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irgendwann, als die sonne den platz des mondes eingenommen hatte, entschlossen sich beide, bisweilen noch unbekannte seelen den ort der gefühle zu verlassen und eine andere, nicht minder geliebte stätte aufzusuchen. draußen wüteten schneestürme, der wind war kälter geworden. es war zeit für ein zartes rendez-vous mit dem köstlichsten glühwein der stadt. im dunkel der nacht, inmitten all der am himmel stehenden sterne und dem stolzen schwarzmond, stand verloren ein kleiner glühweinstand- am unbekanntesten orte und doch blieb er nie lange unbesucht. besagten platz suchten nun auch selenite und aster auf. das mädchen weckte sanft den älteren verkäufer und unterhielt sich momente mit ihm. gehüllt in mehrere decken, mit wollmütze und weich-warmen handschuhen geschmückt, schien der herr keinesfalls anfällig für die kälte zu sein, was wahrscheinlich seiner vorfahren zuzuschulden war. in russland, so vermutete sie aufgrund seines ausgeprägten akzentes, kannte es wohl niemand anders. ganz im kontrast war dies bei aster. aster hatte zuvor stunden auf dem zugefrorenen see verbracht. selbst der kaffee war kalt und ungenießbar geworden. aster brauchte dringend einen wärmespendenen glühwein. nachdem der eislaufende stern sich eben jenes getränk ergatterte, stand er nun am rande einer verzierten holzbank mit glühwein und zigarette in händen. zug um zug nahm aster von der beruhigenden droge; entließ die verträumtesten rauchschwadengeschöpfe in die kalte nachtluft. selenite, sie stand an einer alterbauten laterne nahe des nun wieder schlafenden mannes gelehnt und betrachtete das meer der sterne, die funkelnden schönheiten, während nur einige meter neben ihr aster stand. aster beobachtete den schwarzmond, der in vollster pracht die nacht beehrte. es war ironisch-reizend wie sie sich indirekt gegenseitig beobachteten. wie der mond von den sternen wie geblendet schien und die sterne die aufmerksamkeit nicht von der luna nehmen konnten. dereinst, eventuell als die rauchschwaden asters selenite umgaben und sie in fernste universen zu versenden drohten oder als sich aster am glühwein verschluckte, vielleicht aber auch erst, als der alte herr russischer herkunft im schlafe zu singen begann und damit beide seelen aus ihrer persönlichen entrückung geworfen hatte, wurden mond und stern, selenite und aster aufeinander aufmerksam. mit einem sanften lächeln begann das stille gespräch beider und endete mit den schönsten wortverknüpfungen, die nur die beiden zu verstehen schienen. als beider glühwein irgendwann ausgetrunken, asters dritter zigarettenstummel den boden schmückte und die grazilen finger verlassen hatte, spazierten sie gemeinsam durch die nacht. eine schwarzmondnacht wie sie noch niemand erlebt hatte. später erspähte selenite heimlich eispfützen und konnte nicht verhindern, mit ihren stiefeln jene zu zertreten, eine angewohnheit, der sie schon seit frühesten kindestagen nachzugehen pflegte. ein raues lachen erklang und sie drehte ihren kopf zum ursprung des herzenswärmenden lautes. asters augen strahlten so hell wie das licht, welches sie stunden zuvor gerettet und erneut in die welt der glücks- und hochgefühle geschickt hatte. und allmählich wurde ihr klar, dass der mensch ihr gegenüber der grund dafür war. und allmählich glaubte sie ihrer großmutter und dem herzlichen herrn, der so oft am glühweinstand einschlief, dass es seelenmenschen gab, die an einander dachten, ohne zu wissen, dass sie wahrhaftig existierten. nach wenigen sekunden entwich selenite der trance ihrer gedanken und es formte sich ein stetig ausbreitendes lachen auf ihren zartblassen lippen. so also lachten aster und selenite mitten in die stumme nacht hinein und mit sicherheit waren die rauen und die sanften klänge noch meilenweit zu hören. das hellblonde haar selenites zierten unmengen schneeflocken und ließen es im sternenschimmer noch strahlender wirken. aster mochte ihr haar, sie ließen die blau-grünen augen heller strahlen und umrahmten die blasse haut.
selenite dachte nicht minder entzückt von aster. deren finger so elegant, gar grazil, möchte sie meinen, dass ihr schon die definition von eleganz konkurrenz machte; die imperfektionen eines solch perfekten sternes machten ihn nur noch bewundernswerter. aster und selenite schienen wie verzaubert; die magie des winters hatte sich in beider herzen geschlichen und in eine unbekannte welt, vernab jedweder pflichten, verantwortungen und dunklen gedanken geschickt. eine zaubrische verbindung entstand zwischen den beiden individuen, die viel schöner war, als das geräusch des schnees unter ihren füßen. eine verbindung, die die am himmelszelt währenden sterne und monde in den schatten stellten, das licht der auf der erde, in jenem winterwunder wandernden kosmischen schönheiten übertrupfte. und jene verbindung wuchs zu einer freundschaft heran, die an aufrichtigkeit, intimität und gefühl wohl kaum zu übertreffen war. stern und mond waren im universum unzertrennlich und so war es letztlich auch bei aster und selenite. fortan würden sie in allen nächten jenes rettende licht sein, das der welt ein warmes lächeln in kältesten zeiten zu schenken vermochte.

s c h w a r z m o n d b a l l e t t

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schwarzmondballettWhere stories live. Discover now