Der Nachtmarkt

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Aaron war anders.

Das wusste er. Und auch wenn er anders war wie die meisten, oder besser gesagt, alle Leute in der Stadt, hatte er sich geschworen sich davon nie unterkriegen zu lassen.

Fast. Fast alle Leute, so redete er es sich immer ein. Auch wenn Thalen groß und bevölkerungsreich ist, so glaubt Aaron, dass er nicht der Einzige ist. Irgendwo, so war er sich sicher, gibt es noch andere, die genau so sind wie er: Anders. Aber nur, weil man nicht die gleichen Fähigkeiten besitzt wie der Rest der Stadt, heißt das noch lange nicht, dass man sich nicht mit Magie und ihrer Thematik auseinandersetzen konnte - Man kam da ohnehin nicht drum herum. Denn das er anders war hieß auch noch lange nicht, dass er unfähig oder gar nutzlos ist. Immerhin gab es neben der Magie die weitreichende Welt der Alchemie. Natürlich gab es Magi, die sich auch der Alchemie bedienten, sonst wäre diese gar nicht existent. Sie ist sogar ein genauso wichtiger Bestandteil für die Stadt wie die Magie selbst. Doch für Aaron war Alchemie ein Weg, eine Chance, sich nicht ganz nutzlos zu fühlen.

Schon vor dem Start seiner Ausbildung vor fünf Jahren wusste er, dass ihm etwas fehlt. Er konnte noch nie eigenständig Feuer entfachen, Wasser in einem ruhigen Gewässer Wellen schlagen lassen oder gar Blumen eigenständig blühen lassen. Die simpelsten Dinge, die schon Kinder in jungen Jahren beherrschten, so etwas konnte er nie bewirken. Aaron hatte keine Magie in sich. Dafür wurde er schon damals von den anderen gehänselt – Kinder können so grausam sein -, andere führten vor seiner Nase ihre kleinen, magischen Kunststücke auf um ihn zu ärgern. Schon damals hatte er sich gefragt, wie man sich so gegenüber den schwachen verhalten kann?

Schwach. So nannten sie ihn, nur weil er keinen Stein mit seinem Geist bewegen konnte. Die Älteren, die Erwachsenen, sprachen hinter seinem Rücken über sein Schicksal, wie gestraft man doch sein musste in einer Welt zu leben, die von Magie beherrscht wird, und keine in sich trägt (dabei existieren auch diejenigen, deren Magie versiegelt wurde, aber oh, diese Leute hatten ja einst Magie).

Doch schon als er noch jung war, fühlte er sich nicht schwach. Für ihn war es Normalität nicht zaubern zu können. Es gab auch für ihn immer wieder Momente in denen er dachte wie es sich wohl anfühlen muss, Magie bewirken zu können. Momente, in denen er es sich förmlich wünschte, selbst wenn es nur darum ging, Leuten etwas heimzuzahlen. Wie sehr er sich schon angestrengt hatte, irgendetwas magisches in dich zu entfachen. Erfolglos.

Doch auch mit der Magie gab es Gesetzte. Sie gegen jemanden zu verwenden, um ihn Schaden zuzufügen, war strafbar, es sei denn, es wird in einem offiziellen Turnier ausgetragen, aber selbst dort war es verboten, jemanden zu töten (trotzdem passierte es. Selten, aber es passiert). Die Macht der Magie durfte nicht für Missetaten eingesetzt werden. Und da Aaron sowieso nichts zu seiner Verteidigung bewirken konnte, bediente er sich der guten alten körperlichen Kampfkunst. Er war kein Schlägertyp, aber er hatte gelernt, sich zu bewegen. Gegen Magie konnte er physisch nichts ausrichten, aber wenn er nahe genug an die Leute herankam, die ihn erniedrigen wollten, so konnte er sie mit seiner Schnelligkeit und Stärke überraschen. Das alles zählte er unter reiner Notwehr. Auch wenn er es seiner Mutter versprochen hatte, sich nicht mehr in Scherereien verwickeln zu lassen. Das würde ein schlechtes Licht auf die königliche Familie werfen.

***

Der Nachtmarkt war stets gut besucht. Mit der untergehenden Sonne öffnete er seinen Eingang für die Bevölkerung , auf einem Platz im Süd-Osten der Stadt welcher stets mit einem unsichtbaren Schutzzauber umgeben ist, damit so mancher Langfinger es nur einmal wagt etwas zu stehlen. Händler aus Thalen und dem Umland vertrieben hier offiziell, als auch inoffiziell, ihre Ware. Nirgendwo anders in der Stadt gab es Antiquitäten wie hier die herkömmlich, als auch ungewöhnlicher nicht sein konnten. Bewohner, Reisende, als auch Ausländer besuchten ihn täglich, dieser Markt zählte sozusagen als eines der Highlights in der gesamten Stadt.

Die Chroniken von ThalenWhere stories live. Discover now