Chapter Four//Panik

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Am nächsten Morgen holte ich Felix wie jeden Tag ab. Mit dunklen Augenringen und ungestylten Haaren ließ er sich schwerfällig neben mich plumpsen.

"Uh, was ist denn mit dir los, bist du aus dem Bett gefallen?", neckte ich ihn. Er schüttelte nur den Kopf und griff wortlos nach meiner Thermosflasche mit Kaffee. Er trank einen großen Schluck und fuhr sich durch seine zerwühlten Haare.

Ich beobachtete ihn, wie er die Sonnenblende herunter klappte und sich kritisch in dem kleinen Spiegel musterte. Seufzend klappte er sie wieder hoch und wand sich an mich. "Nee, war nur gestern noch lange wach und hab' aufgenommen."

Felix hatte seit ein paar Monaten einen aktiven YouTube Kanal, der ziemlich gut lief. Hauptsächlich lud er Minecraft Let's Plays hoch, ich verstand davon nicht viel. Aber ich schaute mir jeden Abend seine Videos an, um mit seiner Stimme im Ohr einzuschlafen.

"Oha, was gibt's denn so spannendes, dass du die halbe Nacht wach bleibst?"

Und dann erzählte er mir mit einem leidenschaftlichen Funkeln in den Augen, dass ein neues Projekt gestartet war, von dem er Teil war. Ich hörte ihm zu, ohne dass ich ihm zu hörte. Der Klang seiner Stimme zog mich in seinen Bann und ich konnte mich nicht mehr auf seine Worte konzentrieren.

"... und heute nehme ich das erste Mal mit Simon auf!" Warte, was?

"Simon?", fragte ich. Meine Stimme triefte förmlich vor Eifersucht.

"Ja, ich hatte dir doch schon mal von ihm erzählt. Er ist auch YouTuber, sein Kanal heißt Ungespielt", erklärte er und seine Augen leuchteten.

Das versetzte mir einen Stich in's Herz und es zog sich schmerzhaft zusammen. Es tat weh, dass er so von einer anderen Person sprach. Nicht, dass ich ihm das nicht gönnen würde. Aber ich hatte panische Angst ihn zu verlieren. Er war mein einziger Freund und ich brauchte ihn.

"Hm, ach so", murmelte ich nur in meinen Gedanken versunken.

"Habe ich was falsch gemacht?", fragte Felix und schaute mich erschrocken an. Ich riss mich zusammen, setzte ein gequältes Lächeln auf und schüttelte den Kopf. "Nein, alles gut, bin nur noch 'n bisschen müde."

Wir bogen auf den Parkplatz ein und ich parkte meinen Wagen. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu unserem ersten Kurs, Informatik. Zum Glück hatten wir den zusammen. Ich brauchte Felix' Gesellschaft jetzt einfach.

Vor den Fachräumen kam uns Marley entgegen. "Hey Leute, was geht?", begrüßte er uns und zog uns in eine brüderliche Umarmung. Es fühlte sich ein bisschen an, als würde man eine Laterne umarmen, der Typ hatte Muskeln aus Stahl. Heute hatte er jedoch seine Brille auf, was ihn um einiges jünger aussehen ließ. "Wie geht's euch?", fing er ein lockeres Gespräch an, in das Felix sofort einstieg. Am Anfang hörte ich ihnen noch zu, doch irgendwann klinkte sich mein Gehirn aus und ich versank in meinen Gedanken.

Ich hatte panische Angst, dass Felix eines Tages keine Lust mehr auf mich haben könnte. Ich klammerte mich mit aller Macht an diese Freundschaft. So sehr, dass aus meiner freundschaftlichen Liebe ihm gegenüber mehr wurde. Ich hatte mich rettungslos und Hals über Kopf in ihn verliebt.

Ich wurde aus meinem Gedanken Karussell gerissen, als unser Lehrer kam und den Computer Raum aufschloss. Die anderen Schüler drängten sich sofort rein, Felix, Marley und ich bildeten das Schlusslicht. Felix und ich setzten uns zusammen an einen PC, Marley setzte sich alleine an einen Computer neben uns.

Der Unterricht fing an, aber ich hörte nur mit halben Ohr zu. Viel mehr schaute ich Felix dabei zu, wie er gerade das Sicherheits System der Schule ausschaltete. Alle Social Networks oder Seiten, die ansatzweise cool waren, hatte unsere Schule gesperrt. Aber Felix hatte es tatsächlich geschafft und scrollte nun leise kichernd durch seine Twitter Timeline.

Plötzlich hörte ich ein Räuspern hinter uns. "Herr von der Laden, würden Sie mir bitte mal erklären, was Sie da gerade tun?", fragte Herr Marx, unser Informatik Lehrer, und sein strenger Blick wechselte von Felix zu mir. Ich zog meinen Kopf ein und machte mich so klein wie möglich. Nicht so Felix. "Ich habe Ihre Sicherheitsvorkehrungen deaktiviert, war fast schon zu leicht", erwiderte er seelenruhig und schaute Herrn Marx fest in die Augen.

"Wenn das so ist, können Sie uns doch sicherlich erklären, wie Sie das gemacht haben und wie wir unsere Computer demnächst besser schützen können", sagte Herr Marx mit einem hinterlistigen Grinsen.

"Mit Vergnügen." Felix stand auf, ging nach vorne und hielt einen spontanen zehnminütigen Vortrag. Triumphierend sah er Herrn Marx an, dem die Kinnlade fast herunter fiel. Dieser rang um Fassung und setzte wieder seinen gewohnt strengen Blick auf. "Das war... äußerst Interessant. Gut gemacht, Herr von der Laden."

Mit einem zufriedenen Lächeln stolzierte Felix zurück und ließ sich auf seinen Platz neben mir fallen. Ich schaute ihn stumm von der Seite an und bewunderte und beneidete ihn wiedermal um sein Selbstbewusstsein.

Der Rest des Tages zog sich wie Kaugummi. Ich trottete von Kurs zu Kurs und versuchte einfach nur die Zeit totzuschlagen und zu überleben.

Als es um zwei Uhr endlich klingelte, warf ich meine Sachen in meinen Rucksack und joggte zu meinem Auto, an dem Felix schon wartete.

Wir warfen unsere Rucksäcke auf die Rücksitze und ich fuhr los.

"Sag mal Izzi?", durchbrach Felix die Stille.

"Ja?"

"Hättest du Lust bei der heutigen Aufnahme dabei zu sein?"

Song: Lagerhalle - Die Orsons

Ich wollte hier übrigens mal Werbung für eine Fanfiction machen, die meiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.
Schaut mal unbedingt bei MCGanzOkayDE vorbei. Ich shippe Jandre eigentlich nicht, aber die Fanfiction ist der Wahnsinn!

anxiety//dizziWhere stories live. Discover now