Ich hasse Geburtstage

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Wenn es eines gab, was Deria hasste, waren es Feiertage. Besonders ihr Geburtstag, Weihnachten und Silvester zählte dazu. Normalerweise weinte sie an jedem dieser Tage früher oder später, weil sie sie einmal mehr daran erinnerten, dass sie von ihrer Familie verstoßen wurde und wie einsam sie sich wirklich fühlte. Naohito hielt sein Versprechen und war tatsächlich mehr für sie da, aber es war nicht dasselbe. Im Grunde kannte er sie gar nicht wirklich. Niemand kannte sie wirklich.

„Guten Morgen Geburtstagskind!"
Deria hob verwirrt und müde ihren Kopf, als sie in die Küche lief. „Ach stimmt, da war ja was.." grummelte sie und setzte sich an den Tisch, ehe sie ihre Durcheinander an Haaren zurückstrich.
„Wieso denn bloß immer so ernst? Nicht heute meine Liebe! Ich habe gute Nachrichten." lächelnd setzte sich Naohito gegenüber von Deria. Er hatte sich in den letzten 9 Jahren, in denen Deria schon bei ihm lebte kaum verändert- bis auf seine Haare und den Bart, die langsam ergrauten. „Ach ja?" Sie nahm ihre Wasserflasche und trank einen Schluck, während sie sich genervt von der Sonne, die ihr mitten ins Gesicht schien, wegdrehte. Sie hasste Sonne. Eigentlich widersprüchlich, da sie mitten im Sommer geboren war. Man sagte doch, dass wären „Sommerkinder"?
Ihre sehr blasse Haut mit ein paar leichten Sommersprossen auf ihrer Wange und ihrem Nasenrücken und ihre dunklen, langen Haare sagten ebenfalls etwas anderes. Sie sagten nämlich, dass sie kaum hinausging, und das stimmte auch. Sie hasste es draußen. Zu viele Menschen. Sie hasste Menschen. Ganz anders als sie ein Kind war. Damals sehnte sie sich nach einer menschlichen Seele, doch nach bald 10 Jahren in Tokyo wurde ihr das alles zu viel. Sie zog sich immer mehr freiwillig zurück, versank in ihren Büchern und wenn sie hinaus ging, dann an wenig besuchte Orte, an denen sie sich an ihren Fähigkeiten üben konnte. Sie war bereits 17 und konnte immer noch nicht verstehen, was genau nun ihre spezielle Kraft war. Sie wusste bloß, dass sie eine unglaublich zerstörische Funktion hatte. Manchmal glaubte sie, es wäre die Dunkelheit und das Böse selbst. Nicht einmal vergleichbar mit der Fluchenergie von Flüchen Rang 1 oder Sonderflüchen. Naohito unterrichtete sie wann immer er konnte, erzählte ihr Geschichten über frühere Missionen und Flüche. So oft es ging nahm er sie auch auf Missionen mit, ließ sie manche alleine erledigen, und es war immer dasselbe. Sie sah die Furcht in deren Augen - wenn sie welche hatten, das eiskalte Grauen, die Gänsehaut, die Angst, den Tod.

Die grünäugige Schönheit wurde von Naohito aus ihren Gedanken gerissen. Du wirst ab morgen endlich eine Schule besuchen!
„Was?" Sie dachte, sich verhört zu haben. Schule kannte sie nur aus Deutschland. Bis sie 8 war, besuchte sie für 2 Jahre eine Grundschule. Sie hatte es dort gehasst. Nur zu oft wurde sie von den anderen Kindern ausgeschlossen und als Freak bezeichnet, nur weil sie ihnen zeigen wollte, was sie kann. Sie bekamen es mit der Angst zu tun und meldeten es ihren Eltern und der Klassenlehrerin. Gott sei Dank hielten diese es nur für ein Hirngespinnst, doch ihre Eltern wussten es besser. Immerhin kannten sie um die Kräfte ihres langjährigen Freundes, auch wenn sie es nicht unterstützten. Ignorant, altbacken und stur zeigten sie sich immer, wenn es darum ging.
„Ja!" Naohito lächelte. „Ich dachte das würde dich freuen. Du würdest endlich unter gleichaltrige oder fast gleichaltrige kommen. Ich habe schon alles mit Yaga abgesprochen, ich kenne ihn noch aus meiner alten Schulzeit, er ist nun Rektor. Die städtische Fachoberschule für Magie in Tokyo ist wirklich ausgezeichnet, glaub mir. Es wird dir gefallen!"

„Ich... also, das kommt unerwartet-" Deria seufzte. „Ich weiß ja nicht..."

Naohito sprach: „Ach komm schon! Versuch es wenigstens. Du brauchst in dieser Welt einen Abschluss, Deria. Sowohl in der Welt des Jujutsu als auch in der normalen Welt. Entscheide dich. Entweder eine stinknormale Schule oder das Jujutsu Internat."

Sie verzog ihre Augenbrauen. Sie wollte ihre Kräfte besser kennenlernen und ihr Potenzial ausreizen, das stimmte. Sie hatte das Gefühl, dass mehr dahintersteckte, und ihre Intuition täuschte sie selten. //Ein Internat auch noch...//
Seufzend gab sie nach. „Also gut. Dann die Jujutsu Schule." Innerlich triumphierte Naohito.
Deria war nicht nur talentiert, sondern auch außergewöhnlich intelligent. Er sah sie in beiden Welten erfolgreich, doch in seiner eigenen puschte es bloß sein Ego.
Breit grinsend stand er auf und holte einen fertigen Erdbeerkuchen, überzogen mit Zartbitterschokolade hervor, darauf eine brennende Kerze. Deria konnte nicht umhin, zu schmunzeln. Er meinte es ja nur gut.
„Der sieht gut aus..."
„Ja, den hab ich gestern im Supermarkt ergattert!"
//Öh...// Deria schüttelte nur ihren Kopf und gab sich zufrieden. Hauptsache Kuchen.
„Na jetzt wünsch dir was, Madame!"
„Jaja..." Deria schloss die Augen und wünschte sich tatsächlich etwas. Danach öffnete sie diese wieder und bekam von Naohito ein großes Stück aufgetischt. „Danke." bedankte sie sich und begann, zu essen.

„Oh- nur damit du es weißt, ich fahre dich später zur Schule, also pack bis dahin alles zusammen. Vielleicht auch deine Dekoration, immerhin bekommst du dort auch ein eigenes Zimmer."

„Ach wirklich?" Sie schwelgte wieder in Gedanken. Zumindest hätte sie dann einen Rückzugsort für sich alleine, ohne ihr Zimmer mit jemand anderem zu teilen. Das waren gute Aussichten.
„Yep! Außerdem bist du dann im ersten Jahr. Insgesamt sind es drei Jahre. Ich habe Yaga weitergegeben, dass er dir bald einen Rang zuteilen soll."
Nickend schluckte Deria. Naohito war ein Jujuzist von Rang 1.

Wenn die Dunkelheit mich nicht einholtWhere stories live. Discover now