Father Figures (Simi)

2. PIERRE

Nachdem Max sich nach und nach etwas von uns abkoppelte, war es fast schon komisch geworden niemanden mehr zu haben, der Ratschläge oder eine Schulter zum Anlehnen oder ausheulen brauchte. Aber diese Aufgaben hatte Daniel in seiner Rolle als Max fester Freund übernommen und auch alle meine Kontrollen, ob er denn auch Max gut behandelt und ihn so unterstützt, wie er es braucht, hatte er mit Bravour bestanden.

So kam es, dass ich instinktiv nach der nächsten Person Ausschau hielt, die unsere Hilfe benötigt. Meine Gefühle für einen ganz bestimmten deutschen Fahrerkollegen.

Wie eine Fruchtfliege, die um ein Stück Obst kreist, drehen sich meine Gedanken in jeder freien Minute nur um ihn. Egal ob beim Essen, beim Training im Kraftraum, wenn ich mich bei Besprechungen langweilte, unter der Dusche und ganz extrem, wenn ich abends im Bett liege und versuche einzuschlafen.

Peinlicher Weise war es Max, der jetzt wo er Glücklich ist, sich auch wieder auf andere Dinge konzentrieren kann, dem auffiel, dass ich mich verliebt habe und auch in wen. „Frag ihn doch einfach, ob er mal mit dir ausgeht.", schlug er mir gut gemeint vor, „Mehr als ‚nein' sagen kann er nicht und das halte ich für sehr unwahrscheinlich."

Diese Sätze wiederholte er immer wieder. Trotzdem kann ich meine Nervosität nicht abschütteln. Nervosität ist nicht etwas, was ich regelmäßig spüre, weswegen ich ja auch meinen Spitznamen ‚Iceman' weghabe.

Zum Ende der Saison 2016 nahm ich schließlich all meinem Mut zusammen und fragt meinen Angebeteten auf ein Date.

Seb schaute mich kurz verdutzt an, bevor er anfing zu lachen und antwortete: „Natürlich gehe ich gerne mit dir auf ein Date! Ich dachte schon, du fragst nie. Ich war kurz davor dich selber zu fragen."

Scheinbar war ich der letzte, der mitbekommen hat, dass es zwischen uns funkt und wir beide Interessen an etwas festem miteinander haben.

Ab dem Zeitpunkt lief zwischen uns alles am Schnürchen. Nach einigen Dates fragte ich ihn, ob er bereit ist mit mir eine richtige Beziehung einzugehen. Als Antwort warf er sich mir einfach um den Hals vor Glück und ab da sind wir zumindest hinter verschlossenen Türen oder gegenüber Max und Daniel unzertrennlich.

Die nächsten Monate verliefen nicht allzu anders, als die letzte Saison verlief, außer, dass ich nun sicher sein kann, dass entweder ich abends im Hotelzimmer auf Seb warte oder anders herum.

Unsere Sommerpause in der Saison 2017 ist wieder gut verplant. Ich ziehe mit meinem Schweizer Hausstand einige Minuten weiter zu Seb auf seinen Hof. Dort machten wir uns gemeinsam daran diesen weiter aufzubereiten für uns und ganz nach unseren Vorstellungen. Aus irgendeinem Grund verleitete uns ein Gefühl dazu, zu den bereits geplanten 3 Gästezimmern in unseren Hausteil noch 3 weitere zu planen auf dem alten Stroh- und Heuspeicher. Wir ließen dieses Gefühl einfach zu, denn in den letzten zwei Jahren haben wir bemerkt, dass unsere Gefühle oft einen Teil unserer nahen Zukunft zu kennen scheinen und wir ihnen vertrauen können.

Max ist mit Daniel glücklich, Seb und ich führen eine stabile Beziehung und eigentlich könnte die Welt nicht besser sein, als die Saison wieder Fahrt aufnahm Richtung Saisonfinale mit Seb auf einem guten Platz in der Tabelle und mit, zugegebenermaßen, kleinen aber immerhin vorhandenen Chance auf einen fünften Weltmeistertitel.

Doch auf einmal kam Bewegung in die Fahreraufstellung. Und zwar nicht erst für die nächste Saison, sondern bereits jetzt kurz vor dem Ende der Saison. Daniil Kvyat verlor seinen Platz bei Toro Rosso, nachdem er in der letzten Saison schon nach wenigen Rennen gegen Max ausgetauscht wurde und wieder ins Entwicklungsteam versetzt wurde. Der junge Franzose Pierre Gasly übernahm seinen Sitz. Nur ein Renner später wechselte Carlos Sainz jr. von Toro Rosso zum Renault Werksteam um dort den ganz ausscheiden Jolyon Palmer zu ersetzen. An seine Stelle kommt der Neuseeländer Brendon Hartley zu Toro Rosso.