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Mark Lee

Die erste Erkenntnis am nächsten Morgen ist die der laufenden Dusche. Donghyuck ist also noch da und ich grinse wie ein Irrer über diese Tatsache. Gemeinsam mit ihm zu frühstücken, das habe ich seit Monaten nicht gemacht und ich bin ehrlich, ich freue mich darauf. Und wenn Donghyuck noch immer so ein kleiner Frühaufsteher ist wie in unserer Beziehung, dann dauert es nicht lange, bis er hierher kommt und nervt.

Tatsächlich geht die Badtür auf, als ich gerade mal die Kaffeemaschine angeschaltet habe. "Morgen", flötet Donghyuck, als er ins Zimmer kommt. "Hey, gut geschlafen?" Er setzt sich an den Tisch und grummelt. "Hm, nee. Du bewahrst deine Tabletten jetzt woanders auf. Und du hast so friedlich geschlafen..." Donghyuck schmollt niedlich. "Willst du immer noch eine?"

Peinlich berührt denke ich an Winter letzten Jahres zurück, als ich einen Veränderungswahn hatte und ernsthaft dachte, dass mit dem Liebeskummer wäre schneller vorbei, wenn ich die blöden Tabletten wo anders hin stopfe. "Ja, bitte. Und dir empfehle ich auch gleich eine, falls du vorhast, heute auf Twitter zu schauen." Donghyuck schiebt den Honig zu mir und nimmt dich selbst das Nutellaglas. Manche Dinge ändern sich eben nicht so schnell. Und auch seinen Toast möchte er noch zweimal, immerhin sagt er nichts, als ich den Knopf noch einmal runterschiebe.

"Dann bleib ich wohl weg von Twitter", zucke ich mit den Schultern. "Schau. Genau das hab ich früher immer gemeint! Du bist zu locker!" Donghyuck wird plötzlich angriffslustig und gereizt. Stumm reiche ich ihm sein Toast. "Ist doch nicht mehr dein Problem."

"Oh doch, mein Freund, wir stecken da beide drin." Er starrt mich herausfordernd an und ich starre zurück. "Schön, was gibt's auf Twitter?", hake ich nach und Donghyuck seufzt zufrieden. "Viele Spekulationen. Ganz viele." Er holt zwei weitere Toastscheiben heraus und gibt sie mir. "Und du machst dir zu viele Gedanken, was die anderen sagen könnten", fauche ich zurück. Donghyuck kaut und schweigt beleidigt. "Kann halt nicht jeder so cool sein wie du, Mark."

Ich lache leise. "Wenn ich eines nicht bin, dann ist es cool." Donghyuck verschränkt die Arme vor der Brust. "Ach ja? Was
würdest du tun, wenn ich dich jetzt, sagen wir, küssen würde?" Meine Antwort kommt ohne nachzudenken. "Ich würde zurückküssen."

"Oh. Mhm."

"Cool genug?"

"Ich weiß nicht, ich-"

Er redet nicht weiter, wird leicht rot - dieses Rosa auf seinen Wangen sieht so verdammt niedlich aus. "Wann musst du los? Und wann kommst du wieder?", fragt er und obwohl das eine grausige Ablenkung ist, gebe ich eine ausführliche Antwort. Vielleicht war das gerade auch von mir zu viel. "Um halb neun fahre ich zum Entertainment. Und dann komme ich planmäßig am Donnerstag schon wieder. Sind nur einige Tourdaten in Japan."

"Mit NCT, oder?"

"Mhm."

Anders als er bin ich Idol einer Boygroup. Und rückblickend ist es  schon fast gruselig, wie ausgezeichnet Donghyuck sich mit den Jungs verstanden und angefreundet hat. Auch heute fragen sie noch oft nach ihm, aber während wir privat auch nach der Trennung weiter Telefonate und Textnachrichten hatten, wollte er den Kontakt zu meiner Gruppe, zu meiner Familie (nach ihm) nicht mehr. Verstanden habe ich das nie, aber wie die meisten seiner Anliegen habe ich auch das einfach hingenommen.

"Sag Grüße", bittet er mich unvermittelt und greift sich an den Kragen, "und wetten, in deinem Koffer ist keine Zahnpasta? Die vergisst du immer." Er steht auf und läuft zielsicher in mein Schlafzimmer, wo ich schon immer meinen Koffer platziert habe. "Oh, Mist", lasse ich verlauten und folge ihm.

•  •  •

"Du kannst hier bleiben", biete ich ihm an, während ich meine Jacke zumache. "Werde ich, danke. Glaubst du... also denkst du... wär es okay für dich, wenn...?" Er zögert und guckt irgendwie fahrig ins Nichts. "Donghyuck", vorsichtig stupse ich ihn an der Schulter an. "Was?" Er stockt kurz, da kommt wieder dieser Rosaton auf seine Wangen. "Umarmung", murmelt er weinerlich und sofort muss ich lächeln und spüre meinen Herzschlag. "Klar."

Und obwohl es nur eine einfache, zwanglose Umarmung ist, fühlt sie sich an wie ein Traum. Sein vertrauter Geruch, seine weichen Haare, sein zierlicher Körper - das alles kommt mir vor, als wäre es meines. "Pass auf dich auf", wispert er in mein Ohr. "Immer doch. Du hältst hier die Stellung, ja?" Kurz erwäge ich, ihn wie früher aufs Haar zu küssen, aber das wäre wohl weder angemessen noch cool.

ex • markhyuck •حيث تعيش القصص. اكتشف الآن