36 | Brennende Neuigkeiten

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Zu spät.

Gut anderthalb Meter über dem Boden loderte eine Stichflamme auf, bestimmt zwanzig, dreißig Zentimeter hoch. Noch während die drei Männer auf der anderen Seite überrascht zurückwichen, verglühte das spontane Feuer wieder. Vollkommen geräuschlos fiel die Flamme in schwarze Ascheflöckchen zusammen, die gen Boden segelten.

»Was zur –« Entsetzt zog Elphinstone Archie mit sich weiter Richtung Tür. »Woher kommt das?«
Genau wie Minerva starrte er zur Decke, in die Ecken des Raumes – aber da war nichts. Nur geschlossene Kühlfächer und eine tote Mrs Winters.

Einzig Mulciber, behindert durch seinen Infusionsständer, wich nicht weiter zurück. Er beugte sich mit knackenden Knochen zum Boden hinab und hob etwas auf. Ein Wölkchen Aschenstaub stieb von dem Gegenstand auf, den er sacht schüttelte.
»Hm, interessant ... Das ist dann wohl für dich.« Ein schmallippiges Lächeln im Gesicht streckte er Minerva die offene Hand entgegen. Darin lag eine rot-goldene Feder.

»Eine Phönixfeder!«
Die Angst vor dem Feuer vergessen, stürzte Minerva sich darauf. Fawkes' Schwanzfeder war noch warm, als sie danach griff. Fast meinte sie, den Geruch von Zitronendrops wahrzunehmen. Mit zitternder Hand drehte sie die Feder. Da stand etwas geschrieben! In hellem Funkengold glühten einige Worte in der unverkennbaren Handschrift von Albus Dumbledore auf der Innenseite der Phönixfeder.

Lestranges nahe Observationsobjekt in Derbyshire gesichtet. Dädalus Diggel benötigt sofortige Unterstützung.
Darunter eine Adresse.

»Wir müssen los!« An Mulciber vorbei rauschte Minerva zur Tür, die Feder fest in ihrer Faust umschlossen. »Es droht ein weiterer Überfall!«
Schritte folgten ihr in den Flur. Sie brauchte sich nicht umdrehen, damit sie Elphinstones Gang erkannte.
»Wo?«
»Cokeworth. Im Norden, in Derbyshire.«
Inzwischen rannte Minerva fast. Elphinstone schloss an ihre Seite auf.

»Wartet.«
Das war Mulciber. Das Quietschen seines Infusionsständers folgte ihnen, viel zu langsam, als dass er sie je einholen könnte. Minerva beschleunigte ihre Schritte und nahm die ersten Treppenstufen.
»Später, Alston, später!«
»Nein, jetzt! Ihr wollt, dass ich mich nützlich mache? Dann komme ich mit.«

Über die Schulter hinweg warf Minerva einen Blick zurück. Mulciber war auf halber Höhe des Flurs und zog sich die Infusionskanüle aus dem Arm. Hinter ihm stand Archie, die Arme verschränkt.
»Sicher, dass du nicht eher ein Hindernis bist?«, spottete er. »Immerhin trägst du noch deinen Bademantel.«

Selbst auf die Entfernung sah Minerva, wie Mulciber die Zähne zusammenpresste. Er zog den Zauberstab und verschwand in einem purpurnen Wirbel, aus dem er in nachtschwarzem Umhang wieder auftauchte. Mitsamt gestärktem Kragen und polierten Manschettenknöpfen.
»Oh Archibald ...« Mulciber schüttelte den Kopf. »Dich kann man ja so leicht täuschen. Ich bin vielleicht über vierzig, aber sicher nicht gebrechlich. Trotzdem danke für den großartigen Aufenthalt hier. Eine wunderbare Abwechslung, wenn man sich keinen Urlaub leisten kann.«

Schon tat es Minerva wieder leid, überhaupt nett zu Mulciber gewesen zu sein. Elphinstone sah das offenbar ähnlich, denn er bedachte seinen Kollegen mit einem Blick, der auch Drachen das Fürchten lehren würde, bevor er Archie ansah und entschuldigend die Schultern hob.

»Ah und Archibald – danke, dass du meine Entlassungspapiere unterschreibst!« Mulciber schenkte Archie ein dünnes Lächeln, hob die Hand und hielt auf die Treppe zu. Es hätte nur noch gefehlt, dass er eine fröhliche Melodie summte.

»Ich sag ja, du bist ein Arsch«, zischte Minerva, als er den Fuß auf die erste Stufe setzte.
»Ich weiß, ich weiß. Aber lieber ein Arsch, der euch hilft, als euer Arsch, der auf Grundeis geht.« Mit einem selbstgefälligen Lächeln sprang er an ihnen vorbei die Stufen hinauf. »Also, worauf wartet ihr?«

Stichflamme | Minerva McGonagall ✔️Where stories live. Discover now