eins

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 kaeya alberich war noch ein kind, als sein ganzes volk umgebracht wurde. kaeya alberich war noch ein kind, als er mit seinem vater fliehen musste. kaeya alberich war noch ein kind, als er die wahrheit erfuhr. kaeya alberich war noch ein kind, als er zur letzten hoffnung khaenri'ahs ernannt wurde.

ein fünfhundert jahre langer schlaf. fünfhundert jahre später, und die dünnen kinderarme kaeyas haben sich langsam vom boden abgedrückt, um sich aufzusetzen. herzhaft gähnend, die müden augen reibend. kaeyas langes, dunkelblaues haar fiel ihm in die stirn und um die zierlichen schultern wie nachtfarbende seide. die vollen wangen waren gerötet vom schlaf. vielleicht auch vom weinen. kaeya wusste es nicht. 

fünfhundert jahre später und kaeyas fluch hatte ihn so lange geschlafen, in unsicherheit gehüllt und angst gewogen, denn sobald kaeya wackelig aufstand, um sich nach seinem vater umzusehen, weiteten die unschuldigen, eisblauen augen seiner sich.

das land erstreckte sich vor ihm.

der geruch von verbranntem tod. rote und orangene flammen welche sich hungrig die dächer emporzüngelnden, hilflose opfer welche bei lebendingem leib verbrannten. der sonst so feste boden unter den füßen war aufgebrochen, mit dem einzelnden fingerschnipsen eines gottes, brennendes, wartendes magma lungerte und stieß als lava in das land hervor, begrab tausend, wenn nicht millionen schreiende, flehende, weinende opfer unter sich. nicht ein letzer, fester quadratmeter erde war noch vorhanden, mit der göttlichen macht der archons schienen sich die einzelteile des landes zu lösen, emportzusteigen, zu zerbröseln wie die hoffnung des kleinen jungen, seine familie wiederzusehen. und oh, dieser himmel. kaeya liebte es, sternbilder am himmel zu beobachten. besonders, des pavo ocellus, welches immer so strahlend und munter den himmel beleuchtet hatte. doch kein einziger stern war zu sehen. kein mond. kein mensch mehr, war auf diesem land. keine liebe, keine güte, keine reue.

keine sterne. nur tod.

kaeya alberich war noch ein kind, als er mitansehen musste, wie die letzten überlebenden, mit einem fluch besiegelt wurden. einem fluch, der sie zu monstern machen würde. die nette frau, die ihm immer morgens brot geschenkt hatte. der lustige nachbarsjunge welcher aus niedlicher tollpatschigkeit immer stolperte und hinfiel. die freundliche madg welche kaeyas wunden immer versorgte, sobald dieser sich ausversehen während des spielens verletzt hatte.

vor dem auge kaeyas wurden alle zu monstern. weil sie nicht den privileg hatten, zu fliehen. kaeya hatte es. kaeya wurde wiedergeboren, als hoffnung aller.

kaeya blinzelte auf. 

kein feuer, kein rauch, kein tod.

vor ihm erstreckte sich eine riesiges, grasgrünes feld welches bestückt war von bunten blüten, verspielten schmetterlingen, welche umeinanderkreisten. eine sanfte windbrise welche eine angenehme gänsehaut auf seine dunkelen arme zauberte. und statt der riesige mond strahlte die helle sonne warme lichtstrahlen über die ganze, atemberaubende landschaft wieder. 

man könnte bei diesem anblick alle sorgen vergessen. und als kind, sollte kaeya alle sorgen vergessen. alles, was er gesehen hatte, sollte er vergessen. 

doch er tat es nicht. kaeya schrie laut und flehend nach seinem vater, die hohe stimme verzweifelt, runde tränen flossen seine wangen hinab. wo war er nur? wo war sein vater? was ist dieses land nur? und was war mit khaenri'ah?

panisch drehte sich der kleine junge um, stolperte schon fast, sobald seine beine ihn weitertrugen, um seinen vater zu finden. vielleicht hätte er nicht suchen sollen. vielleicht hätte er weiter stehenbleiben sollen, um den anblick zu genießen. um seine sorgen schwinden zu lassen. aber das tat er nicht.

eine halbe stunde später, und kaeyas vater starb in seinen armen. kaeya konnte kaum atmen, denn mit jedem atemzug versuchte der kleine junge sich zu beruhigen, doch sein kleiner körper schien sich nicht beruhigen zu wollen. die angst und die furcht war so präsent und so stark, sie hallte in kaeya wieder. und wieder und wieder und wieder, dass kaeya sich wie ein kleiner, ängsticher ball zusammenrollte und seine handflächen auf seine ohren drückte, sodass er es nicht hören musste. 

räche uns sohn, sagte sein vater. du bist die letzte hoffnung. räche khaenri'ah. das leben war aus seinen augen erloschen. kaeya hatte die augen seines vaters geerbt. die augen, welche tot waren.

kaeya drückte seine ohren ein kleines stückchen stärker zu. er hörte es noch. 

a shortstory by kaeya alberichWhere stories live. Discover now