Kapitel 2 alive!

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In den letzten Monaten hatte sich Camille halbwegs in den Alltag einleben können. Bevor sie jeden Abend sich zu Schlafen legte, hoffte sie dennoch inständig darauf, dass sie am nächsten Morgen wieder in ihrem gewohnten Umfeld aufwachen würde. Aber dies geschah zu ihrem großen Bedauern nie.

In manchen Nächten weinte sie bittere Tränen. Würde sie jemals Celine oder ihre Eltern wiedersehen? Was war, wenn sie für immer in dieser fiktiven Welt gefangen gehalten war?

Camille hatte versucht, ihr Unbehagen und in der ungewohnten Gegend nicht zu sehr aufzufallen. So willigte sie auch ein, die Stadt und seine Bewohner durch Adrienne genauer kennenzulernen.

Adrienne hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Camille auf jegliche Art von Events mitzuschleppen. Oder vielleicht war es auch schon so, bevor sie vor einigen Monaten hier landete. Manchmal konnte sie sich auch von einigen Events ablösen und flüchten. Adrienne war eine kontaktfreudige Person, dementsprechend pflegte sie auch ihren Freundeskreis sehr regelmäßig.

Etwas Gutes hatten die regelmäßigen Treffen mit den gutgekleideten Damen dennoch: Camille war von jedem Gerücht auf dem neusten Stand. Sei es ein klitzekleines Gerücht oder ein Gerücht, das Familien zerstören könnte, allesamt waren sie brandaktuell und deutlich schneller an ihren Ohren, als sie es hätte in der Zeitung nachlesen können.

In der Hoffnung, Celine wäre auch in diese Zeit katapultiert worden, und Camille wäre nicht gänzlich alleine in der ungewohnten Umgebung, hatte sie Adrienne und ihre Freundinnen gefragt, ob jemand Celine kannte. Sie hatte ihre Freundin genaustes beschrieben, aber sie erntete nur ein Kopfschütteln ihrer Gegenüber. Kurz darauf war die Aufmerksamkeit der Damen wieder auf ein neustes Gerücht der Pariser Gesellschaft gelenkt, das so eben das kleine Café mit weiblicher Begleitung betrat.

Aufgeregt hatten die Frauen über den Herrn getuschelt, Adrienne hatte Camille in die Eckdaten des besagten Gerüchts eingeweiht, um nicht den Pfaden zu verlieren, welchen die Damen weiter und ausgiebiger spannen. Die Gerüchte wurden immer sehr blumig ausgelegt. Camille bezweifelte stark, dass der Herr auch nur annähernd ein so interessantes Leben führte, wie die Damen mit einem Grinsen berichteten. Zugegeben, die ausgeschmückten Erzählungen halfen Camille sehr, sie aus den trüben Gedanken, die sie um Celine geflochten hatte, zu reißen.

Leise lachend über die Erinnerung an das neuste Gerücht, spielten Camilles Finger mit einer Pipette. Sie saß auf einem Hocker an einem Schreibtisch, auf dem verschiedene Flüssigkeiten in dunklen Gläsern bereitstanden. Papierbögen, ein Heft und etwas Tinte mit Feder lagen auch bereit. Sorgfältig füllte Camille Essenzen mit einer Pipette in ein hochgeschlossenes Fläschchen ab. Auf einem Papier, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag, waren die Anteile der Essenzen fein säuberlich niedergeschrieben.

Nach einer kurzen Weile war sie mit dem Befüllen fertig und schraubte das Fläschchen zu. Sie hob das Fläschchen hoch und drückte auf den Bestäuber. Sie schloss die Augen und lehnte sich in die Duftwolke. Es roch blumig-pudrig. Sie roch das Sandelholz raus, das in der Basisnote verwendet wurde. Auch ein leicht zitroniger Duft war als Kopfnote zu erkennen.

Zufrieden öffnete sie wieder ihre Augen. Auch wenn es nicht das Original war, da ihr Aldehyde in der Kopfnote fehlte, roch es doch sehr angenehm und versprach vollen Erfolg. Ein wenig hatte sie Unbehagen, dass sie doch nur Ideen klaute. Sie schüttelte heftig den Kopf. Das hier war nicht die richtige Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie hatte ein Geschäft zu leiten. Oder besser gesagt, im Geschäft ihres Vaters mitzuwirken.

Camille hatte vor einigen Monaten nämlich feststellen müssen, dass Camille nicht nur ein sonderbares Hobby besaß, sondern auch in der Parfümerie ihres Vaters angestellt war. Gemeinsam mit ihrem Vater hatte die ursprüngliche Camille die kleine Parfümerie in mitten Paris' geführt. Obwohl sie am Anfang Startschwierigkeiten bei der Parfümherstellung und administrative Tätigkeiten hatte, erwies sich Louis, Camilles Vater, als sehr geduldig. Vor allem schob er aber ihre kleinen Missgeschicke und langsame Arbeit auf den Schock, den sie vor einigen Monaten in der Oper erlitten hatte.

Love between light and shadow (eine Phantom der Oper Fanfiction)Where stories live. Discover now