Fünfzehn: Familienbande

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Alle zweihundert Winter wurde eine Person geboren, die die Magie des Schnees in sich trug. Sie war von den anderen Bewohnern dieses Reiches leicht zu unterscheiden: die Magie spiegelte sich auch in ihrer Seele wieder, sodass ein jeder Schneekönig strahlend blaue Augen hatte. Als Chion vor mehreren Jahrzehnten Eira und Blanche alleine in den Bergen gefunden hatte, wusste er, dass Änderung bevorstand. 

Das  war dasselbe Jahr, in dem ich Neva vergessen habe.

Noch nie hatte es zwei Kinder mit magischen Fähigkeiten gleichzeitig gegeben. Als dann auch noch Cyr von den abergläubischen Dörflern vor dem Schloss ausgesetzt wurde, war sich Chion sicher, dass etwas nicht stimmte. 

Obwohl ich erst jetzt verstehe, wie grausam die Götter  wirklich sind.


Energisch stieß Chion die Tür zum Speisesaal auf. Er musste um jeden Preis Fassung bewahren. Für ihn waren Wochen vergangen, doch seine Schwestern hatten ihn vor ein paar Stunden zuletzt gesehen. Er hatte es nicht sofort gemerkt, doch alles war genau wie an dem Tag, an dem er das letzte Mal hier war. Dafür kam ihm nur ein Grund in den Sinn: die Zeit in Esyllt war während seiner Abwesenheit stehen geblieben.







NEVA

Mechanisch löffelte ich die eiskalte Suppe, als auf einmal die Türe zum Speisesaal aufflog. Erschrocken sah ich mich nach der Quelle des Lärms um, konnte aber nichts erkennen. Stattdessen wurde mein Blick immer wieder wie magisch von Blanche angezogen, die mit ihren Fingern kleine Eisblumen in die Luft malte.


Fasziniert sah ich zu, bis ich eine warme Berührung auf meiner Stirn spürte.

Als wäre ein Zauber von mir abgefallen, bemerkte ich plötzlich Chion. Er stand direkt vor mir und blickte mich ernst an; bei genauem Hinsehen konnte ich einen Anflug von Besorgnis in seinen Augen erkennen.

"Was ist passiert?", stammelte ich.

"Meine Schwestern.", lautete die knappe Antwort.

Mit einer schnellen Geste griff Chion nach meinem Teller und hielt diesen in beiden Händen. Innerhalb weniger Sekunden fing der Inhalt an zu dampfen; ein köstlicher Geruch von Kräutern und Gemüse erfüllte die eisige Luft.

Seit wann ist es hier so kalt?

Fröstelnd sah ich auf meine Füße, die in hübschen silbernen Sandalen steckten. In jedem anderen Fall wären sie meine erste Wahl zu dem figurbetonten weißen Kleid gewesen, in das mich die Schwestern gesteckt hatten. Doch durch die niedrigen Temperaturen waren meine Zehen bereits blau vor Kälte.

Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, dieses Kleid anprobiert zu haben.


Mir entging nicht Chions angespannter Blick, als er mir den Teller zurückgab.

"Eira hat die SCHLECHTE Angewohnheit, anderer Leute Essen herunter zu kühlen und mit Eisstücken zu versehen.", wies er das Mädchen zurecht.

Schmollend lehnte sich Eira in ihrem Stuhl zurück. "Das ist mal wieder typisch, dass du uns keinen Spaß lässt."

"Eira, nicht doch.", beruhigend legte Blanche ihrer Schwester einen Arm auf die Schulter.

Verdattert sah ich in die Runde. "Was meint sie mit..?"

The Fairytale Of A WitchWhere stories live. Discover now