Prolog

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Diese Nacht ist kalt und Frost überzog die Äste der toten Bäume. Auch die Blumen wurden nicht verschont und wurden in ihrer wundervollen Pracht erstarrt für die Ewigkeit. Der Wind bläst durch die Zweige und den roten Bergen der Landschaft. Das Wasser eines Sees war gefroren und die Pflanzen entweder tot oder zu diesen prachtvollen in Eis gehüllten Juwelen geworden, obwohl es hier angeblich so heiß sein solle, dass sogar die Haut von den Knochen schmolz. Laut Ammenmärchen würde die Umgebung aus Feuer und Glut bestehen, dabei sah diese beinahe gewöhnlich aus. So wie ein Mensch eine winterliche Landschaft beschreiben würde.
So gewöhnlich es aber auch scheinen mag, gab es kein Leben hier. Ein Geschöpf mit pochendem Herz würde hier keine fünf Minuten überleben, wenn es überhaupt möglich wäre an diesem Ort zu existieren. Trotz alledem erklang ein verzweifelter Ruf aus der Ferne. Übertönt den jaulenden Wind und brachte sogar die verstorbenen Bäume dazu, ihr jammern zu unterbrechen und zu schweigen.
Die Stimme schwebte durch das Land wie eine verlorene Seele auf der Suche nach einem Körper.
Sie drang durch die Steine und Mauern eines Gebäudes. Verlassen stand es auf einen der roten Berge und Turmspitzen ragten in die Höhe, verschwanden zwischen den grauen Wolken am schwarzen Himmel und Raben kreisten um das düstere Schloss. Eine alte Brücke war ein weg dorthin, worüber die weiblichen Rufe schwirrten und hinein in das Gebäude krochen. Sie schlängelten sich über das dunkle Ebenholz unter eine versiegelte Tür bis zu einem steinernen Thron.
Eigentlich würde niemand diese Stimme hören.
Letztlich gab es dennoch ein Wesen, dessen Ohren diese Rufe vernahmen.
Etwas Mächtiges und Altes. Geboren mit der Welt und fähig diese brennen zu lassen.
Seine Atmungen waren gleichmäßig und dennoch zu langsam, um zu erkennen, ob er noch lebte oder bereits verstorben war.
Ein weiterer Ruf der verzweifelten Frauenstimme und das düstere aller Geschöpfe erwachte. Seine Hände bohrten sich in den Thron, gemacht aus den Körpern seiner Opfer und verwandelt in schwarzen Granit. Unter der enormen Kraft fing das Gestein an, sich zu verformen, als wäre es Lehm. Die Augen glühten in der Dunkelheit des Raumes und drohten nur so von Gefahr zu überfluten. Die Pupillen zu schlitzen geformt und die Iriden hatten eine goldene Farbe angenommen, wie flüssiges Gold. Nach einem kurzen blinzeln, wurde der Ton zu einem warmen Braun. Die vorher lockeren Muskeln, spannten sich in Sekunden an, als die Stimme leiser und verzweifelter wurde. Mit Schwung stand er auf und ballte die Hände zu Fäusten. Seine warmen Augen starrten, trotz der Wärme in ihnen, eiskalt zu einer schwarzen Tür am Ende des Raumes. Leuchtende Runen waren darauf bemalt und verfinsterte die Gesichtszüge des Mannes.
„Ich komme zu dir kleine."
Sein Körper setzte sich in Bewegung und seine Schritte klangen dabei wie Donnerschläge im Sommer, mit einer Eleganz, die einem König würdig war.
Kurz, bevor er die Tür erreichen konnte, hielten ihn unsichtbare Fesseln an Ort und Stelle. Gerade mal seine Fingerspitzen hätten sie berühren können, hätte er seine Hand ausgestreckt.
Er versuchte sich in die Fesseln zu stemmen, wobei das Ebenholz unter seinen Stiefeln zerbarstet. Ein tiefes Knurren wich aus seiner Kehle und aus Wut schlug er gegen die Wand neben sich, welche dadurch ein Einschlag zeichnete.
„Ich schwöre bei meinem Namen, ich finde dich und lasse dich nie mehr gehen mein Herz", brüllte er als ein erneutes Rufen der Frau an seine Ohren gelang. Leiser und kaum noch zu hören. Schwach war sie geworden. Er musste zu  ihr, bevor es zu spät war und ihre Seele an den falschen ging.

From Myths to MonstersWhere stories live. Discover now