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Das Erste, was meinen Blick fesselt, als ich meine Augen aufschlage, sind die weiß gesprenkelten Deckenplatten im Zimmer. Sie schreien gerade nach einer Krankenhaus-Ästhetik. Meine Vermutung wird nur noch darin bestätigt, indem ich neben meinem Bett einen Infusionsständer sowie piepende Monitore erblicke.

Was mache ich aber in einem Krankenhaus?

Das Letzte, an das ich mich erinnern kann, ist, dass etwas Großes bevorstand. Was kann das denn nur sein? Ich wollte an einen bestimmten Ort, nur kann ich mich nicht mehr erinnern wohin. Wenn ich auf mein Handy schauen könnte, wüsste ich es bestimmt wieder. Vielleicht schreibe ich Geor-

George!

Ich wollte zu George. Er ist endlich hier in Florida. Zum Flughafen wollte ich-

Eine Welle an Kopfschmerzen überrollt mich, sodass ich meine Augen wieder schließen muss. Ich versuche, gleichmäßig zu atmen. Sobald mir das gelungen ist, lasse ich meine Gedanken wieder schweifen.

George konnte nur noch einen Flug buchen, bei dem er mitten in der Nacht hier ankommt. Er hat darauf bestanden, dass wir uns alle erst am Morgen treffen. Doch ich wollte nicht so lange warten und-

Ja, was wollte ich denn dann machen? Danach ist alles schwarz. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, egal, wie sehr ich mich anstrenge.

Etwas ist passiert, sonst würde ich ja nicht hier im Krankenhaus liegen. Behutsam versuche ich meine Hände, Arme und dann meine Beine zu bewegen. Gebrochen habe ich mir zwar nichts, dennoch kann ich mich gerade nur sehr schwerfällig bewegen. Ein komisches Gefühl breitet sich in meinem Körper aus, doch ich kann es noch nicht richtig einordnen.

Warum liege ich hier? Vielleicht habe ich mich am Kopf gestoßen. Ich versuche meinen Arm zu heben, um mein Gesicht nach Wunden oder Verletzungen untersuchen, nach einigen Anläufen klappt es dann endlich auch. Ich kann nichts Auffälliges spüren. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Dann muss ich meine Arme allerdings erschöpft wieder auf die Matratze fallen lassen.

Etwas schwer atmend schließe ich meine Augen wieder, versuche meinen hohen Puls zu beruhigen, ehe ich erneut meine Augen öffne. Die Kopfschmerzen lassen gerade etwas nach. Nun lasse ich meinen Blick im Zimmer umherschweifen, auf der Suche nach Antworten.

Zuerst sehe ich Nick. Er sitzt zu meiner rechten auf einer kleinen Couch, den Oberkörper nach vorn gebeugt und die Arme auf den Beinen aufgestützt. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, doch etwas an ihm strahlt eine bedrückende Stimmung aus.

Wir kennen uns einfach schon zu lange, sodass ich ihn ohne Probleme lesen kann. Gerade nachdem er vor knapp zwei Jahren bei mir eingezogen ist, hat sich das nur noch verstärkt. Ich brauche nicht einmal sein Gesicht sehen, allein seine Körperhaltung strahlt seinen Gemütszustand aus. Außerdem ist Nick relativ einfach zu lesen. Er ist nicht sonderlich verschlossen oder mysteriös. Zumindest nicht für mich.

Aber so wie seine Stimmung gerade ist, habe ich ihn noch nie gesehen. Was zur Hölle muss also in den vergangenen Stunden passiert sein?

In all den Jahren habe ich Nick selten niedergeschlagen oder traurig erlebt. Klar hat jeder von uns mal einen schlechten Tag, doch er lässt selbst diesen nicht allzu sehr an sich herankommen. Oft gehen wir uns dann an diesen Tagen aus dem Weg. Entweder online oder in Person, manchmal auch beides. Dann haben wir in mehreren Tagen einfach gar keinen Kontakt.

Doch selbst nach dieser kurzen Funkstille ist dann normalerweise alles wieder in Ordnung. Zumindest sieht man es uns nicht mehr an, dass wir mal traurig waren. Doch das, was ich hier gerade sehe, ist alles andere als normal.

Es ist also schon ein wenig erschreckend, ihn nun so leiden zu sehen. Am liebsten würde ich ihn in eine Umarmung ziehen und ihn versichern, dass alles gut wird. Ich meine, mir geht es doch auch gut.

Memory LossWhere stories live. Discover now