The family effect [3]

69 12 0
                                    

Three

[how to ignore your problems]

Joshua

Mein Kopf drohte zu explodieren, als ich mit den Händen in den Hosentaschen, den Blick auf den Gehweg gerichtet, hastig die Straße entlang lief. Selbst die kalte Winterluft konnte meinen Kopf nicht herunterkühlen.

Mit gerunzelter Stirn betrachtete ich die Atemwolken, die sich vor mir wie ein grauer Nebel bildeten und gleich darauf wieder verschwanden.

Es wurde langsam hell. Der Himmel versetzte die Gebäude in gedämmtes Licht und langsam begannen die Fenster in den Häusern aufzuleuchten.

So schön es auch war, ich konnte es nicht genießen. Meine Gedanken schwirrten in meinen Kopf, als wären sie ein Tornado, der versuchte all meine Vernunft zu zerstören. Die Frage ob ich das Richtige getan hatte, quälte mich den ganzen Weg entlang zu einem bestimmten Haus.

Ich seufzte. Die Situation überforderte mich. Sie machte mich wütend und enttäuscht zugleich und diese Kombination vertrug sich nicht besonders gut.

Ich wollte einfach nur alles vergessen. Die Probleme ignorieren und weiter machen wie zuvor. Davor war alles einfacher. Es war geregelt. Ich und Mum gegen den Rest der Welt. Und jetzt waren da zwei Personen mehr. Gut, eine. Lassen wir den arroganten Mann von Vater weg, der sich gleich wieder aus dem Staub gemacht hatte.

Mein Kopf brummte. Ich wollte nicht mehr. Das war alles zu viel des Guten. Der ganze Tag war eine einzigste Katastrophe und diese Nachricht, war nicht das Sahnehäubchen, wohl eher die Kirsche oben drauf. Und diese Kirsche schmeckte nicht. Sie war bitter.

Ich atmete tief durch, als ich vor den Treppen des Hauses stand. Ich zitterte etwas, was wohl nicht nur an der Kälte lag. Ich ging ein Stück weiter bis in die Seitengasse, welche zum Hintereingang des Hauses führte. Die Tür war immer offen. Ich betrat das Treppenhaus und stieg so leise wie möglich die Treppen bis zum zweiten Stock hinauf.

Als ich nun vor der Wohnungstür meines besten Freundes stand, hielt ich inne. Ich wusste nicht ob ich ihn mit meinen Problemen belasten sollte und erst recht nicht ob ich halb fünf Uhr morgens an seiner Tür klingeln sollte, doch letztendlich drückte meine Hand wie von selbst auf die Klingel. Ich wusste er würde zuhören. Ich kannte ihn mein ganzes Leben lang und wir haben schon jede erdenkliche Scheiße durchgemacht.

Es dauerte keine halbe Minute, bis jemand die Tür auf machte. Es stand jedoch nicht Chris dahinter, sondern seine Schwester, Ruby. Die Locken verstrubbelt und im langen Schlafanzug. Ihre Augen waren zusammengekniffen. Sie sah müde aus. Ich zwang mich zu einem leichten Lächeln.

"Joshua?" fragte sie unsicher.

"Hi." Es kam nicht lauter heraus als ein Flüstern.

"Was machst du hier so früh?"

Ich wusste nicht was ich sagen sollte.

"Kann ich rein kommen?"
Sie nickte leicht, wenn auch etwas irritiert und ging etwas zur Seite, damit ich den beleuchteten Flur betreten konnte. Ich zog meine Schuhe und Jacke aus und stellte meine Tasche an die Seite. Sie schloss die Tür und ich drehte mich zu ihr um. Wir schwiegen. Sie musterte mich unsicher und ihre Augen sahen mich besorgt an.

"Hast du geweint?"

Ich schaute irritiert und hob meine Hand an meine Wange. Sie war nass. Ich hatte es nicht einmal gemerkt. Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte also zuckte ich schlaff mit den Schultern.

"Was ist passiert?" Ich schwieg und wich ihrem Blick aus. Sie wirkte kurz etwas unsicher, bevor sie auf mich zu kam und mich zaghaft mit ihren Armen um meinen Bauch zu sich zog.

Ich entspannte mich etwas in ihrer Umarmung und schloss die Augen. Wir standen ein paar Minuten einfach nur da, bevor sie sich löste und mich leicht lächelnd anschaute.

"Geh zu Chris." Sie deutete auf seine Zimmertür. Ich nickte und setzte zum gehen an, drehte mich aber nochmal um und schaute sie an. Ich beugte mich etwas runter und küsste kurz ihre Stirn. "Danke" flüsterte ich mit kratziger Stimme, bevor ich mit einem letzten kurzen Lächeln in Chris Zimmer ging.

Ich öffnete leise die Tür und ging hinein. Danach schloss ich sie wieder und schaute mich um. Er lag in seinem Bett, den Mund offen und schnarchte etwas. Ich grinste kurz bei dem Anblick ehe ich auf sei Bett zuging und mich daneben legte. Es war nicht sehr groß, aber für zwei Personen ausreichend.

Ich wusste er wäre nicht allzu überrascht würde er aufwachen. Es war schon öfters passiert das ich Abends gekommen war und mich einfach mit hingelegt hatte. Ihn hatte es nie gestört. Ich war nur noch nie so spät beziehungsweise zeitig da, aber das würde er sowieso nicht mitbekommen.

Alles was ich nur noch wollte war schlafen. Meine Probleme für ein paar Stunden vergessen, bevor ich mich ihnen wieder stellen musste. Ich wusste genau, dass Chris mich fragen würde was passiert war. Ruby konnte noch nie gut Sachen für sich behalten. Sie hatte immer Schuldgefühle wenn sie es tat.

Ich hoffte nur, dass sich alles wieder einrenkt wie es sein soll. Ich bin ein Mensch der mit Veränderungen erst einmal klar kommen muss.

Ich atmete ein letztes Mal tief durch bevor ich die Augen schloss. Meine Klamotten hatte ich noch an, aber das ging mir gerade am Arsch vorbei.

Alles was ich wollte war mein altes Leben zurück. Und ich hätte kurz sarkastisch aufgelacht, wäre ich nicht so müde gewesen, denn das 'alte Leben' war nicht einmal 24 Stunden her.

Es war erstaunlich wie sich innerhalb eines Tages das ganze Leben eines Menschen auf den Kopf stellen kann.

Ich redete mir ein es würde alles wieder wie vorher werden. Kein schnösliger Zwillingsbruder und kein egoistischer Vater. Nur ich und Mum. Nur wir beide, unser runtergekommenenes Apartement und unser verkorkstes Leben.

Mehr brauchte ich nicht. Verdammt, mehr wollte ich nicht. Ich hatte alles was ich brauchte. Und genauso wird es auch wieder werden. Ich werde nicht zulassen, das ein Junge, so alt wie ich es bin mein Leben auf den Kopf stellt. Ich werde und will es nicht zulassen.

Denn am Ende ist alles was ich brauche schon immer da gewesen. Ob Zwillingsbruder oder nicht. Das er mit mir verwandt ist heißt noch längst nicht das wir Familie sind.



Hai finito le parti pubblicate.

⏰ Ultimo aggiornamento: Dec 22, 2017 ⏰

Aggiungi questa storia alla tua Biblioteca per ricevere una notifica quando verrà pubblicata la prossima parte!

The family effectDove le storie prendono vita. Scoprilo ora