⁴ FREITAG, 19:56 Uhr

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nervös beginne ich mit den Zähnen zu knirschen. Eine Angewohnheit, die vor allem meinem Zahnarzt überhaupt nicht gefällt.
       Tut mir wirklich leid, aber es verhilft mir, mich in meinen Trance-Zuständen zu konzentrieren.

       Die schrille Klingel holt mich jedoch keine zwei Minuten später schreckhaft wieder aus ihm raus. Herzklopfend und kitschigem Lächelnd jogge ich zum Telefon.
»Hallo?«
»Bin ich hier richtig bei Sorger? Wie die Sorgen nur mit R.«
Ich schmunzle. »Bin in einer Minute unten.«

Scheppernd stecke ich das Telefon zurück in die Halterung, nehme meine Jacke vom Kleiderständer und schnappe die Schlüssel aus der Schüssel.
Beim Treppen-nach-unten-hüpfen klimpern sie hallend.

Durch das verschwommene Glas kann ich bereits Hendriks Gestalt ausmache und nur an den Gedanken, gleich mit ihm zu Abdis Geburtstagsparty zu gehen, verschafft mir einen von diesen quiekenden, aufgeregten Atemzügen.
       »Guten Abend.«
Sein Blick wandert zu mir. »Da ist sie ja endlich.«
»Als ob du Ewigkeiten warten musstest.«, erwidere ich mit einem leichten Augenrollen. Nebeneinander biegen wir auf den Fußgängerweg.
»Ich bin sogar überpünktlich, um meine letzte Verspätung wieder gut zu machen.«
»Das ist Tage her.«
»Aber nicht vergessen.« Er zwinkert, ich schubse ihn auf die leere Straße.

Die Tanzfläche ist bereits zur Hälfte gefüllt, als ich mich vor Hendrik am Rand entlangschiebe, um den etwas freieren Fleck zu erreichen.
»Ich bin zu neunundneunzig Prozent der Älteste hier.«
»Ist doch nur ein Jahr.«
»Zwei.«
Überrascht sehe ich zu ihm auf. Ich weiß nicht mal, wann er Geburtstag hat. Was, wenn er vor Kurzem hatte?
      »Gut zu wissen.«, spreche ich langsam aus, weshalb schmunzelnd die Schultern zuckt.
       »Tilda!«
Erschrocken zucke ich zusammen, bevor das aufgebrachte Gesicht von Sara direkt vor meiner Nase auftaucht.
»Du kannst deinem beschissenen Freund sagen, dass er ein Arschloch ist. Mir egal, ob ihr etwas habt oder nicht, aber ich habe die Schnauze voll.«
Rasend blickt sie zu Hendrik, runzelt die Stirn und öffnet für einen kurzen Moment die Lippen, bevor sie mit einem imaginären roten Kopf von uns wegstapft.
      »Super.«, raune ich.
»Und das gerade war...?«
»Warte kurz. Nicht bewegen.«, sage ich flink, als Jonas Haarschopf in der Masse auftaucht. Hastig durchquere ich einmal den gesamten Raum und ziehe ihm am Arm an die Seite.
»Weißt du, wo Matteo ist?«, rufe ich über die Musik hinweg. Kopfschüttelnd verzieht auch er genervt das Gesicht. »Nope. Habe auch schon rumgefragt. Dachte, dass du es wenigstens weißt.«
»Negativ. Sara hat mich gerade dezent angebrüllt und wieder behauptet, Teo und ich waren zusammen.«
»Ignoriere es einfach. Leonie hat mir erzählt, dass er auf einmal beim Aufräumen verschwunden war. Genau wie ihre Begleitung, weswegen sie auch bisschen pissig ist.«
Mein Ohr beginnt bei diesen Worten zu zucken. »Wer war ihre Begleitung?«
»Dieser David, glaube ich. Weiß es nicht mehr genau.«
»Okay, danke.«
Jonas nickt, dann tanzt er wieder zu dem Mädchen mit den kurzen blonden Haaren.

       Seufzend quetsche ich mich zurück zu Hendrik, welcher sofort das Handy sinken lässt, als ich wieder vor ihm auftauche.
»Sorry, dass ich stehengelassen habe.«
»Bist ja wieder da. Alles okay?«
»Ja, nur... Nicht so wichtig. Kläre ich noch.«
Er nickt, wirkt jedoch etwas unruhiger als zuvor.
Mein fragender Blick reicht bereits für das Verlangen einer Antwort aus.
»Würde es dir ausmachen, wenn ich kurz für maximal eine Stunde verschwinde?«
»Ähm...Klar. Warum denn, ist alles okay?«
»Ja. Ich muss nur schnell etwas erledigen.«
»Kann ich mitkommen?«
Die Worte sind schneller über meinen Mund, als ich sie denken konnte.
        Hendrik sieht mich mit ernsterer Miene an. »Lieber nicht. Ich beeile mich auch. Versprochen.«
»Okay. Kein Stress.«, sage ich ehrlich. Er nickt dankbar, legt kurz seine Hand auf meine Schulter und steuert den Ausgang wieder an.

       Er wird wiederkommen.
Keine Panik, Tilda. Er gehört nicht zu dem Typ, der dich sitzen lässt.

      Eine Stunde später bekam ich die Nachricht, dass er es doch nicht mehr schafft.

MELANCHOLIE ᵈʳᵘᶜᵏWhere stories live. Discover now