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Parker Weston beobachtete von der Bar aus das ungleiche Paar, das gerade anstieß und dabei lachte, während sein Chef ein schnaubendes Geräusch von sich gab. Das lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Johnes, der seinen Whiskey on the Rocks mit einem Schluck herunterspülte. Sie saßen auf zwei Hockern direkt an der Club-Bar, die in das Restaurant integriert war.

„Wäre dieses Weib nicht aufgetaucht, hätte ich Velton mühelos überreden können, uns ein paar Tipps zu geben", murmelte er in sein Glas. Irritiert betrachtete er seinen CEO und wartete, ob noch etwas folgen würde. Doch bei diesem Kommentar blieb es. Stirnrunzelnd sah er wieder zu Harry Velton und seiner Verabredung herüber. War Johnson also hierher gekommen, um ein paar Finanztipps zu bekommen? Und wenn ja, warum zum Teufel musste er dann auch hier in diesem Golf Club sitzen? Was hatte er als Vice CTO mit den Finanzen zu tun? Dafür gab es einen CFO und eine ganze Abteilung. Anstatt jetzt zuhause auf dem Sofa das Basketballspiel der New York Knicks gegen die Atlanta Hawks verfolgen zu können, steckte er hier fest und hatte keine plausible Erklärung, warum er genau jetzt nach Hause musste.

„Kann er sich seine Gespielin nicht einfach direkt ins Hotelzimmer bestellen?", fragte Johnes genervt. Dieser Kommentar bewog Parker erneut dazu, den Blick auf seinen Chef zu richten. „Sie ist seine Gespielin? Hat Velton sie denn als diese vorgestellt?", fragte er.

„Was?" Irritiert sah Johnes Parker an und blinzelte, als fiel ihm erst jetzt wieder ein, dass er nicht allein hergekommen war. „Nein, natürlich nicht. Aber sie ist mit Sicherheit ein Callgirl. Ich mein sehen Sie sich doch mal die Frau an." Er deutete wenig unauffällig auf die schwarzhaarige Frau. Parker hoffte, dass keiner der beiden gerade in ihre Richtung sah. „Mit so einem Aussehen wird sie ihr Geld wohl kaum mit Buchführung verdienen." Parker musterte seinen Chef aufmerksam. Er wusste, dass Johnes schon drei Drinks bestellt hatte und seine Alkoholtoleranz nicht so sehr ausgeprägt war, wie er es hoffte. Sprach da also gerade der Alkohol aus ihm?

„Wissen wir denn, wie sie heißt?"

„Das Weib? Nein." Parker sah, dass sein Chef nachdachte. „Er hat ihren Namen genannt, als er sie mir vorgestellt hat, aber da hab ich gerade nicht zugehört. Begrüßt hat er sie aber mit: ‚Meine kleine Blume'." Das klang für Parker nicht unbedingt nach einem Spitznamen, dem man einem Callgirl geben würde. Dennoch konnte er nicht abstreiten, dass sie umwerfend schön aussah.

Er hatte sie fast augenblicklich, als sie das Restaurant betreten hatte, gesehen. Sie hatte eine helle und von weitem nach zu urteilen reine Haut. Sie war schlank und grazil, hatte lange Beine und weiche Rundungen an den richtigen Stellen. Er hatte gar nicht wegsehen können. Ihre kurzen schwarzen Haare hatten im weißen Licht der Deckenlampen seidig geglänzt, aber es waren ihre intensiv blauen Augen gewesen, die sofort seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatten. Doch während er sie angesehen hatte, hatte sie sich einzig und allein auf den älteren Herren konzentriert, mit dem sie nun am Tisch saß. Ein Lächeln war über ihr Gesicht gehuscht, als sie ihn gesehen und lachen gehört hat. Ein fast schon zärtliches Lächeln. Sie mussten also mehr als flüchtige Bekannte sein. Und während sie all ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt gerichtet hatte, hatten ihr unzählige Personen hinterhergestarrt. Männer sowie Frauen. Doch das schien sie entweder nicht bemerkt zu haben, oder sie war es schon gewohnt und ignorierte es daher einfach.

„Sie wirken sehr vertraut miteinander. Ich denke nicht, dass sie einfach nur ein Callgirl ist."

„Dann ist sie eben eine andere Dahergelaufene, die Velton schon eine Zeit lang an der Angel hat." Voller Unmut betrachtete er seinen Vorgesetzten. Es gefiel ihm nicht, dass er einfach so herablassend über die Frau sprach, ohne sie wirklich zu kennen. Er hatte ja noch nicht mal ihren Namen mitbekommen, weil er in diesem Moment bestimmt mit der Musterung ihrer Brüste beschäftigt gewesen war. Parker runzelte die Stirn. Jetzt war er nicht besser und beschuldigte seinen Chef indirekt des Gaffens. Er musste eindeutig hier weg.

„Wenn wir hier nichts mehr tun können, sollten wir langsam zurückfahren", schlug Parker vor. Johnes nickte, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Stattdessen holte er sein Smartphone aus der Tasche und begann darauf herumzutippen.

Parker suchte einen Kellner, um zu bezahlen, da der Barkeeper gerade hinter einer Tür in ein Nebenzimmer verschwunden war, als er plötzlich in ein hellblaues Augenpaar blickte. Doch während er den Blick nicht abwenden konnte, schien sie durch ihn hindurchzusehen und stellte sich neben ihn an den Tresen.

Die Frau hielt nach jemanden Ausschau, verschränkte die Arme auf dem Tresen und begann mit den Fingern auf das polierte Holz zu klopfen. Parker überlegte, ob er ihr sagen sollte, dass der Barkeeper gerade erst durch eine Tür verschwunden war. Doch er kam nicht mehr dazu. Die Frau warf noch einen Blick in beide Richtungen, um sicherzugehen, dass sie wirklich niemanden fand, dann streckte sie sich und griff über den Tresen. Als sie sich wieder zurücklehnte, hielt sie ein Geschirrtuch in der Hand. Sie drehte sich um und schien seinen Blick zu spüren, denn sie lächelte ihn kurz an und erklärte. „Verschütteter Martini. Macht sich nicht so gut auf Tisch, Hose und Möbelbezug." Dann ging sie an ihm vorbei wieder zu ihrem Tisch zurück.

Parker sah ihr hinterher. Sie hatte eine feste klare Stimme, ein geradezu absurd schönes Lächeln und aus der Nähe betrachtet wirkten ihre Augen noch strahlender. Ein angenehm frischer Duft hatte sie umgeben und die Zielgerichtetheit, mit der sie selbst nach dem Tuch gegriffen hatte, gefiel ihm. Sie wirkte... geradezu perfekt.

Als hätte ihn als Schlag getroffen, schloss Parker die Augen. Sie wirkte perfekt, ja, aber das konnte nur eines bedeuten. Sie gehörte wahrscheinlich zu der Sorte Mensch, die eitel, selbstverliebt und teilweise auch absolut rücksichtslos war. So sehr sie ihn in den ersten Augenblicken in ihren Bann gezogen hatte, jetzt hatte er die rosarote Brille abgelegt. Ein Callgirl war sie nicht, aber wer weiß, vielleicht hatte sie doch ihr makelloses Aussehen genutzt und Velton sowie andere Männer verführt, um dieses Aussehen auch in Zukunft halten zu können. Und selbst wenn sie all das nicht war. Selbst, wenn sich hinter dieser schönen Fassade doch noch mehr verbarg, dann würde sie einen Mann wie ihn niemals an ihrer Seite haben wollen. Er war zwar karrieretechnisch erfolgreich, aber leider vollkommen unordentlich, nahm sich selbst und andere nie zu ernst und hatte einen übertrieben ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Frauen wie sie erwarteten, jede Woche auf Partys der High Society zu gehen. Zu der gehört er aber nicht. Innerlich verpasste sich Parker einen Tritt. Wie hatte ihn so leicht ein hübsches Gesicht verzaubern können?

Innerlich seufzend wandte er sich seinem Boss wieder zu. „Mister Johnes. Wenn wir hier nichts weiter tun können, würde ich mich für heute verabschieden."

Mit gerunzelter Stirn sah sein Boss ihn nun an. „Sicher. Verschwinden Sie. Mit Meyers hätte ich sicherlich mehr Glück gehabt, aber der muss ja mit seiner Familie irgendwo in den Bahamas Urlaub machen."

Color of your BeautyWhere stories live. Discover now