Doch obwohl sie wirklich verrückt war, war der Grund für ihren damaliges Ausgang gar nicht so verrückt, wie es auf den ersten Blick scheinen mochte. Er war sogar ziemlich nachvollziehbar für all jene, die wissen wie es mit kleinen Geschwistern ist, die ständig irgendwelchen Unsinn verzapfen. Akuvas Mutter hatte, was wirklich ungewöhnlich im Falle der Inèad war, es geschafft vier gesunde Kinder auf die Welt zu bringen. Akuva war die Älteste und zwar eine verrückte, aber meist liebevolle und fürsorgliche Aufseherin der drei kleinen Raubauken Ronja, Trèn und Flen. Da Akuva trotz ihrer jungen Jahre schon einige junge Gesichter in den dichten des Schnees auf immer Verschwinden gesehen hatte, tat sie alles, um ihre Geschwister so gut wie möglich in allem zu unterrichten, was ihr Vater ihr als kleines Kind beigebracht hatte. Nach dem Tod ihres Vaters hatte sie sich geschworen, nie wieder auch nur einen an das Eis zu verlieren.  -Nie wieder.
Damals, als sie vor sechs Jahren das erste Mal alleine im Eis unterwegs gewesen war und unter Tonnen von Eis nach den ihr so vertrauten blauen Augen Ausschau gehalten hatte, hatte sie es sich geschworen. Sie würde nicht zulassen, dass ihr das Eis noch jemanden wegnahm. Eher würde sie sterben. Nie wieder...

Ihre Mutter schwor darauf, dass Akuva überirdische Kräfte haben musste... Seitdem sie fähig war die Worte ihrer Mutter zu verstehen, lehrte diese ihr alles, was sie über Magie wusste oder irgendwo Mal gehört hatte. Es war nicht sonderlich viel und trotzdem deutlich mehr, als die meisten Inèads jemals zu hören bekommem hatten. Viele Jahre lang hatten sie seitdem darauf gewartet, dass Akuvas Kräfte wachsen würden, ihr volles Potenzial entfalten, doch stattdessen war es bei der untergründigen Magie ihres Kindheits-Ich geblieben. Magie, die sie zwar immer noch als Trägerin dieser erkennbar machte, aber auch nur, wenn man dazu neigte Dinge ganz genau zu nehmen. Für alle anderen war Akuva eine der besten Näherinnen des Volkes mit flinken Händen und einem Hang dazu sich in zu gefährliche Situationen zu bringen. Für alle außer Akuvas Mutter und ihrer selbst war es Glück, dass dieses verrückte Mädchen noch nicht im Eis verschwunden war. -Für Tochter und Mutter war es der Beweis dafür, dass sie sich Akuvas Kräfte nicht einbildeteten und sie tatsächlich irgendwo, tief versteckt in diesem so wild schlagenden Herzen, vor sich hin schlummerten.

Gelegentlich machte sie sich auch bemerkbar. -Diese Magie... Sie sprach dann in ihrer hübschen wilden Sprache zu ihr, doch leider verstand Akuva selten, was sie ihr versuchte zu sagen. Was sie falsch machte... Warum die Magie sie nicht als ihren Träger anerkannte... Warum ausgerechnet  sie?
Aber an jenem Tag verstand Akuva, was man ihr zu sagen versuchte. -Etwas Schlimmes würde passieren. Sie würde es nicht verhindern können. Es war ihr Schicksal.
Von einem auf den andern Blick war Akuva wach. Beinahe augenblicklich rannte sie zu ihrer Mutter, wollte ihr erzählen, was ihr gesagt wurde. Sie stand schon am Eingang ihrer kleinen Höhle, dort wo das Feuer immer Schatten an die Wände warf und es nach frischer Suppe und Brot roch. Genau dort, wo ihre Mutter schlief und betete und wo sie mit ihr Pullover strickte, Socken stopfte und Mäntel nähte.
Im Gegensatz zu Akuva hatte ihre Mutter schon seit jeher einen leichten Schlaf gemacht. Manchmal hatte Akuva das Gefühl, dass sie gar nicht schlief, sondern sich bloß hinlegte und die Augen schloss.
So war es kein Wunder, dass ihre Mutter sich schon aufgesetzt hatte, als Akuva noch am Höhleneingang stand. Sie merkte sofort, dass mit ihrer Tochter etwas nicht stimmte. Doch jeder Fremde hätte erkannt, dass etwas nicht stimmte. So schlimm hatte Akuva noch nicht einmal ausgesehen, als sie sich letzten Winter eine üble Grippe eingefangen hatge und wochenlange Bettruhe einhalten hatte müssen. Es war ein Wunder für alle, als ihr Fieber wie durch Zauberhand nach einer Woche regelrechten Bangens doch noch heruntergegangen war. Die Ältesten der Inèads hatten schon für sie gebetet. Aber sie kannte ihre Tochter. Sie hatte gewusst, dass sie es schaffen würde. So wie sie es jedes Mal schaffen würde.
Doch nun, wie sie dort am Höhelneingang stand und ihre braunen Augen so weit aufgerissen hatte, sah sie regelrecht angsteinflößend aus...

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