8 - es tut wieder weh

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D

Endlich war ich wieder vorne.
Max hockte auf seinem Bett und drückte auf einem Stressball herum.
"Bitte geh' nächstes Mal selbst zum Büro, du siehst ja, was das mit mir macht... aber ich hoffe natürlich für dich, dass es kein nächstes Mal gibt", versuchte ich ein Gespräch zu beginnen.
"Ja, sorry", murmelte Max und starrte auf seinen Stressball.
"Alles okay?"
"Ich würde mir am liebsten die Pulsadern aufschneiden... ich glaube, das mach' ich heute auch."
What the fuck.
"Meinst du das ernst?", fragte ich leise und er antwortete mir mit einem dermaßen von Schmerzen geprägtem Blick, dass es mir kalt den Rücken runterlief.
"Mach das nicht...", presste ich zwischen meinen Lippen hervor.
Was wollte er bitte noch von mir.
Ja, es war seine Art, damit umzugehen.
Aber das half keinem von uns.
Ich stand auf.
"Was machst du jetzt?"
"Was wohl, zum Büro gehen und denen von deinem großartigen Plan berichten."
"Bitte mach das nicht", wimmerte Max, aber ich verließ den Raum, um ans Ende des Gangs zu gehen.
"Können Sie bitte Max nach hinten verlegen, er will sich umbringen", murmelte ich.
"Gut, wir schauen, was wir machen können", sagte ein Pfleger desinteressiert, ohne von seinen Unterlagen aufzuschauen.
Ich drehte mich abgefuckt um und ging den endlos langen Gang zurück, bis ich ein lautes Schreien hörte.
Heilige Scheiße.
Das war Max.
Ich rannte zurück zu meinem Zimmer, riss die Tür auf und fand diesen zusammengekrampft auf seinem Bett.
Überall auf dem Boden war Blut und es strömte in Massen aus seinem Arm.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf seinen Arm.
Das Blut pulsierte in kleinen Abständen.
Er hatte wirklich was getroffen.
Das hatte nicht mal ich geschafft, und ich hatte schon geschafft, dass die Haut an meinem Unterarm fast taub war.
Ich wollte es nicht denken, aber ich beneidete ihn.
Ich stand immer noch wie angewurzelt vor ihm.
Ich durfte das nicht nachahmen.
Ich wurde in drei Tagen entlassen.
Ein Pfleger rannte an mir vorbei und schrie nach Hilfe.
Scheiße.
Ich konnte meinen Blick nicht von dem ganzen Blut abwenden.
Ich konnte einfach nicht wegschauen.
Max wurde hochgehoben und in die Notaufnahme gebracht.
Auf seiner Matratze war ein riesiger roter Fleck.
Scheiße.
Wenigstens ein kleiner Schnitt...
Ich musste es tun.
"Kommst du bitte mit?", fragte mich ein Pfleger.
Wortlos ging ich näher zum Bett.
Auf dem Boden lag eine Rasierklinge.
"Deniz, du musst jetzt mit jemandem reden."
"Nein, muss ich nicht", murmelte ich und hob wie gesteuert die Klinge auf.
"Deniz, das ist nicht gut", sagte der Pfleger leise.
"Und was, wenn es mir gut tut?"
"Das bezweifele ich. Gib mir einfach die Rasierklinge."
Wortlos gab ich ihm die in Blut getränkte Klinge.
Dann atmete ich tief durch.
"Danke. Ich weiß, das war gerade schwer für dich..."
Ich schluckte.
Da hatte er Recht.
Ich hätte die Klinge am liebsten mit viel Druck an meinem Arm angesetzt und-
"Kommst du jetzt?"
Ich nickte und folgte ihm ins Wohnzimmer.
"Deine Therapeutin kommt auch gleich."
Ich seufzte und ließ mich neben ihn auf die Couch fallen.
"Dir geht's echt schlecht, oder?"
Ich nickte.
"Was auch sonst. Ich meine, da war so viel fucking Blut..."
Zum Ende hin wurde ich immer leiser und musste schlucken.
Er seufzte.
"Wusstest du, dass er das macht?"
"Naja... er hat es mir gesagt, ich bin sofort zum Büro, da wurde ich nicht ernstgenommen, außerdem dachte ich, er will nur Aufmerksamkeit..."
"Es ist nicht deine Schuld. Er ist psychisch krank und du hättest das sowieso nicht verhindern können."
Ich atmete tief ein und wieder aus.
Ich bekam dieses Bild nicht aus meinem Kopf.
Egal, wie sehr ich mich anstrengte, an etwas anderes zu denken, am Ende sah ich nur wieder Max mit aufgeschnittener Pulsader auf seinem Bett.
"Kann ich dir vertrauen, dass du dir nichts antust, auch wenn das passiert ist?"
Ich nickte schweigend.
"Ich werde in drei Tagen entlassen, hab' keinen Bock auf 'ne Verlängerung", sagte ich leise.
Er nickte mir zu und die Wohnzimmertür ging auf.
"Ich lass' euch dann mal alleine... liegt dir noch was auf dem Herzen?"
"Ich würde gerne in 'n anderes Zimmer, wenn's geht."
"Das lässt sich einrichten."

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