Are you afraid?

Kapitel 20: Phase 2 beginnt

Doch der Schlaf brachte mir rein gar nichts.

Die ganze Nacht hatte ich mich hin und her gewälzt. Ich hatte von Peter in einem Eulenkostüm und von mir, wie ich mich mit einer roten Löwenmähne auf dem Kopf, vor Eric gestellt und mit ihm über meinen gewollten Wechsel zu den Amite diskutiert hatte, geträumt. Eine ruhige und erholsame Nacht stellte ich mir doch anders vor.

Grummelnd und mit leicht zerzausten Haaren in einen Haarzopf gezwängt, bewegte ich mich vom Frühstück zu dem Raum, den Four uns letzten Abend noch genannt hatte. Heute würde endlich Phase 2 der Initiation beginnen. Endlich keine Prügelei mit Eric mehr. Nun ja... jedenfalls nicht mehr offiziell. Über diesen Gedanken doch leicht schmunzelnd, trottete ich der Masse hinterher und hörte der Fragerei meiner Mitinitianten zu. Sie stellten sich gegenseitig so viele verschiedene Fragen, doch im Endeffekt war es ein und dieselbe: Was waren die Angstsimulationen?

Eric hatte mich während des Schießtrainings einmal gefragt, ob ich wüsste, was diese waren und ich konnte es bejahen. Die anderen Initianten anscheinend nicht. Nicht einmal die gebürtigen Dauntless konnten es. »Woher weißt du das alles?«, fragte mich Christina skeptisch auf dem Weg zum Trainingsraum. Sie bekam als Antwort ein Schulterzucken. »Ich habe früh meine Hausaufgaben gemacht.«

»Aber die Initiationsriten der jeweiligen Fraktionen sind streng geheim. Wie bist du an diese Information gekommen?«, fragte mich nun wieder Will. Ebenfalls skeptisch. Und erneut zuckte ich mit den Schultern. »Ich kenne den Initiationsablauf jeder Fraktion. Wie gesagt, ich habe meine Hausaufgaben gemacht.«

»Die Frage bleibt dieselbe. Wie zur Hölle bist du-«

Ich unterbrach Christina mit einem Kopfschütteln. »Du hast doch sicher schon gehört, dass ich sehr oft in den anderen Fraktionen unterwegs war, oder?« Sie nickte zögerlich. »Ja, Peter zog dich anfangs doch immer damit auf. Du seist die perfekte Ken bla bla. Hast jedem was perfekt vorgespielt bla bla.« Christina verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse und äffte Peter nach. Tris kicherte, Will schmunzelte und Al fing an zu grinsen. »Gute Darstellung.«, lobte er. Ich wiederum nickte leicht, meine Stirn nachdenklich in Falten gezogen. »Man bekommt da einiges über die Jahre mit. Auch wenn ich aus einer anderen Fraktion war, so fingen sie an mir zu vertrauen. Warum auch immer.«

»Also Jack Kang wollte dich unbedingt bei sich haben.«, platze es plötzlich aus Al, während er nachdenklich an die Decke des Korridors sah. Ich hob fragend eine Augenbraue. »Ach ja?«

»Ja. Einen Tag vor der Initiation habe ich ein Gespräch zwischen meinen Eltern und ihm mitbekommen. Sie sind gut befreundet, weißt du.« Al zuckte mit den Schultern. »Sie haben über ein Mädchen der Ken gesprochen, von dem er hoffte, sie würde zu den Candor wechseln. Er glaubte, sie sei eine große Bereicherung für die Fraktion und würde für eine große Zukunft dieser sorgen. Ich wusste nicht, von wem er sprach. Ich bekam nur mit, dass sie jemanden meinten, die Kang öfter unter die Arme griff und der sie, trotz der Zugehörigkeit der Ken, vertrauten. Sie sprachen von einer 'selbstbewussten, zielstrebigen und sehr ehrlichen Haut.' Sie sagten, sie hätte die 'Ausstrahlung einer stolzen Löwin, einer geborenen Anführerin die für Gerechtigkeit und Ehre steht.' Irgendwie so... Selbst meine Eltern stimmten dem zu. Und sie verehren die Dauntless, wie ihr wisst. Nun ja, als ich dich kennenlernte wusste ich, dass sie nur dich hatten meinen können.«

Ich hörte was er sagte, reagierte aber nicht darauf. So sah mich Jack Kang also? Ein erwachsener, gestandener Mann und Anführer einer ganzen Fraktion? Er, wie auch Al.

Und wie Amy...

Meine Wangen fingen leicht an zu glühen. Ich verstand es nicht. Sie hatten doch keine Ahnung, wer ich war. Wer ich wirklich war und was in meinem Kopf vorging. Aber wer war ich denn wirklich? Wusste das überhaupt jemand? Wusste ich das denn? Wahrscheinlich nicht. Doch ich war mir sicher, dass ich dieser Antwort in ein paar Stunden näher sein würde.