Wer bist du?

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Ich sah ihm in die Augen. So dunkel, man konnte sich in ihnen verlieren. „Mit was weitermachen?"
Er antworte nicht. Er schaute mich nur an. Von oben bis unten. Er blieb an einer Stelle stehen. Es war mein Mund. Ich weiß nicht, ob ich es mir einbildete, aber vielleicht spürte er ja genau die gleiche Anziehungskraft wie ich. Es ertönte eine Stimme aus den Lautsprechern, die den Moment entschärfte.
„Also Ms. Reed, erzählen Sie mir von sich und Ihrer Familie." er nippte an dem Gin und stellte das Glas hin. Er verschränkte seine Arme und wartete auf meine Antwort. „Naja wir sind eine relativ große Familie. Ich habe 3 Geschwister. Die sind jedoch bereits alle verheiratet und führen quasi ihre eigene Familie. Wir hören uns oft, jedoch kommt einem der Alltag meistens in die Quere. Meine Eltern sind öfters in ihrer Heimat als hier." ich schaute ihn kurz an, jedoch kam keine Reaktion. Noch bevor ich was fragen konnte, stellte er fest:" Sie sind somit komplett allein?" „So wie Sie es formulieren hört sich das traurig an. Ich genieße es eher." er grinste kurz und sagte:" eine Frau wie Sie ist bestimmt öfters in guter Gesellschaft als allein?"
„Sehe ich etwa so aus?" Noch bevor er antworten konnten, beantwortete ich meine Frage selbst. „Ich bin in letzter Zeit relativ oft allein, auch wenn ich anscheinend nicht so aussehe."
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass eine Frau wie Sie von Männern nicht," er hielt kurz inne, „umgarnt wird?" ich lachte. „Ich weiß noch nichtmal, ob die Männer heutzutage wissen was umgarnen ist." Sein Blick wurde ernster. „Also haben Sie keine guten Erfahrungen gemacht?" Ich verstehe es nicht. Was haben diese ganzen Fragen mit dem Geschäft zu tun? Ist es nicht unprofessionell mit einem Geschäftspartner über solche Dingen zu reden. Letztendlich platze es dann heraus:" Mit Männern habe ich keine Erfahrungen. Ich stehe auf Frauen." ich hab versucht es so ernst zu sagen wie es geht, und als ich die Entrüstung in seinem Gesicht sah musste ich lachen. „Quatsch. Also nicht, dass das schlimm wäre nur ich, also nein. Ehm, ich hatte bis jetzt nur eine Beziehung. Die liegt aber bereits 1 1/2 Jahre zurück. Wir waren 3 Jahre zusammen. Ich glaub nicht, dass ich eine Person jemals wieder so lieben kann, aber es hat einfach nicht funktioniert. Ich war nicht genug." Er schaute wieder ernster. Und trotzdem glaubte ich eine Erleichterung in seinen Augen zu sehen. „Sein Verlust", sagte er kalt. Ich lächelte. Der Schmerz saß doch noch tief. Ich dachte wirklich, dass Liam und ich füreinander bestimmt waren. „Also, genug von mir. Wie schaut es bei Ihnen aus. Sie sind doch bestimmt immer in guter Gesellschaft unterwegs, mit mehreren Frauen und Freunden." Er lachte:" Mein Beruf macht mich einsam. Man hat mehr Feinde als Freunde. Und Frauen konnte ich bis jetzt nicht vertrauen." ich war überrascht. Zum einen von dem was er gesagt hatte, zum anderen, dass er wirklich ohne Ausweichen geantwortet hatte. „Mit 32 einsam? Sie?" ich zog eine Augenbraue nach oben. Als ob so jemand im Zölibat lebt. „Sagen wir, es gab nie was ernstes." wow. Natürlich. Kann man es ihm aber verübeln? War doch klar, dass so jemand einen hohen Frauenverschleiß hat. Irgendwie schien es so als erwartete er eine Antwort von mir. Jedoch hatte ich dazu nichts zu sagen. Es legte sich eine Stille über uns. Wir nippten beide an unserem Drink. Keiner von uns hatte vor die Stille zu durchbrechen. Es war keine unangenehme Stille. Den Rest des Fluges erzählte er mir von seinen Geschäften. Ich könnte Ihm Stunden zuhören. Es war beeindruckend zu hören, wie lang das Familienunternehmen bereits geführt wird. Sie stellen Stoffe her und das bereits seit dem späten Mittelalter. Während der Weltwirtschaftskrise im 19. Jhdt haben sie einen starken Rückschlag erlitten, jedoch ist davon jetzt weit und breit nichts mehr zu spüren. Er war interessant, charismatisch und einfühlsam. Den restlichen Flug schlief ich. Ich würde bei der häufigen Landung wach und spürte eine Schulter unter meiner Wange. Es war seine. Ich weiß nicht, wann er sich zu mir gesetzt hatte, aber es störte ihn anscheinend nicht. Ich streckte mich und drehte mich zu ihm. Er schlief. Ich beobachtete ihn. Dann öffnete er seine Augen.

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⏰ Last updated: Mar 09, 2022 ⏰

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Mr. B.Where stories live. Discover now