WOLF IN SHEEP'S CLOTHING

433 85 79
                                    




Jeongguk wusste, dass etwas schief gehen würde, wenn er den Weg über die Gebirgskette nehmen würde. Diese Wege waren unbefestigt und er musste langsam fahren, um mit den Wagen nicht durch jedes Schlagloch zu brettern.

Er hatte das Radio schon seit einer halben Stunde ausgeschaltet und seitdem auch nicht mehr aufgehört auf seiner Lippe herum zu kauen. Die stündlichen Nachrichten hatten ihn nervös gemacht. Genauso wie die Durchsagen an welchen Straßen die Polizei ihre Kontrollen durchführte. Keines davon konnte er gebrauchen, um ruhiger zu werden.

Fünfundzwanzig Atemzüge pro Minute.
Fünfzehn waren das Normalmaß.

Die Sonne stand direkt über ihm und fiel durch das kupferfarbene Laub der Bäume auf den Sandweg. Es war kein Nebel. Was sollte man um zwölf Uhr Mittags auch erwarten? Vielleicht war es der Angstschweiß, der in seinen Augen brannte und seine Sicht verschleierte.
Zumindest bemerkte er das Schlagloch erst kurz bevor er es mit ganzer Wucht mitnahm. Etwas knackte und betete, dass das nichts zu heißen hatte.

Mit zehn Stundenkilometern zu flüchten, glich einer sehr langsamen Folter. Und Jeongguk war sich sicher, dass ihm folgendes niemals passiert wäre, wenn er nicht gefangen wäre, in dem Druck den Wagen heil zu lassen.

Die Klimaanlage kühlte die Schweißperlen auf seiner Stirn aus, aber trotzdem griff er mit einer Hand in seine Hosentasche, zu einem Taschentuch. Es war ein Bruchteil einer Sekunde, in der er auf das Faserweiß starrte und sich die Augen trocknete. Ein Bruchteil, in dem das Gelb des Käfers mit dem Herbstwald verschmolz und Jeongguk schwerfällig wie ein Elefant in die Schnauze des Oldtimers krachte.

Der Aufprall war nicht heftig - er war ja nicht sehr schnell gefahren -, rüttelte ihn aber trotzdem wach. In Paralyse starrte er vor sich auf die Motorhaube, bevor ihn das Leben an der Schulter packte und den Rückwärtsgang einlegte.

„Scheiße", murmelte er. „Scheiße, scheiße, scheiße..." Immer lauter.

Dreißig Atemzüge pro Minute.
Fünfzehn war das Normalmaß.

Mit einem Blick in den Rückspiegel stieg er aus und näherte sich vorsichtig dem Wagen. Eigentlich hatte er keine Zeit dafür. Und es war egal, ob er das jetzt tat oder nicht. Strafbar hatte er sich sowieso schon gemacht.

Es war ein kleines Auto. Ein kleines Auto ohne Fahrer.

Gerade als Jeongguk bei der Karosserie angekommen war, brach jemand aus dem Gestrüpp auf der gegenüberliegenden Seite. In der einen Hand hielt er den Autoschlüssel, mit der anderen schloss er seinen Gürtel.

„Was zum...?"
Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern sah zu seinem Käfer, zu Jeongguks Wagen, zu Jeongguk und wieder zu seinem Käfer.
„Du hast ihn kaputt gemacht", stellte er dann langsam fest und fing verwirrenderweise an zu grinsen.

„Es... es tut mir so Leid", erwiderte Jeongguk sofort und sah rasch über seine Schulter. Er war ein Dieb, ein Verbrecher, aber kein Arschloch. Auch wenn ihn diese Erkenntnis kein wenig beruhigte. „Ich hab nicht richtig aufgepasst. Aber es ist... nur eine kleine Delle."

Der junge Mann, dem der Käfer offensichtlich gehörte, lief um sein Auto einmal herum und begutachtete ausgiebig die Stelle. Etwas gelber Lack war abgesplittert, doch ansonsten schien alles noch intakt zu sein.

„Ich versteh was von Autos. Wenn Sie wollen, kann ich mir ansehen, ob der Motor oder etwas anderes beschädigt worden ist", schlug Jeongguk vor und fing automatisch an zu zittern, als in seiner Vorstellung der Mann ablehnte und die Polizei rief.  Doch er holte nur tief Luft und sah ebenso wie Jeongguk auf den Weg, der hinter ihnen lag.

„Ja... das wäre sehr nett. Ich bin übrigens Taehyung", lächelte er und reichte Jeongguk die Hand. Immer noch zitternd ergriff er sie und zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln.

Wolf in sheep's clothing  ⇢  taekook oneshot Donde viven las historias. Descúbrelo ahora