Blondinen bevorzugt

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>> Hast du schon gehört? << rief Silvia mir atemlos entgegen. Sie warf sich so heftig auf ihren Bürostuhl, dass er ächzte. Wie fast jeden Morgen, war sie spät dran. Sie warf ihr langes blondgelocktes Haar über die Schultern und sah mich erwartungsvoll an. Ich löste meinen Blick langsam vom Monitor und starrte Silvia ratlos an. Da sie mich jetzt schon aus meiner Konzentration gerissen hatte, schüttelte ich verneinend den Kopf, um sie zum Weiterreden zu animieren.

>> Im Boning Park haben sie heute Morgen schon wieder eine Frauenleiche gefunden. Das ist jetzt die dritte in den letzten 3 Wochen. Wieder ganz übel zugerichtet. Oh man, das ist richtig unheimlich. Ein echter Serienkiller! Und das in unserer langweiligen kleinen Stadt. Ist ja irgendwie auch aufregend. Findest du nicht? << fragte Silvia sichtlich aufgeregt und zog plötzlich die Stirn kraus. >>Nein, keineswegs.<< entgegnete ich ruhig und sah sie eine Weile gedankenverloren an. Ihre Schwäche für Horror-und Slasher Geschichten konnte ich nicht wirklich nachvollziehen. Sie war fasziniert von Blut, Folter und grausamen Todesarten. Sie liebte Horrorbücher und Filme und war ständig auf der Jagd nach Nachschub. >>Sag mal, wohnst du nicht direkt am Park? Hast du keine Angst, wenn du abends nach Hause kommst? <<fragte sie plötzlich. >> Nein,<< sagte ich bestimmt, >> denn ich bin nicht der Typ, auf den er steht. Ich bin ja nicht blond. << erwiderte ich lässig und starrte dabei auffallend lange auf Silvias dunkelblond gelockte Haarpracht. Für kurze Zeit sprachlos, zog sie eine Schnute und streckte mir die Zunge raus.>>Fühl dich nicht zu sicher. Vielleicht ändert er seine Typvorliebe plötzlich. << Ich grinste. >> Ja, vielleicht... <<

In der Kaffeepause drehte sich Silvia zu mir um. >>Die Kollegen und ich gehen am Samstag in den P-One-Club. Hast du Lust mit uns zu kommen? Der Club ist wirklich klasse.<< Ich druckste um eine Antwort herum. Ich arbeitete erst seit 2 Monaten in dieser Firma. Da ich nach einer üblen Trennung nicht nur den Job, sondern auch den Wohnort gewechselt hatte, hatte ich in dieser neuen Stadt und bei der Arbeit noch nicht so viele Kontakte knüpfen können. Der Club wäre eine Möglichkeit neue Freundschaften zu knüpfen, allerdings war ich alles andere als ein Clubgänger. >>Ach, komm schon. Lerne ein paar von deinen neuen Kollegen besser kennen. Vielleicht ist ja jemand Interessantes für dich dabei? << bearbeitete mich meine überaus liebenswerte Kollegin, die mich schon am ersten Arbeitstag unter ihre Fittiche genommen hatte und seither tat, als hätte sie mich adoptiert. Ich seufzte und gab nach. >>Okay. Wann treffen wir uns? <<

Wider aller Erwartungen gestaltete sich der Samstag unglaublich spaßig. Sämtliche Kollegen aus meiner Abteilung waren heute mitgekommen und wir tranken, tanzten und feierten ausgiebig. Meine Kollegen waren allesamt gut drauf und mit dem ein oder anderen wechselte ich heute zum ersten Mal ein persönliches Wort. Ich fühlte mich wie auf Wolken, sehr beschwingt und auch sehr beschwipst. Heute Abend war es egal. Ich fühlte mich so wohl wie seit langem nicht mehr. Ich glaube, es war weit nach 3.00 Uhr morgens, als Silvia und ich uns auf den Heimweg machten. Wir waren fast die letzten im Club, verabschiedeten uns von einer anderen Kollegin, die offenbar gerade jemanden abschleppte und traten dann in die kalte Nacht. >>Ah, frische Luft. Wie herrlich. << leierte Silvia. Wir waren ziemlich angeschickert. Auf der Suche nach einem Taxi liefen wir die Straße hinunter und unterhielten uns über dies und das, aber an den üblichen Taxi-Warteplätzen stand weit und breit keines für uns. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir allein auf der Straße waren und wie ruhig es war.

>> Heute bekommen wir wohl kein Taxi mehr. Dann müssen wir wohl laufen. << bemerkte Silvia. Lachend gingen wir Arm in Arm weiter. Die Nacht war kalt, aber wir bemerkten die Kälte nicht und zogen laut singend durch die Straßen. Plötzlich standen wir vor dem Eingangstor zum Boning Park. Ich hatte gar nicht bemerkt, das wir in Richtung Park gegangen waren. >> Wir könnten die Abkürzung durch den Park nehmen. << meinte Silvia zögerlich. >> Na klar! Du hängst nicht sehr an deinem Leben, oder? Du weißt, doch was hier Schreckliches geschehen ist und willst trotzdem durch den Park gehen? << >> Ja, aber wir sind doch zu zweit. Du wohnst auf der anderen Seite des Parks und dort stehen zu jeder Tageszeit Taxis. << >> Dann lass uns außen herum gehen, verdammt. Das kann doch nicht dein Ernst sein. << Ich konnte es kaum glauben. Hatte die sie nicht mehr alle? Sie war doch diejenige, die sich gestern noch beklagte, das der Täter noch nicht gefasst war. Und jetzt wollte sie mal eben durch den Park? Weil es eine Abkürzung war? Echt jetzt? Der Park war seit den grausamen Morden abgesperrt worden. Niemand sollte da durchgehen und schon gar nicht nachts. Ich fühlte mich jetzt gar nicht mehr leicht und der Schwips war wie verflogen. >> Wenn wir außen herum laufen, sind wir fast eine Stunde unterwegs. Durch den Park brauchen wir nur 20 Minuten. Komm schon. Wir sind zu zweit und können aufeinander aufpassen. << >> Die Frauen, die man hier gefunden hat, hat man den Bauch aufgeschnitten, die Innereien herausgeholt und erst dann hat man ihnen die Kehle durchgeschnitten. In dem Park läuft ein Psychopath herum und du denkst wohl, die Polizei sperrt den Park, nur um dich zu ärgern? << Silvia verdrehte genervt die Augen und schon kletterte sie über das Tor. Das musste der Alkohol sein. Wie kann man nur so leichtsinnig sein? Unruhe macht sich in mir breit. Ich kann sie nicht allein durch den Park gehen lassen. Verdammt! Es war so ein schöner Abend und jetzt dieser Scheiß. Silvia war inzwischen schon auf der anderen Seite des Tores und kramte in ihrer Handtasche. >> Jetzt mach schon. Du willst mich doch nicht allein hier durchgehen lassen? Wenn sie dann morgen meine Leiche finden, wird es dir leid tun, dass du mich alleine gelassen hast. << Sie zog eine winzige Taschenlampe aus ihrer Handtasche und schaltete sie ein. Das kleine Ding gab ziemlich viel Licht ab. Als ich versuchte den Parkweg zu erkennen, fiel mir auf, das die Lichter der Laternen nicht brannten. Großartig! Ich seufzte und kletterte mühselig und mit wackeligen Beinen umständlich über das Tor. Der Alkohol zeigte doch noch seine Wirkung. >> Siehst du? In zwanzig Minuten wirst du darüber lachen. Dann liegst du bei dir zu Haus im Bett und ich sitz endlich in einem verdammten Taxi. So, wir folgen einfach dem Hauptweg. Und bleib dicht bei mir. << Ich atmete tief ein. >> Ich möchte nur noch mal anmerken, dass ich dagegen war und außen herum laufen wollte. << bemerkte ich leicht gereizt. Silvia griff meine Hand und zog mich den Weg entlang. >> Memme! << kicherte sie. Nach einigen Metern wurde es um uns herum stockfinster. Die Laternen der Straße erhellten nur die ersten Meter hinter dem Eingangstor. Meine Muskeln spannten sich an und ich lauschte angestrengt in die Nacht, während ich Hand in Hand mit Silvia durch den gottverdammten Psychokiller-Park ging. Silvia begann laut " Zehn kleine Jägermeister'' zu singen und kicherte ständig dabei. Vielleicht hielt sie es jetzt doch nicht mehr für eine gute Idee und sang so schräg und laut, weil sie doch langsam Muffensausen bekam. Jedenfalls lässt sie sich nichts weiter anmerken. Ich begann zu frieren, ob aus Müdigkeit oder aus der Anspannung heraus, konnte ich gar nicht sagen.>>Siehst du, so sind wir doch in ein paar Minuten da. << >> Wenn du meinst... << erwiderte ich leise und starrte weiterhin angestrengt in die Dunkelheit. Vermeintliche Schatten huschten um uns herum. Silvias kleine Taschenlampe beleuchtete nur knapp den Weg, der vor uns lag. Gott, das war eine scheiß Idee. War da hinten jemand? Abrupt blieb ich stehen. Silvia leuchtete mir mit der Taschenlampe ins Gesicht.>> Lass das, verdammt noch mal. Du machst mich nervös. Das ist nicht witzig. << >>Ist ja gut. Sei nicht so nervös und reg dich ab. << schnauzte sie mich an, doch ich merkte, dass ich sie mit meiner Unruhe angesteckt hatte. >>Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört... Schritte ... oder so. >> Jetzt, da ich es laut ausgesprochen hatte, kam ich mir blöd vor.

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