Kapitel 12: Ende des Theaters

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„Denkst du, für mich ist das alles nur ein Spaß?", fauchte Elaine ihn an. „Du bist wirklich das Allerletzte."

„Schluss jetzt, alle beide!", donnerte Sharif, gefolgt von einem heftigen Hustenanfall.

Er ist heute ungehaltener als sonst. Schon vorhin, als er und Elaine in Sharifs Büro gekommen waren, wirkte sein Bruder gedankenverloren und gereizt. Nicht nur der Zigarrenqualm sorgte für dicke Luft hier unten. „Ich halte es für das beste, Elaine eine organisatorische Aufgabe zu geben", meinte Curtis und versuchte so ruhig und wohlwollend wie möglich zu klingend. Leider ohne Erfolg.

„Elaine wird diesen Deal mit euch durchziehen", sagte Sharif bestimmt. „Stimmt doch, Elaine?"

Sie machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich werde keinen Rückzieher machen. Du kannst auf mich zählen."

Ihr Schwager schenkte ihr ein schwaches Lächeln. Anschließend blickte er zu Curtis. „Da hörst du es, Bruderherz. Sie ist fest entschlossen, genau wie ich. Und du solltest es auch sein."

Am liebsten hätte Curtis ihm die Stadtkarte ins Gesicht geschleudert, Elaine am Arm gepackt und sie in sein Auto verfrachtet. Sie würde sich wehren, mit Händen und Füßen, Bissen und harten Worten. Er konnte ihr nicht weh tun, niemals. Er wusste daher, er würde nichts tun können, um sie daran zu hindern, den irren Plänen seines Bruders zu folgen. Wäre sie nicht hier gewesen, gar nicht in den Deal involviert und Zuhause, Curtis hätte Sharifs Büro verlassen. Sollen sie ihren Deal alleine durchziehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Don Valentin ihnen eine Falle stellt. Sie haben sich ausgesöhnt und die alten Geschichten ad acta gelegt. Das war Schwachsinn und Curtis wusste es. Doch leider war Elaine, die Liebe seines Lebens, die Mutter seiner Kinder und seine bessere Hälfte, nun mit in den kriminellen Sumpf gestiegen, aus dem er sie immer herausgehalten hatte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als dem riskanten Deal beizuwohnen, um Elaine zu beschützen. Warum, um alles in der Welt, muss ausgerechnet sie bei dieser Scheiße mitmachen? „Ein Lehrling lernt am besten, wenn man ihn ins kalte Wasser wirft", hatte Sharif ihm noch vor einer Stunde erklärt. Curtis entgegnete daraufhin, dass der Lehrling nichts dabei lernen würde, sollte er dabei ertrinken. Schon da war seinem Bruder die Zornesröte ins Gesicht gestiegen. Er war nervös, das war ihm klar. Das zeigt mir nur, dass er sich, was Don Valentin betrifft, nicht so sicher ist, wie er uns gern weismachen möchte.

„Genug geredet", meinte Sharif und streckte die Brust heraus. „Ihr müsst jetzt gehen." Er starrte Curtis regelrecht an. „Viel Glück." Noch beim Hinausgehen spürte Curtis den scharfen Blick seines Bruders in seinem Nacken.

Nachdem Curtis als erster das muffige Büro verlassen hatte, folgten ihm Shawn und mit einem gewissen Abstand Elaine. Wortlos stieg Curtis' bessere Hälfte in den Lieferwagen zu Roland, einem übergewichtigen Handlanger, der die Waffen an den Übergabeort fahren würde. Dumm und unbeholfen wie er war, machte er nicht mal einen bedrohlichen Eindruck, sodass er am Übergabeort völlig Fehl am Platze wäre. Sharif hatte ihn angewiesen, den Lieferwagen in die Tiefgarage zu fahren und sich gleich wieder zu verpissen, sehr zu Curtis' Ärger. Wir bräuchten jede Unterstützung, die wir kriegen können.

Curtis schaute Elaine nach, als sie und Roland an ihm vorbeifuhren. Sie würdigte ihn keines Blickes. Seufzend stieg Curtis in Shawns Wagen, ein alter Fünfhunderter Jarvin. „Glaubst du, das wird alles so funktionieren, wie Sharif sich das gedacht hat?", fragte Shawn, als er auf dem Fahrersitz Platz nahm und sich anschnallte. Mit seinem rotfarbenen Afro kratzte er bereits an der Decke des Wagens. Er war ohnehin schon ein Kerl, der Dank seiner Körpergröße mit niedrigen Türrahmen und tiefhängenden Decken zu kämpfen hatte. Curtis wollte nicht wissen, was er jeden Tag aus seinem Afro herausklamüsern musste.

METROPOLA - Band 1 - Der JahrhundertsturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt