Kapitel 5

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Samstag, 14. Dezember

Am frühen Abend hatten wir den Kamin so vorbereitet, dass wir ein gemütliches Feuer entfachen konnten, wenn wir von unserem Ausflug zurückkamen. Wir hatten uns entschieden, mit dem Kombi zum Restaurant zu fahren, obwohl für den Abend schwere Schneefälle erwartet wurden. Den Weg zu Fuß zurückzulegen, hätte mindestens eine Stunde gedauert. Und dafür hätten wir ein ambitioniertes Joggingtempo einlegen müssen. Bobbi parkte den Wagen ein Stück abseits des kleinen spanischen Restaurants, das ihr der Mann am Strand empfohlen hatte.

„Warum fährst du nicht zum Parkplatz?"

Sie löste ihren Gurt und küsste mich. „Ich möchte noch ein bisschen laufen. Okay?"

„Ja, klar. Das ist eine gute Idee."

Wir ließen den Wagen am Straßenrand im Dunkeln stehen. Die nächsten Laternen waren mindestens zwanzig Meter entfernt und ihr Lichtkegel traf unseren Parkplatz nicht. Ich hakte mich bei ihr unter, doch sie löste die Verschränkung und schlang den Arm um meine Schultern. „Das wird eine tolle Zeit."

Ich stimmte ihr zu. Und seitdem wir dem Haus Leben eingehaucht und mit Hilfe von Kissen und ein paar Deko-Utensilien Farbe in den dunklen Ecken platziert hatten, hatte sich auch das Unwohlsein etwas gelegt, das mich seit unserer Ankunft erfüllt hatte. Wir würden eine schöne Zeit haben. Bobbi war unkompliziert. Sie half mir, Ja zum Leben zu sagen. Und vielleicht würde sie mir auch helfen können, diese Albträume loszuwerden. Vielleicht gab es einen ganz banalen Grund dafür. Und wahrscheinlich würde ich nach unserer Rückkehr in die Stadt meine Wohnung doch behalten. Vielleicht hatte ich endlich einen Menschen gefunden, der bei mir blieb. Bei dem ich bleiben wollte.

Vor uns tauchte die Außenbeleuchtung des Restaurants die Dunkelheit in ein warmes Licht. Die Tür öffnete sich, als ein älteres Pärchen Hand in Hand heraustrat, und wenige Sekunden später erreichte mich der Duft nach gebratenem Knoblauch. Wir hatten am Nachmittag nur ein paar Kleinigkeiten gegessen und mein Magen meldete sich ein weiteres Mal an diesem Tag.

„Ich hab riesigen Hunger."

Sie legte ihre Hand auf den Bauch. „Mir geht's auch so." Und einen Moment später fragte sie: „Warst du früher schon einmal hier?"

Ich betrachtete den Ort. Auf der Seeseite gab es eine große Terrasse, die jedoch von Schnee bedeckt war. Dort standen weder Stühle noch Tische. „Im Sommer steht hier ein Strandkorb." Die Erinnerung kam so plötzlich wie jene an die Segelausflüge mit meinem Großvater. Wir waren nicht häufig hier gewesen, aber den Strandkorb sah ich klar vor mir. Das Bild verband sich mit einem Gefühl, das ich nicht greifen konnte.

„Also ja." Sie zog mich zur Tür und wir betraten das Restaurant.

Eine wohlige Wärme empfing uns und ich ließ mich in die gemütliche Atmosphäre fallen. Von der Fahrt im kalten Auto und dem darauffolgenden Fußmarsch spannte die Haut in meinem Gesicht. Die Wärme strömte unter sie und ein sanftes Kribbeln zog sich über meine Wangen.

Ein lautes Gemurmel schaffte gemeinsam mit dem Geklapper von Besteck, Tellern und Gläsern ein Grundrauschen, in das ich sofort hineintauchte. Wir steuerten auf den Tresen zu, an dem eine Frau mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm stand und die Kellnerin nach etwas fragte. Ich verstand ihre Worte unter dem Rauschen der anderen Geräusche nicht, aber das Mädchen lächelte und strahlte dabei so viel Freude aus, dass auch meine Mundwinkel nach oben zogen.

Bobbi sah es, folgte meinem Blick und lächelte ebenfalls.

„Hallo, ich bin José. Willkommen! Möchten Sie etwas essen?" Ein kleiner, rundlicher Mann mit einem freundlichen Gesicht sprach uns an. Und dann runzelte er die Stirn und trat etwas näher zu mir. „Warum kenne ich dieses Gesicht?"

LARA. der Anfang.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt