1 | Erste Begegnungen

10 2 2
                                    

Das erste Mal hatte ich sie im Schulhaus gesehen. Sie ging durch den Korridor, mit erhobenem Haupt, großen Schritten. Ihr Style fiel mir auf. Das blonde kurze Haar. Die rosafarbene Sonnenbrille auf dem Kopf, dunkle weite Kleidung. Wer bist du, wollte ich fragen. Woher kommst du. Später würde ich es herausfinden.

Ich sah sie ein zweites Mal. Ich war in der Klasse der Schwester. Meine Klasse - auf Klassenfahrt. Ich - nicht mit. Eine Woche lang war ich Zuschauerin in der Klasse meiner Schwester. Und da sah ich sie. Meine Schwester stellte mich ihr vor - ganz nebenbei. Doch für mich war es, als stünde die Zeit still, als flute Licht in die Dunkelheit meiner Selbst. Ich hörte Musik; Stimmen, die sangen, Glocken, die schlugen. In mir drehte sich alles. Sie sieht mich.

Sie lächelte mich an, reichte mir die Hand. It's so nice to meet you! In mir entfachte ein Feuer. Sie redet mit mir. Was soll ich sagen? It's nice to meet you too? Doch mein Zögern war zu lang. Ich lächelte sie an, verwirrt. Yes..., gab ich schließlich zurück, immer noch lächelnd. Meine Schwester lachte. Überfordert, fragte sie lachend. Ich nickte. Es war mir peinlich, doch es war mir egal.
Sie weiß, dass es mich gibt, und das ist mehr wert, als alles andere in meinem Leben.

Wir sahen uns öfter. Im Schulhaus. Sie lief an mir vorbei, lächelte mich an. Ich lief an ihr vorbei, lächelte sie an. Wir sahen uns, wir erkannten uns, wir erinnerten uns an einander. Ich sah sie an, auch wenn sie mich nicht sah. Ich ließ keine Möglichkeit aus, sie anzusehen, wenn sie in der Nähe war.

Sie sang. Ich hörte sie singen. Es war ein Sonntag Nachmittag. Ich war bei den Proben der Klasse meiner Schwester dabei. Ich saß da und hörte zu. Hörte ihr zu. Ihre Stimme wie seidenes Tuch. Glatt, leicht, wunderschön. Dazu die Gitarre. Sie kann so unglaublich viel.
Ein andern Mal, ich war wieder bei Proben dabei, sie spielte Cello. Ich an der gegenüberliegenden Seite des Saales, sie auf der anderen Seite. Ich sah zu ihr herüber. Sie hob den Blick, sah mich, lächelte. Ich lächelte zurück. Die Probe begann. Sie begann zu spielen. Ich konnte sehen, wie sie dabei zu strahlen begann; zu blühen, eine Knospe im Frühling, die sich langsam und doch schnell zu öffnen beginnt.
Pause. Die Probe wurde unterbrochen. Es wurde diskutiert. Wieder sah ich zu ihr herüber. Sie sah zu mir herüber. Lächelte. Ich lächelte zurück. In mir ein Feuerwerk. Dann sah sie wieder weg. Mein Blick blieb bei ihr.

Sie begann plötzlich, auf dem Cello zu spielen. Ich erkannte es, es war Schwanensee. Ein Schauder überkam mich. Es war so wunderschön. Ich wollte ihr zeigen, dass ich sie gehört hatte, dass ich es erkannt hatte, dass es mir gefiel. Ich begann auf die Tafel hinter mir einen Schwan zu zeichnen, daneben eine Ballerina. Es war sehr schnell gezeichnet, nicht besonders sauber und die Proportionen stimmten auch nicht. Doch sie sah zu mir herüber und lächelte. Ich lächelte zurück.

A new love storyWhere stories live. Discover now