Kapitel 5

2.9K 168 5
                                    

Arun wusste nicht, wieso er beschlossen hatte, dieses Mädchen zu begleiten. Aber allein ihre Anwesenheit schien irgendwas in seinen Inneren zu verursachen.

Sie war wie ein Wirbelsturm, der plötzlich erschienen ist und eine große Auswirkung hatte. Sie vertraute ihm? Einen fremden Mann. Aber das einzige was ihn überraschte war, dass er das gleiche empfand.

Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, fühlte er sich in ihrer Nähe wohl. Es schien, als ob er sie seit einer Ewigkeit kannte. Deshalb wollte er sie nicht gehen lassen. Nicht ohne sie zu begleiten. Zwar hatte er ihr gegenüber die ganze Zeit etwas anderes behauptet, aber im Inneren wusste er bereits, dass er sie begleiten und auf ihrem Weg beschützen wollte.

"Wieso bist du eigentlich nicht im Kloster?", fragte mich der attraktive Mann.

"Nun, es ist kompliziert. Übrigens möchte ich deinen Namen wissen. Immerhin weiß ich immer noch nicht, wie du heißt."

Er schien eine Weile darüber nachzudenken, gab aber nach.

"Arun."

Arun?

"Du wurdest also nach dem legendären, schwarzen Drachen benannt?", erkundigte ich mich.

Kurz verlor er die Fassung, aber antwortete monoton: "Du hast von ihm gehört?"

"Nun, die Frage ist. Wer nicht? Arun war der Nachfolger des ersten schwarzen Drachen, Jaro. Aber er verschwand plötzlich und viele behaupteten, dass er starb ohne jemals einen Nachfolger zu zeugen. Aber das muss mittlerweile Jahrhunderte her sein. Zwar sagen alle, dass es eine Legende ist."

"Was denkst du?"

"Ich glaube, dass es wahr ist."

"Was würdest du tun, wenn du den Drachen sehen würdest?", erkundigte er sich neugierig.

"Darauf kann ich dir nicht antworten. Aber es ist höchstwahrscheinlich, dass sie ausgestorben sind. Immerhin hat niemand mehr einen gesehen."

"Da hast du vermutlich Recht."

"Was ist mit dir? Immerhin trägst du seinen Namen."

Er seufzte und half mir über einen dickeren, umgefallenen Baum zu klettern, bevor er antwortete.

"Meine Mutter hat mir viel vom schwarzen Drachen erzählt. Sie gab mir meinen Namen. Ich verlor sie, als ich sechs war."

"Das tut mir leid. Ich verlor meine Mutter mit 16. Das ist mittlerweile zwei Winter her, aber es fühlt sich so an, als wäre es gestern passiert. Wie alt bist du jetzt?", fragte ich neugierig.

Er räusperte sich und antwortete nach einer bedrückten Stille: "24."

Ich musste zugeben, dass Arun ein großartiger Begleiter war. Er hatte kein Problem mit dem Jagen und immer hatten wir etwas frisches zum Essen. Er zündete uns immer ein Lagerfeuer an, sobald er merkte, dass ich müde war und ich langsam fror. Arun war ziemlich zuvorkommend und ich hatte mich die letzte Tagen sehr an ihn gewöhnt. Zwar war er nicht äußerst gesprächig, aber die Stille zwischen uns beiden war auch nicht unangenehm.

"Ich weiß nicht, wie du bisher überleben konntest!", sagte er als wir am Lagerfeuer saßen.

"Was soll das heißen?"

"Nun, nimm es mir nicht übel. Aber du scheinst nicht äußerst begabt in irgendetwas zu sein. Du kommst mir vor, wie ein kleines schwaches Mädchen."

Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. Mich schwach zu nennen, war das Letzte.

Ich stand von der Feuerstelle auf und sagte wütend: "Du hälst mich für schwach? Du weißt rein gar nichts über mich. Ich bin stärker, als viele andere und ich habe noch nie in meinem Leben aufgegeben. Obwohl ich jeden erdenklichen Grund dazu hatte."

Arun sah entschuldigend zu mir: "Verzeih, ich wollte dich nicht kränken."

"Zu spät. Das hast du!"

"Du musst mich verstehen. Du kannst jederzeit wieder zurück ins Kloster. Ein Mädchen ist nicht dafür geeignet, draußen um ihr Überleben zu kämpfen."

"Du bist ein verdammter Holzkopf! Hier draußen lebe ich. Unter Menschen überlebe ich bloß."

"Was meinst du?"

Ich schob meinen Schleier etwas zur Seite, damit er meine verbrannte Gesichtshälfte sehen konnte. Von meiner Haarfarbe durfte er nichts sehen.

"Siehst du das? Das hat mir das Dorf angetan, wo ich zuletzt war. Davor hat mich mein Vater verstoßen. Du weißt nichts von mir, Arun."

Ich stampfte in den Wald und ignorierte seine Rufe. Immer war ich stark genug, meine Tränen zu unterdrücken. Aber diesmal konnte ich es nicht. Sie liefen wie ein Wasserfall.

"Lya, es tut mir leid."

Erschrocken blieb ich stehen.

Lya.

So hatte mich meine Mutter immer genannt. Die Erinnerungen an sie schmerzten.

"Ich hätte das nicht sagen sollen. Nur, wer hat dir das angetan? Sag es mir und ich sorge dafür, dass jeder einzelne es bereut."

Seine Stimme bebte. Ich drehte mich zu ihm um und als er meine Tränen bemerkte, wurde er noch wütender.

Seine Augen schienen die Farbe geändert zu haben, denn sie waren nicht mehr blau sondern schwarz. Arun's Hände waren zu Fäusten geballt und es schien, als würde er die Kontrolle verlieren.

Ich wusste nicht wieso, aber ich ging die letzten Schritte auf ihn zu und legte meine Handfläche auf seine Wange.

Automatisch schloss er seine Augen und atmete tief ein. Als er seine Augen wieder öffnete, waren sie blau. Womöglich hatte mir das Licht einen Streich gespielt. Denn anders konnte ich es mir nicht erklären.

Bride of Dragon (Arun & Lyanna)Where stories live. Discover now