⁴ DIENSTAG, 7:26 Uhr

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Als Vorletzte reiche ich meine ganzen Blätter meiner Lehrerin am Tisch, nehme das Bonbon mit einem Lächeln entgegen und hole mein Zeug. Carlos hebt sofort die Augenbrauen als ich zu ihm aufhole.
        »Ganz okay, nehme ich an... Keine Ahnung.«
»Hast du A genommen?«
»Ne, C. Ich wollte mehr Ökologie.«
»Hauptsache bestehen, Digga. Dann ist alles im grünen Bereich.«, raunt er mit einem erschöpften Kopfschütteln.

        Sobald wir die Stufen nach unten trotten, fällt mein Blick auf den versammelten Haufen in der Mitte des Eingangs. Kiki steuert sofort Carlos an, während ich immer noch mit klopfenden Herzen in Matteos Arm falle.
»Ist das jetzt ein gutes Zeichen?«, höre ich Jonas fragen, weshalb ich den Schädel wieder hebe und mit den Schultern zucke.
»Ja, nein. Keine Ahnung.«
»Steht denn immerhin überall etwas?«
»Ja, schon. Aber-«
»Dann ist alles gut. Ich bin mir sicher, du hast es gerockt.«, unterbricht Hanna meine aufkommenden Zweifel. Matteo nickt ebenfalls, ehe sein Arm um meine Schultern landet.
»Du hast das ganze Wochenende gelernt. Mach dich nicht fertig und denke lieber daran, dass du es hinter dir hast.«
»Da fehlen noch drei Prüfungen.«
»Aber die hier hast du hinter dir.«
        Er hat recht. Seufzend lockere ich die Anspannung aus meinem Körper und lassen diesen Fakt durch meine Schädelwand sickern.
Das Schlimmste ist auf jeden Fall rum.

»Was denkt ihr? Wollen wir irgendwo was essen gehen? Oder saufen bei Luigi in der Wohnung?«
Jonas sieht jeden kurz fragend an, wobei Carlos sofort zusagt.
Mit einem leichten Schmunzeln fische ich mein Handy aus der Tasche und nehme den Flugmodus raus.
Meine Eltern haben ebenfalls bereits gefragt, wie es lief und...

         Hendrik
         Ich wünsche dir heute viel Glück, Einstein. Mach dich nicht fertig, denn du bist schlauer als  die anderen.

Gesendet, kurz nachdem ich mein Handy weggelegt hatte.

      »Gusti. Bist du dabei?«
»Mh?« Verwirrt hebe ich den Kopf wieder. Alle Blicke sind auf mich gerichtet.
»Bei Luigi was trinken?«
»Ja, klar. Gerne.«, murmle ich abgehackt.
        Während sich alle in Bewegung setzen, tippe ich eine schnelle Nachricht. Als ich sehe, dass er online ist, tippe ich nur noch flinker.
       Mit der Schulter drücke ich unbeholfen die Tür nach draußen auf, ehe Matteo neben mir erscheint und mir hilft.
»Alles okay?«
»Ja, ich... Gebe nur meinen Eltern ein Update bevor ich es vergesse.«
»Versprichst du mir aber danach dich endlich mehr zu entspannen? Ich meine, du hast gerade dein Bio-Abitur geschrieben. Nie wieder Zellbau lernen.«
          Das ist noch das Einfachste von Allem.

Fertig mit der Nachricht drücke ich auf Senden, atme tief durch und hebe den Blick wieder.
      »Ich wünsche einen guten Tag.«, dringt eine bekannte Stimme an mein Ohr.
Perplex muss ich feststellen, dass die Person aus meinem letzten Chat schmunzelnd auf der Mauer direkt vor uns sitzt und die Füße baumeln lässt.
Was macht er denn hier?

»Bist du nicht einer von Alexanders Freunden?«, fragt Kiki neugierig, weshalb Carlos sie von der Seite verdutzt ansieht. Talent von ihr, echt jeden zu kennen. Es ist krass.
»Sí.«
»Der hat heute aber gar nichts geschrieben.«, steuert auch Hanna bei.
Nicht hier. Nicht vor den anderen.
     Vorsichtig schließen Matteo und ich die Lücke zu der Gruppe, weshalb ich nur noch näher an Hendrik gelange.
Mit leicht schräg gelegtem Kopf wandert sein Blick zu mir. »Ich bin auch nicht wegen ihm hier.«
Sofort sehen mich alle an.
       »Tilda?«, fragt Matteo leise. Sein Finger zeigt zwischen Hendrik und mir hin und her.
»Ich komme später nach, okay?«, sage ich eifrig. Der Junge wirkt kurzzeitig verwirrt, nickt jedoch.
»Schreib mir einfach, wenn irgendwas ist.«
Zur Antwort hebe ich kurz beide Mundwinkel, dann beobachte ich, wie meine Freunde mit mehreren Blicken über die Schulter sich vom Schulgelände entfernen.

        »Ich habe dich ja ganz schön mit meiner Präsenz überrollt.«
Ächzend springt er direkt neben mir auf den Boden und wischt sich den Schmutz von der Hose.
»Allerdings.«
»Also? Wie lief es?«
Ich sehe ihn an. Sehe ihn, so richtig ins Gesicht, um seine Mimik zu studieren.

Hendrik ist hier. Will wissen, wie es mir geht. Hat an mich gedacht und mir viel Glück gewünscht.
Vor der Schule gewartet, um gleich danach das Ergebnis zu erfahren.

       Mit glasigen Augen spüre ich, wie sich meine Mundwinkel heben. »Gut. Es lief ganz gut.«
Erneut legt er den Kopf etwas schief. »Siehst du. Ich wusste, dass du die neue Einstein wirst.«
»Willst du was essen? Oder trinken? Es gibt ein niedliches Café gleich in der Nähe.«, frage ich plötzlich emotional überrumpelt.
»Was glaubst du, für was ich meine Mittagpause opfere.«, grinst er.
     Gemeinsam setzen wir uns in Bewegung.










Leicht außer Atem bringe ich auch die letzten Stufen hinter mich, ehe meine Hand sich zu einer Faust formt und meine Knöchel ein klopfendes Geräusch auf dem Holz hinterlassen

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Leicht außer Atem bringe ich auch die letzten Stufen hinter mich, ehe meine Hand sich zu einer Faust formt und meine Knöchel ein klopfendes Geräusch auf dem Holz hinterlassen.
       Wenige Sekunden danach erscheint auch schon Mias Lächeln vor mir.
»Hey, schön, dass du noch gekommen bist.«
Sie zieht mich in eine kurze Umarmung.
      »Klar. Sind die anderen noch da?«
      Doch die Frage beantwortet sich in der nächsten Sekunde von selbst, denn sobald ich einen Fuß in das Wohnzimmer setze, sehen alle zu mir auf. Mia läuft flink um mich herum und setzt sich wieder neben Hanna.

»Hab ich was verpasst?«
»Nein, aber wir.«, sagt Jonas mit abwartendem Blick.
»Woher kennst du bitte Hendrik Alberts? Der Typ war mega beliebt in seinem Jahrgang.«, hakt Kiki sowohl mit Interesse als auch leichtem Neid nach.
Genau so etwas hasse ich es.
        »Der macht doch ein Gap Year und jobbt im Nike Store, oder? Der hat mich mal bedient. Echt guten Geschmack hat er, muss man ihm lassen.«, brummt Carlos, ehe er einen weiteren Schluck von seinem Bier nimmt.
       Matteo rutscht ein Stück, als ich mich neben ihn fallen lasse.
       »Er war mal mit seinen Freunden bei mir im Laden. Musste ihn bedienen und danach... Keine Ahnung. Kam man ins Gespräch?«
Mia lässt wissend den Kopf sinken, was nicht an mir vorbeigeht.
»Und? Läuft da etwas zwischen euch beiden?« Matteo sieht mit verschränkten Armen, aber einem interessierten Gesichtsausdruck in meine Richtung.
      Kann man nicht einfach mal mit jedem reden, ohne, dass da gleich wieder was laufen soll?
»Nein. Natürlich nicht.«, brumme ich gedämpft.

                »Ist ja jetzt auch erstmal Rille. Lasst uns erstmal darauf anstoßen, dass unsere Spezialisten-Biologen endlich aufhören können, von Pflanzen zu träumen.« Dankend werfe ich Sam einen Blick zu und kassiere ein kurzes Zwinkern.

Matteo hält mir mit einer entschuldigenden Miene die Kante seiner Bierflasche hin. Schmunzelnd lasse ich meine kleine Prosecco-Flasche dagegen klirren.

MELANCHOLIE ᵈʳᵘᶜᵏWhere stories live. Discover now