42. zweifel über zweifel

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"Dreifach geölte Beulenpest!", fluchte Nerv, wobei einige seiner Wörter durch die rapiden und plötzlichen Bewegungen, die er in Richtung Ballkäfig machte, nur genuschelt herauskamen. Er griff sich einen und drehte ihn aufgeregt zwischen seinen Handflächen, die Augen auf der Suche nach der Zielscheibe durch den Hof huschend.

"Nerv!", rief Raban, nachdem er offensichtlich erkannt hatte, wo das erste Ziel sich aufgetan hatte, eindringlich. "Da oben im Baum!"

Der Kopf des kleinen schnellte zu dem Punkt auf den der Erfinder zeigte. Er zögerte nicht und schmiss seinen Ball ein Stück in die Luft. Wie er es in seinem Kinderzimmer und im Garten schon so oft geübt hatte, wollte er einen perfekten Seitfallflugvolley performen, sprang aber ein wenig zu spät ab, wodurch er den Ball nur noch ganz knapp mit der Fußspitze erwischte. Dieser kleine Fehler reichte aus, damit die Kugel wenige Zentimeter an der Zielscheibe vorbeiflog. Nervs Stirn legte sich in Falten, seine Stimme klang hilfesuchend und Juna konnte erkennen, dass sich Tränen in seinen Augen sammelten. "Leon", flüsterte der Kleine.

Und in diesem Moment wurde der Bogenschützin klar, wie erwachsen Leon in den letzten Jahren geworden war. Von dem arroganten und egoistischen kleinen Kind war schon lange nichts mehr übrig geblieben. Anstatt andere für ihre Fehler zu verurteilen und sie ihnen unter die Nase zu reiben, versuchte er sie dazu ermutigen es erneut zu versuchen. Und genau das tat er auch mit Nerv, er lächelte ihm motivierend zu und nickte. "Das schaffst du!"

"Du bist mein Bruder!", fügte Maxi, der seinen Platz neben Marlon verließ und sich neben den Ballkäfig stellte, aufheiternd hinzu.

"Und ob ich das bin!", grinste Nerv stolz, wodurch Junas Herz einen kleinen Hüpfer machte. Ein unbewusstes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie die beiden Jungs so sah. Ihre beiden Brüder so sah. "Ich bin Maxis Bruder!"

"Hier-", rief der Maximilian Junge, der einen Ball aus dem Käfig gefischt hatte und ihn dem kleinsten Kerl in hohem Bogen zuwarf. "-Auf dem anderen Baum!"

Nerv wartete nicht, sondern schmiss den schwarzen Fußball ein weiteres Mal hoch in die Luft. Viel kalkulierter und selbstbewusster als zuvor drückte er sich mit Schwung vom Boden ab und lehnte seinen Körper nach links. Sein Fuß traf die Kugel im perfekten Winkel und mit voller Kraft, wodurch diese direkt auf die Zielscheibe geschleudert wurde, die daraufhin nach hinten klappte.

"Den schaffst du auch noch!"

Ein weiterer Ball flog gezielt durch den Hof von Ragnarök, direkt rechts neben die Tribüne, wo sich eine weitere Scheibe aufgetan hatte. Mit einem lauten knall schnellte die ausgefahrene Platte zurück in ihre Halterung, was einen weiteren Punkt für die Wilden Kerle bedeutete.

"Das war die Zwei!"

"Das war gut!", rief Maxi und warf ihm einen weiteren Ball zu.

Juna hatte keine Ahnung, wie ihr kleiner Bruder solch präzise Schüsse ausführen konnte und noch dazu in solch einer Geschwindigkeit. Klar, sie hatte ihn schon oft dabei beobachtet, wie er sich an schwierigeren Tricks und ähnlichem probierte, aber bisher noch nie bemerkt wie talentiert Nerv wirklich war.

Auch ihre Pupillen huschten auf der Suche nach dem nächsten Ziel über den Hof und genau als ihre Augen den größten der Wachtürme streiften, klappte dort eine Zielscheibe aus. "Auf dem Turm!", rief sie bloß, doch das reichte aus, damit Nerv den nächsten Ball in die besagte Richtung schoss. Wieder traf er mit Leichtigkeit.

"Super Nerv, das war klasse!", jubelte Joschka, der zur selben Zeit einen weiteren Punkt bemerkte. "Du hast schon drei und das vierte ist da auf der Mauer!"

Wenige Sekunden waren übrig, als Nerv den schwarzen Ball in die Luft warf und sich kräftig vom Boden abstieß. Für Juna fühlte es sich an, als hätte jemand die Zeit verlangsamt. Ihr Blick lag auf dem kleinsten Kerl, der seinen Körper in der Luft nach rechts drehte und der Kugel mit seinem Fuß mit voller Kraft entgegen trat. Und genau zur selben Zeit, als der Ball aufprallte, sickerte das letzte Korn der Sanduhr nach unten.

𝐏𝐑𝐈𝐍𝐂𝐄𝐒𝐒 | markus von theumerWhere stories live. Discover now