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Dominik

Noel ist weiß wie Schnee, seine Wangen und Augen leuchten rot. Er stützt sich an der Wand ab und sein Atem geht schnell und keuchend.

Er macht eine scheuchende Geste in Richtung des Mädchens. Im selben Moment mache ich mehrere Schritte auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stehe.

„Noel", meine Stimme ist leise, nur ein Hauch. Er sieht aus, als würde er gleich umkippen, deswegen lege ich meine Hand an seine Hüfte.

Noel atmet zischend ein und schwankt, weswegen ich kurzerhand seinen Arm über meine Schulter lege, um ihm zu helfen. Er stützt sich schwer auf mir ab und ich frage mich, wie er überhaupt stehenbleiben konnte.

Ich will ihn in das Zimmer gegenüber führen, das seins sein muss, doch Noel sagt irgendetwas und bleibt stehen. Ich verstehe ihn nicht und werfe ihm einen fragenden Blick zu.

„Lana", flüstert er ohne Stimme, „Ich muss..."

„Du musst gar nichts", sagte ich nachdrücklich, „Du gehörst ins Bett, Noel."

Er will widersprechen, doch im selben Augenblick geben seine Knie unter ihm nach und ich bin froh, dass ich es schaffe, ihn aufzufangen.

Eine Hand unter seinen Knien, die andere um seinen Oberkörper geschlungen, trage ich ihn in das Zimmer und lege ihn auf dem Bett ab. Dabei stoße ich fast gegen einen Wäscheständer, der seitlich im Zimmer steht.

Ich lege Noel eine Hand an die Stirn, denn er glüht regelrecht. Sein Körper bebt und erst denke ich, dass er zittert, doch dann rollt ihm eine kleine Träne über das Gesicht.

„Weinst du?", frage ich sanft. Noel schüttelt den Kopf. Vorsichtig streiche ich ihm eine verwirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich gucke mal, ob ich für Lana etwas zum Frühstücken finde. Soll ich dir etwas bringen, einen Tee oder so?"

Wieder schüttelt er den Kopf, doch ich beschließe, ihm trotzdem einen Tee zu kochen. Dann stehe ich auf und gehe aus dem Zimmer.

Die Tür gegenüber ist noch offen und führt ins Bad, während der Raum daneben die Küche ist, in der auch ein Tisch mit drei Stühlen steht.

Nach diesem kurzen Überblick klopfe ich vorsichtig an Lanas Tür und komme dann in ihr Zimmer. Sie sitzt an einem kleinen Tisch unter dem Fenster und malt konzentriert an einem Bild.

„Hey Lana, ich bin Dominik. Wollen wir dir vielleicht mal etwas zum Frühstücken suchen?", frage ich, ohne einen Plan, wie ich mit einem kleinen Mädchen umgehen soll.

Sie springt auf und läuft auf mich zu. „Ich kann dir zeigen, wo die Cornflakes sind", meint sie und schlüpft an mir vorbei.

In der Küche dirigiert sie mich zuerst zum Schrank mit den Cornflakes, dann zeigt sie mit wo ich Teller und Löffel finde.

Während Lana isst, suche ich nach einer Tasse und Teebeuteln. Groß ist die Auswahl nicht, es gibt nur Kamillentee oder Salbeitee, für den ich mich entscheide. Immerhin gibt es einen Wasserkocher, jedoch keine Spülmaschine, weshalb sich neben der Spüle mehrere Teller stapeln.

„Ist Noel schlimm krank?", ich drehe mich überrascht um. Lanas Stimme klingt ernst und sie schaut viel zu besorgt für eine normale Fünfjährige.

„Nein, so schlimm ist es nicht. Er ist bald wieder gesund", verspreche ich ihr und sie wendet sich beruhigt wieder ihrem Frühstück zu.

Auch ich mache mir Sorgen. Noel sieht wirklich schlimm aus und ich habe keine Ahnung, wie ich ihm helfen kann. Zuerst gieße ich jedenfalls das heiße Wasser über den Teebeutel.

Mein Handy vibriert. Es ist Kai, der fragt, wo ich bin. Aus Reflex will ich antworten, dass ich bei Noel bin, aber ich bin mir nicht sicher, wie Kai reagieren würde.

Er hat erzählt, dass sie früher befreundet waren, aber ich habe keine Ahnung, was sich zwischen den Beiden geändert hat. Wenn es Noel wieder bessergeht, werde ich ihn danach fragen.

Nicht NormalWhere stories live. Discover now