before thanksgiving 2.0

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''Wieso hast du Eleanor nicht zurück gerufen?'' fragte ich ihn, als wir ein paar Tage später als wir durch den Wald liefen und billigen Kirschwein tranken. ''Das hast du mitbekommen? Naja, du würdest das nicht verstehen. Es ist kompliziert. Wenn du älter wirst, erklär ich dir das Auf und Ab von Erwachsenen Beziehungen.''

Ich blieb stehen. ''Sie sagt, sie hat dich 40 mal angerufen und du rufst sie trotzdem nicht zurück. Ist das etwa Erwachsen?'' Er grinst, nahm mir die Flasche ab aber antwortet mir nicht.

Wir versteckten uns hinter einem Baum, denn etwas weiter lief der Aufsichtslehrer gerade mit seinem Hund spazieren, es wäre nicht das Beste wenn er uns jetzt hier mit Alkohol erwischen würde. ''Er wirkt so traurig.'' Ich nickte. ''Er hat den Mann den er so sehr liebte vor einer Weile verloren.'' Daraufhin sah ich Louis an. Woher wusste er das? ''Man kriegt so einiges mit, wenn man eine Weile hier im Internat lebt.'' Gab er die Antwort auf meine nicht ausgesprochene Frage.

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Am Abend dann saßen wir draußen am Lagerfeuer.

''Der arme Mann. Er verstellt sich gut, aber man kann es sehen wenn er alleine ist. Seine ewige Traurigkeit.. sein Leid. Womöglich ist es das. Das Labyrinth.'' Ich sah ihn an. Verstand nicht ganz worauf er hinaus wollte. ''Was wenn es Leid ist? Und was ist wenn, naja.. Simón Bolívar überhaupt nicht von Leben und Tod sprach, sondern von dem dazwischen? Das Gefühl, wenn du liebst. Von ganzem Herzen. Und dann dein Herz bricht.. und dann musst du weiter leben. Alleine. 'Wie komme ich je aus diesem Labyrinth. Des Leidens?'

Langsam sah ich vom Feuer auf zu ihm. ''Louis? Leidest du etwa?''

Er starrte weiter geradeaus. ''Tun wir doch alle. Das gehört zum Mensch sein dazu.''

''Ich meine dich. Spezifisch dich.'' Ich sah ihn von der Seite an. Er hatte Tränen in den Augen, langsam wird mir immer klarer, dass ihn etwas innerlich gebrochen hat. ''Schon, ja. Alle halten mich für eine Ratte. Niemand redet mit mir. Ich bin vollkommen alleine.''

Ich bin mir sicher, dass das nicht alles war. ''Du hast mich. Und denk mal an Eleanor und ihre 40 Anrufe.''

''Du machst dir echt Sorgen um sie.'' Jetzt sah er mich an. ''Du etwa nicht?''

''Eleanor kommt schon klar. Es ist einfach scheiß kompliziert.''

''Na dann erklär es mir. Ich will es verstehen, ich will dich verstehen. Ich will einfach alles über dich wissen.'' Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Jetzt sah er mich überfordert und vielleicht auch etwas.. neugierig an.

''Du kannst es nicht verstehen, also spar ich mir die Mühe gleich. Außerdem, dass sagst du jetzt, aber wenn du die Wahrheit wüsstest würdest du weglaufen.''

Ich drehte mich ein wenig mehr in seine Richtung. ''Louis, du hast mich gebeten mit dir hier zu bleiben. Ich war mit dir in diesem komischen Café, bin mit dir durch den Wald gewandert, habe mit dir Pornos gejagt.. weil ich mich auf dich einlasse. Egal was du verheimlichst, ich würde niemals vor dir weglaufen.'' Und ich meinte jedes Wort vollkommen ernst.

Er sah mich eine Weile an. Ich konnte seinen Blick nicht wirklich deuten, aber sein Gesicht war so nah an meinem, dass ich seinen Atem spüren konnte. Was mir eine Gänsehaut am ganzen Körper bescherte. Vielleicht irrte ich mich, aber es sah so aus als würde sein Blick immer wieder von meinen Augen zu meinen Lippen wandern. Die Tränen in seinen Augen wurden deutlicher.

''Ich sollte gehen.''

Er stand auf und schneller als ich gucken konnte, war er verschwunden.

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Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist während ich einfach nur ins Feuer gestarrt hatte, als ich hinter mir Schritte hörte. ''Hier die sind für uns, wir schlafen heute draußen.'' sagte Louis mit zwei riesigen Decken in der Hand. ''Ich hab mit Eleanor Schluss gemacht.'' Er legte sich mit seiner Decke ziemlich nah an mich.

''Oh, wirklich? Ist wahrscheinlich besser so oder?'' sagte ich mit unsicherer Stimme während ich mich zu ihm legte und in seine Richtung drehte.

Wir sahen uns eine ganze Weile im Schein des Lagerfeuers an. ''Verdirb es nicht, Hazza.''

''Das werde ich nicht.''

Darauf hin nahm er meine Hand in seine und schloss seine wunderschönen blauen Augen.
Mein Herz raste so schnell, ich hatte das Gefühl es springt mir gleich aus der Brust.
Aber ich war glücklich.
Und schlief kurze Zeit später auch ein.

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⋙ looking for him ⋘ | l.s. ✓Where stories live. Discover now