Kapitel 6 - Tinkerbell

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"Das Schreckliche daran war,
dass Peter das lustig fand."

- Peter Pan, JM Barrie - 

In der dreckigen Spelunke, der Jolly Roger, brummte es zu dieser Zeit

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In der dreckigen Spelunke, der Jolly Roger, brummte es zu dieser Zeit. Unter dem Schein einer roten Laterne fand sich hier aller möglicher Abschaum zusammen: Säufer, Matrosen, Diebe und Gesindel. Als der Mob von Bobbies mit dem Burschen am Kragen dort auftauchte, verlor die Inhaberin keine Zeit, ihn äußerst höflich zu einer Unterredung in ihre Räumlichkeiten einzuladen.

Die Frau namens Isabell Nichols, mit den blonden Locken und dem hochgesteckten Haar, kannte so gut wie jeder Mann in London. Ein kleines, silbernes Glöckchen klimperte leise an dem samtenen Band um ihren Hals. Dieses Kropfband war ihr Markenzeichen und hatte ihr zusammen mit dem Etablissement in der ehemaligen Zinnschmiede ihren Namen verliehen: Tinkerbell.

Der kleine Raum war mit Gegenständen gefüllt, die vielleicht einmal edel gewesen waren. Nun jedoch waren die Vorhänge aus Jacquard verblasst, das Holz der Möbel ausgeblichen und die Goldfarbe abgeblättert. Captain Hook wusste, dass viele der Konstabler und Sergeants hier nicht selten auch bei den Huren zu Gast waren. Doch er ließ sich nicht um den Finger wickeln, wenn es um Morde an Kindern ging.

„Bitte, setzen Sie sich", begann Tinkerbell höflich und deutete auf einen abgenutzten Ohrenbackensessel.

„Ich werde meine Zeit nicht mit Ihnen verschwenden, Mrs. Nichols", erklärte er mit kalter Stimme, und Hook legte ohne Umschweife das geschnürte Päckchen auf den Tisch. „Entweder Sie sagen mir, wo Pan sich versteckt, oder ich verhafte jeden in diesem Drecksloch und sorge dafür, dass sie alle hängen, ehe der Morgen graut."

Tinkerbell starrte ihn mit großen Augen an, als wäre er der Teufel.

„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Captain", stieß sie hervor und die Lippen von James Hook kräuselten sich. Fünf Kinder waren tot und sein Geduldsfaden zu dünn für weitere Spielchen. Er deutete auf das Päckchen vor ihr.

„Öffnen Sie es", zischte er. „Es kam von hier. Wir haben Zeugen und den Jungen, der es überbracht hat." Hook entging nicht, wie die Farbe aus ihren gepuderten Zügen wich. Dann zog sie es zögernd an sich und öffnete es langsam. Eingewickelt in das grobe Papier lag ein kleiner, abgetrennter Kinderfinger.

Die rot bemalten Lippen öffneten und schlossen sich wie ein Fisch außerhalb des Wassers. Ihre Augen hafteten an dem grauenhaften Inhalt, dann ließ sie es plötzlich fallen, als hätte sie sich verbrannt und stand so schnell auf, dass ihr Stuhl polternd umkippte.

„Ich habe damit nichts zu tun!", stieß sie aus. Ihre Stimme war nun heiser und brüchig. „Ich habe sie nur weitergegeben! Ich wusste nicht, was darin ist! Ich wusste von NICHTS!"

„Wo. Ist. Pan?", wiederholte Hook in langsamen, bedrohlichen Worten. Aus seiner Manteltasche zog er eine vergilbte Karte von London hervor und legte sie auf den Tisch.

Er konnte sehen, dass sie noch immer haderte. Was es auch war, das sie mit Pan verband, es ließ sie zögern. Hook schlug mit der Faust auf den Tisch. Ein kleines Tintenfass klirrte dabei. Er hatte kein Mitleid mit diesem Pack. Fünf kleine Kreuze kennzeichneten die Tatorte der ermordeten Kinder. Zwillinge, ein Junge aus feinerem Hause und ein kleiner Junge mit vielen, rotblonden Locken. Für ihre Mütter für immer verloren.

„WO?", wiederholte er eisern.

Dann deutete sie langsam und mit zitternden Fingern auf eine Stelle auf der Karte:

Kensington Gardens. 

 

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Lost Boys of London [DE]Where stories live. Discover now