mach ich's nicht. Ich kann Junis nicht zurücklassen«, brummt er.

Ich schmunzele in mich hinein. Diese Argumente sprechen nicht gegen meinen Plan. »Vanessa würde aus privaten Gründen ungern mit ihrer 7a an unserer geplanten Klassenfahrt im Mai teilnehmen. Sie wäre dir dankbar, wenn die 10a stattdessen mitkommt.«

Er starrt mich sprachlos an. Sein Brustkorb hebt und senkt sich unnatürlich schnell. Unter ihm schlummert sicherlich die Wut, die er gegenüber meinem Vorschlag empfindet. Am Ende des Tages unternimmt er nichts und sucht nur ständig nach Gründen sich rauszureden.

»Ich soll mit Junis nach Vellsmarsch fahren? Das wird ihm gar nicht gefallen.« Seine Ausreden treiben mich zur Weißglut. Er hat seinen Sohn nicht mal gefragt.

NOT this time [ONC]Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz