18. Dezember 18.36 Uhr

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Wieder nickte Ethan. „Paul," schoss es ihm durch den Kopf. Ob er den Namen mochte oder nicht konnte er noch nicht sagen.
Herr Schröding sah Ethan erwartungsvoll an. Er räusperte sich.
„Herr Schröding... Paul, ich weiß nicht wie lange ich erzählen kann und wieviele ihrer Fragen ich beantworten kann. Nicht dass ich es nicht wollte, aber mein medizinischer Zustand... Sie verstehen."
Paul nickte.
„Ich will dich auch garnicht lange aufhalten, es ist nur, naja, Maurizius ist mein Sohn, du versteht sicher, dass er höchste Priorität in meinem Leben hat."
Ethan musste schlucken. Hatte er höchste Priorität im Leben seiner Mutter? Eine Beklommenheit machte sich in seinen Gliedern breit. Ja, seine Mutter liebte ihn, aber wirklich so sehr? War es überhaupt möglich jemanden aufrichtig und bedingungslos zu lieben? Vielleicht war alles nur Biologe im Gehirn. Würden Eltern ihre Kinder mögen, wenn es nicht ihre Kinder wären? Diesen furchtbar widerwärtigen Gedanken verdrängend, blickte er Paul an und gab ein, wie er hoffte, einfühlsames und verständnisvolles „mhm" von sich.
Als er realisierte, dass Paul nicht vorhatte weiterzusprechen, sondern auf Ethans Antwort wartete, räusperte er sich.
„Wenn Sie... also du willst, würde ich mit dem Abend vor dem Mord beginnen."
Paul zuckte merklich zusammen, sagte aber nichts. Es war interessant zu sehen welche Auswirkungen ein simples Wort mit vier Buchstaben auf Menschen hatte.
„Nun," fuhr Ethan fort „gestern Abend war alles noch normal. Verhältnismäßig normal, versteht sich. In einer Klinik ist nie alles normal." Seine Gedanken drifteten ab und hin zu Valentin. Dieser war auch vor der Nacht schon von innen heraus zerfressen. Und jetzt wurde sein lebloser Körper buchstäblich von Maden zerfressen.
Ethan fing sich wieder.
„Jedenfalls, es gab Erbsen und Kartoffelbrei mit irgendeiner komischen Soße zum Abendessen. Ich hab immer als letztes gegessen, aber an diesem Abend hat Maurizius mit mir gegessen. Wir haben nicht gesprochen oder so. Wir saßen nicht mal nebeneinander. Aber er hat mich angelächelt und die Augen verdreht. Also wegen dem Essen. Und ich hab zurück gelächelt und genickt. Wir haben uns wohl auch so verstanden."
Zum ersten Mal seit er begonnen hatte zu sprechen kam Ethan in den Sinn, dass er Maurizius' Vater möglicherweise garnicht an seinen kleinen Anekdoten interessiert war. Was kümmerte es ihn, dass Ethan und Maurizius sich angelächelt hatten? Sollte er lieber über den Gesundheitszustand von Maurizius reden? Aber was genau wusste er denn darüber? Warum redete Herr Schröding nicht einfach mit einem Arzt?
Als hätte Paul seine Gedanken gelesen, begann er zu sprechen.
„Es muss verwirrend für dich sein mir solche Geschichten zu erzählen, aber bitte erzähl einfach weiter. Ich höre gern wie gut du dich mit meinem Sohn verstehst und es bedeutet mir viel, dass du hier mit mir sitzt. Weißt du Ethan, in letzter Zeit hatte ich wenig Kontakt mit Maurizius, deshalb möchte ich einfach hören wie es ihm geht, was er so macht, was für ein Mensch er so ist."
Ethan staunte. Maurizius und sein Vater hatten beide ein Talent für sozialen und emotionalen Umgang mit Menschen. Wie sie es beide schafften immer das Richtige zu sagen...
„Okay."

Was darf ich hoffen?Where stories live. Discover now