Ich entschied mich dazu die Spuren der letzten Nacht zu überschminken, um einiger maßen fit auszusehen und meine Haare zu einem hohen Zopf zu binden. Nachdem ich mit meinem Werk zufrieden war ging ich wieder raus und traf auf einen bereits fertig angezogenen Dante.
Verwirrt musterte er meine Kleidung, welche immer noch nur aus einer Jeans und einem Shirt bestand. Auch wenn ich neben ihm, in seinem dunkel blauen Anzug, mehr als nur underdressed aussah, wollte ich mich nicht umziehen. Ich hatte einfach keine Lust mich in ein schickes Kleid zu quetschen und so zu tun als wäre alles in bester Ordnung, denn das war es nicht. Weder bei mir, noch in unserer Ehe, also warum den Schein wahren?
"Wir können." kam es desinteressiert von mir. Dante ging auf meine kühle Art und Weise mit ihm zu sprechen nicht ein, sondern machte einfach wortlos die Tür auf und ließ mich vor gehen.

Der Garten war ähnlich wie gestern aufgebaut. Die Anwärter, welche die erste Runde geschafft hatte standen aufgereiht in der ersten Reihe vor der Bühne. Die Gäste standen wieder auf der rechten Seite und ließen sich von den Kellnern bedienen. Als Russen wusste ich, dass es keine angemessene Zeit für Alkohol gab, aber wir hatten es zwölf Uhr am Mittag. Das war selbst in meinen Augen zu früh.
Dante zeigte auf die Bühne und wir stellten uns wieder vor die versammelte Menge.
"Liebe Anwärter, Liebe Gäste. Es freut mich sie heute hier zu der zweiten Runde des Anwärterabends begrüßen zu können." Ich hörte Dante nicht weiter zu, sondern sah mir die Anwärter genauer an. Fabio stand ziemlich weit links. Er trug heute einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd, bei dem die oberen zwei Knöpfe offen standen. Auch die anderen sahen ähnlich festlich gekleidet aus. Vlad trug eine graue Stoffhose und einen schwarzen Kaschmir Pullover, auf seinem Kopf seine heiß geliebte Barett Mütze.
Na sehr schön, heute wenn alle top gestylt waren, entschied ich mich für die legere Variante. Ich ignorierte einfach die verwirrten Blicke und das Getuschel der Gäste, als sie meine Kleidung musterten.
Ich wollte einfach diesen Tag so schnell wie möglich über mich bringen und ganz besonders die Nacht. Danach würde ich keinen einzelnen Gedanken mehr an Hiroto, Juan Li oder den Gefallen verschwenden. Alles einfach ausblendend als wäre das nie passiert, wie ein schlechter Traum.
Plötzlich nahm Dante meine Hand und zog mich von der Bühne runter.

"Wir beaufsichtigen jetzt die Verhöre." Flüsterte er mir zu, doch ich sah ihn einfach verwirrt an. Ich hätte seiner Rede vielleicht dich mehr Beachtung schenken sollen. Er zog mich mit sich ins Haus und wir gingen zum Flur, in welchem die Büros waren. Dante zog mich zu Kontrollraum, in welchem Riccardo bereits vor den Monitoren saß und alles vorbereitete. Lorenzo und Leonardo saßen auf dem Sofa und unterhielten sich.
Riccardo drehte sich zu uns um und richtete sich dann an Dante. "Marco verteilt grade noch die Zettel und kommt gleich her, dann geht es los. Luca bewacht die Sache von dort aus." Dante nickte bloß und setzte sich auf die freie Couch. Ich folgte ihm und nahm auch dort platz.

"Welche Zettel?" Ich könnte meine Neugier einfach nicht zurück halten und eine kleinen Ablenkung würde mir gut tun, also konzentrierte ich mich einfach auf die zweite Runde.
Mein Mann drehte sich zu mir um und hob eine Augenbraue. "Das hab ich doch vorhin erwähnt." Ups, spätestens jetzt war ihm klar, dass ich seiner Rede nicht zugehört hatte, doch anstatt mich darauf anzusprechen richtete er sich etwas auf und sah mir tief in die Augen. Alleine sein Blick schickte eine Gänsehaut über meinen Körper, doch ich ignorierte es einfach und fokussierte mich auf meinen Mann.
"Jeder Anwärter erhält einen Zettel auf dem seine Vernehmungsperson und die Information draufstehen, welche sie innerhalb von 15 Minuten heraus bekommen müssen. Das Verhör wird nur mit psychischer Einwirkung stattfinden, keine körperliche Gewalt." Nachdem er fertig war nahm er seine Hand in meine und legte sie auf seinen Schoß.
Nickend drehte ich mich weg und sah zum Monitor, auf dem ein Raum aus verschiedenen Winkeln gezeigt wurde. In der Mitte stand ein Tisch und auf beiden Seiten waren Stühle hingestellt worden. Es erinnerte etwas an die Verhörzimmer in einer Polizeistation, doch war es hier viel dunkler. Eine einzige Lampe hing über dem Tisch und spendete nur spärlich Licht.
"Wen bekommt Fabio ab?" fragte Leonardo und wandte sich uns zu. Lorenzo grinste drauf hin und alle bekamen ihre Antwort. Dieses Verhör sehe ich mir nur zu gerne an. Ich schätze es gibt keinen Menschen auf der Erde, der aus Lorenzo auch nur die kleinste Information herausbekommen könnte.
"Und Vlad?" fragte ich nun in die Runde. Dante verspannte sich augenblicklich und sah mich finster an.
"Darf ich jetzt noch nicht mal mehr über ihn reden?" Ich versuchte meine Hand aus seiner zu befreien, aber Dante verstärkte nur den Griff. Er schloss kurz die Augen und atmete einmal tief durch, bevor er mich ansah. "Tut mir leid." Erstaunt von seinen Worten hörte ich auf mich zu wehren und guckte wieder in seine Augen. Er entspannte sich etwas und lehnte sich gegen die Couchlehne. "Vlad wird Luca verhören." Nun grinste er teuflisch und ich wusste, dass er das eingefädelt hatte. Gegen Luca hatte Vlad keine Chance. Es war offensichtlich, dass Dante Fabio und Vlad aus dem Rennen haben wollte, auch wenn ich nicht verstand wieso. Er würde doch sowieso keinen der Anwärter wählen.

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