19 - Clara de Flocon

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„Okay, auf zur Uni", Matt schultert meine Laptoptasche, „Sehe ich genug nach Student aus?"

Ich sehe von meinen Schuhen auf und vergesse ganz, dass ich eine Schleife binden wollte. Matt hat inzwischen geduscht, trägt ein weißes T-shirt und ausgewaschene Jeans zu einem beigen Mantel. Er und ich stehen einmal mehr in der Garderobe, da ich mich langsam auf den Weg zu meiner Klausur machen sollte. Bis eben dachte ich eigentlich, dass ich das alleine tun würde. Doch wenn ich den frisch geduschten Secret Core Intelligence Agenten in seinem neuen hippen Outfit richtig deute, wird das wohl nichts.

„Du willst mitkommen?", frage ich mit Grabesstimme.

„Klaro", er checkt seine Frisur im Spiegel, „Bisschen Uniluft schnuppern. Ist doch spannend."

„Das wird dich null interessieren", warne ich, „Ich schreibe eine Klausur, da sitzt du zwei Stunden dumm rum."

„Ach, schnickschnack", er dreht sich zu mir um und macht Fingerpistolen, „Ich kann auch einen auf intellektuell machen."

Er zieht eine Fensterglasbrille aus der Tasche und setzt sie auf.

„Solltest du nicht mal, keine Ahnung, schlafen?", frage ich.

„Schlaf wird überbewertet. Wer will denn von dir träumen, wenn er in derselben Zeit wirklich mit dir abhängen kann?"

Ich nehme den Schuhlöffel aus dem altehrwürdigen Schirmständer der Villa, wirble ihn herum und bedrohe damit den Sunhunter.

„Lass es", knurre ich.

„Was?", macht er, hält seine Watch an den Spiegel und begrüßt das AI Gesicht, das darauf erscheint mit „Hey Kornelius, einmal den Studierendenausweis für die Universität in New Seoul bitte."

Ich senke den Schuhlöffel auf halbe Höhe, zu fasziniert von dem engelsgleichen Männergesicht, das irgendjemand mit sehr viel Codingtalent und Sinn für Ästhetik auf diesen SmartMirror gemünzt hat.

„Gerne, Hunter", sagt die AI, „Bitte geben sie ihre Freigabe ein oder geben sie den Auftrag mit ihrem ..."

Matt presst seinen Finger auf das Glas und nach einem Sekundenbruchteil erscheint ein leuchtend grünes Feld darauf. Er dreht sich zur Seite, um weiter mit mir zu sprechen, während er seine Watch an den Spiegel drückt, um den frisch gefälschten digitalen Ausweis herunterzuladen.

„Heute Nacht war ziemlich wild", sagt er dann, runzelt kurz die Stirn, als müsse er einen zweideutigen Witz unterdrücken und sich zur Ordnung rufen. Das Thema scheint ihm wirklich ernst zu sein, wenn er nicht seinen niederen Humorimpulsen nachgibt. Er nimmt die Hand vom Spiegel und zieht seinen Mantel weit genug zurück, dass ich die Waffe darunter sehen kann.

„Denk' nicht einmal daran, damit in die Uni zu gehen", ist meine Reaktion. Matt sieht überrascht aus.

„Du kannst mir in der Bahn erzählen, was genau passiert ist und ich bin sicher es ist schlimm, aber", ich deute auf die Waffe, „Du bringst keine Plasmapistole in meine Statistikklausur mit."

„MacClara", seufzt er, „Es ist wirklich gefährlich. Ich gehe mit, um dich zu beschützen und das kann ich am besten, wenn ..."

„Lass die Waffe hier."

Ich meine es absolut ernst. In der Geschichte meiner Universität gibt es einen hässlichen Amoklauf, der mit zum Verbot jeglicher Waffen in New Seoul beitrug. Man darf nicht einmal eine Nagelfeile mit in die Bubble nehmen. Ich will gar nicht wissen, ob Matt die Eingangschecks passieren kann, vor allem weil ich Angst habe, dass es ihm tatsächlich gelingt.

Starshakers (Sunhunters pt. 2)Onde histórias criam vida. Descubra agora