II- 29. Mai, 1980

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So, ab jetzt könnte es etwas Kompliziert werden, da sich mehrere Handlungsstränge überschneiden werden.

Alles normal geschriebene spielt natürlich zu Peters Zeit, Tagebucheinträge werden mit » eingeleitet und mit « beendet.

Jegliche, auf die Einträge basierende Rückblicke sind kursiv geschrieben und spielen vor Peters Zeit.
[Falls so etwas dran kommt]

Wird auf anderen Sprachen gesprochen ist es "Kursiv"
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Nicht, dass Peter noch nie erlebt hatte, wie sein Vater von ganztägigen Konferenzen, die quer über die ganzen Vereinigten Staaten verteilt waren, zurückkam. Doch jedes mal freute er sich, als hätte er seinen Dad seit Jahren nicht mehr gesehen.

Peter hatte es sich im Wintergarten bequem gemacht, der von der hölzernen Poolterasse durch eine riesige, gläserne Schiebetür getrennt wurde, und las, gemütlich auf dem grauen Sofa sitzend, ein Buch.

Auf dieses konnte sich der Sechzehnjähruge jedoch mehr als nur wenig konzentrieren, da ihm mehrere Dinge gleichzeitig durch seinen Lockenkopf sausten.

Die baldige Rückkehr seines Dads und das Tagebuch, das er gestern auf dem Dachboden entdeckt hatte.

Tatsächlich hatte er gestern schon den Versuch gewagt, das kleinere, in Leder gebundene Buch zu lesen.
Das Problem?

Es war durch und durch auf Italienisch verfasst.

Und so gern, wie Peter diese Sprache auch sprechen würde, konnte er es nicht, also musste er wohl versuchen mühselig Wort um Wort in einen Übersetzer ein zu tippen, der vielleicht nicht einmal wirklich zuverlässig war.

Als er das ferne Rütteln eines Schlüssels im Türschloss der Eingangstür vernahm, schnellte der Kopf des Teenagers hinauf, bevor er sein Buch unsanft neben sich auf die grauen Polster beförderte und vollgas in Richtung Eingangshalle sprintete, um dort seinen Vater mit einer kurzen Umarmung zu überrumpeln, kaum war dieser durch die große Tür getreten.

" Hey, Bambi.",
begrüßte der Mann seinen Sohn und wuschelte durch dessen hellbraune Locken.

Auf die ganzen Spitznamen, auf die Tony seinen Sohn mit der Zeit taufte, ging Peter schon gar nicht mehr ein.
Bambi, Bambino, Tesoro (auch Tesorino), Ragazzino...
Er wusste nicht weshalb, aber es hatte schon seit geraumer Zeit eine beruhigende Wirkung auf den Teenager.
Ebenso war es einer der wenigsten Fälle, seinen Dad seine Muttersprache reden zu hören.

" Dad, du glaubst gar nicht, wie laaaangweilig mir war...", grummelte Peter und zog das 'lang' in 'langweilig' metaphorisch in die Länge. 

Der Ältere entfernte sich wieder von seinem Sohn und warf sein schwarzes Jackett achtlos auf den kleinen Sessel, der zwischen Garderobe und einer Dunklen Kommode stand.

" Wenigstens steht das Haus noch...", meinte Tony und drehte sich lächelnd zu seinem Sohn um, der ihn erst empört an blickte, dann jedoch lachend seinen Kopf schüttelte.

Tony schlug den Weg in Richtung Wohn- und Esszimmer ein.
" Schon was gegessen, Bambino?", fragte der Geschäftsmann, während Peter ihm folgte und den Kopf schüttelte.

" Nope, aber du bist gerade erst nach Hause gekommen, ruh dich aus, Dad.", antwortete der Sechzehnjährige, der im Moment eh nicht viel Hunger hatte.

Seufzend ließ sich Tony auf die graue Couch fallen, auf der locker ein Dutzend mehr Tonys hätten sitzen können, schnappte sich die dünne Fernbedienung des riesigen Flachbildfernsehers und schaltete diesen ein,

" Hast wohl recht, Kleiner. Aber in einer Stunde fang Ich an, okay?"

" Okay.", sagte Peter und nickte, bevor er sich abwandte und seinen Dad seine geliebten Action- und Science-Fiction-Serien in aller Ruhe schauen ließ.

Peter hatte noch ein mysteriöses Tagebuch zu übersetzen.

**

»29. Mai, 1980

Tagebuch,

So fängt man doch solche Einträge an, oder?

Ich habe recht wenig Ahnung von dem, was Ich hier tu, aber Meine Mutter hatte gemeint, es wäre eine gute Idee, ein Heft mit meinen Gedanken zu füllen.
Als ob es wohl so schwierig wäre, ihrem Sohn zuzuhören, aber sie ist immer viel zu beschäftigt, um sich mir auch nur irgendwie zuzuwenden.

Naja, Ich glaube, Ich sollte simpel anfangen:

Mein Name ist Antonio Carbonelli.

Ich habe noch einen Zweitnamen, der mir aber ziemlich egal ist.

Ich bin am 29. Mai 1970 geboren.
Zu meinem Unglück in eine Familie, in der Ich Väterlicherseits als Unfall gelte.
Mein Vater ist einer dieser reichen Säcke, die sich als weitaus mehr sehen, als sie tatsächlich sind.

Ich lebe, seit Ich denken kann, in Florenz.
Meine Eltern sind ständig unterwegs und Ich muss währenddessen den Haushalt übernehmen.

Warum das keine Putzkräfte und was weis Ich tun?

Sagen wir mal so, mein Vater ist ein grimmiger Geizhals, je mehr Geld, desto besser, laut ihm.

Zu aller Überraschung lässt er mich auf ein lokales Internat gehen, in die Grundstufe.
Dank meiner Mutter, die ihn dazu noch überreden konnte, aber was hat ein Zehnjähriger schon zu sagen?

Und weshalb schreibt ein Zehnjähriger darüber, wie verschoben seine Familie ist, anstatt mit anderen Kindern durch den Park zu rennen?

Vielleicht weil Ich so etwas nicht mache und auch überhaupt nicht darf. Mein Vater besteht darauf, dass Ich mich so erwachsen wie möglich verhalten und arbeite.

Er kontrolliert mich sozusagen, was mich aber nicht davon abhält, nachts in die Garagen zu schleichen um Dinge zu bauen.
Ein Hobby, das Ich nicht zur Schau stellen darf, da Ich sonst auf der Straße landen würde.

Meistens zählt das Wort meiner Mutter nicht...«

" Peter! Komm, Essen ist fertig!", hörte der Teenager seinen Vater aus dem Erdgeschoss rufen, was ihn aus seiner vertieften Übersetzungsarbeit riss.
Schon seit fast über einer Stunde saß er am Schreibtisch, das Tagebuch des Italieners aufgeschlagen, eine Website zum Übersetzen am Laptop laufend und einen Block, auf dem das Über setzte stand, lagen allesamt ausgebreitet auf dem Tisch.

" Ich komme!"

Schnell Räumte Peter alles ordentlich auf die Seite, um in den Esszimmerbereich zu stürmen, seine Gedanken durchgehen am Tagbuch hängend.

»Eine Hand voll Sterne« [IronDad]Where stories live. Discover now