Kapitel 1 - Pan erscheint

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"Komm mit mir mit.
Komm mit ins Nimmerland."

- Peter Pan, JM Barrie - 

- Peter Pan, JM Barrie - 

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England, 1888


Der Nachthimmel und die Szenerie Londons waren ein einziges Bild von Grau in Grau. Dichte Wolken hatten sich über dem Herzen Englands zusammengezogen und öffneten immer wieder ihre Schleusen, sodass sich der prasselnde Regen mit dichtem Nebel abwechselte. Die Dunkelheit zog ihren Schleier über die Stadt, in den Fenstern erhellten Öllampen und Kerzen nur mäßig die finsteren Straßen. In den Elendsvierteln fand man Huren, Seefahrer sowie Diebesgesindel, die sich vor allem in der Nacht in den verwinkelten Gassen herumtrieben.

Unweit entfernt rollte der weißgraue Dunst wie fauler Odem über die feuchten Pflastersteine, stieß sich an den flachen Bürgersteigen in Whitechapel und zog als endloser Fluss aus Nebelschwaden weiter dahin. An den Ziegelwänden blätterten übereinander geklebte Plakate herunter. Sie priesen in großen, schwarzen Lettern und ausladenden Zeichnungen Freakshows, die Dienste von okkulten Praktiken, Theaterstücke oder auch die grimmigen Gesichter von gesuchten Personen an.

Gusseiserne Gaslaternen erhellten die mehr befahrenen Hauptstraßen der zentraleren Gegenden. Die leeren Straßen verliehen einem jeden Nachzügler auf dem Heimweg ein Bild von stiller Melancholie. In der Ferne konnte man den Klang der Polizeipfeifen vernehmen. Ein Hund bellte und irgendwo erklang das sich entfernende Getrappel von Pferdehufen. Der Big Ben schlug mit seinem dröhnenden, melodiösen Klang zur elften Stunde.

An einer kleinen Feuerstelle standen drei Männer zusammen, die Finger der Wärme entgegengestreckt, und teilten sich eine Flasche Whisky. Als das leise Platschen von Schritten nicht weit von ihnen entfernt an ihre Ohren drang, drehten alle drei den Kopf. Aber nur einer von ihnen sah noch die Gestalt, die in eine der zahllosen Gassen abbog und aus ihrem Blickfeld verschwand.

Zwischen den beiden aufragenden Wänden zu beiden Seiten der Gasse war der Pfad matschig. So schmatzte der Dreck bei jedem Schritt unter den blanken Füßen. Die Gestalt huschte in eiligen, großen Sprüngen, an einem Stapel verwitterter Kisten und einem umgefallenen Eimer voll Unrat vorüber. Schließlich blieb er an einer Wand stehen und legte den Kopf in den Nacken, um den Blick auf eines der zahllosen Fenster zu richten. Ein abgenutzter Teddybär mit einem fehlenden Knopfauge lehnte am schmutzigen Glas der Scheibe.

Fahles Mondlicht tastete über ungewaschenes blondes Haar, in dem ein paar Blätter raschelten und im sachten Wind zitterten. Ein kurzes Blitzen kroch über eine geschliffene Klinge, als sich die Finger des Mannes fester um den Knauf seines Messers schlossen. Die stechend grünen Augen blitzten in den Schatten, als sich seine Lippen zu einem breiten, unheilschwangeren Grinsen auseinanderzogen. Nur die Sterne, die vom Nachthimmel herabblinzelten, vermochten es, das Geschehen aufmerksam zu beobachten und gespannt zu lauschen, als eine Stimme leise murmelte:

„Denk an etwas Schönes, und du wirst fliegen."

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Lost Boys of London [DE]Where stories live. Discover now