Kapitel 4

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Tag 67

Wie der Tot sich wohl anfühlte? Der letzte Atemzug? Die letzte Sekunde? 
Der Moment, in dem man weiß, dass es nun vorbei ist...
Sicher toll. Man ist befreit von allem Leid dieser Welt, von allen noch so schönen Fantasien losgelassen. Die Fantasie eines glücklichen Lebens. 

Das Thema Tot beschäftigt mich mehr und mehr und je länger ich hier gefangen bin, desto höher steigt mein Verlangen es auszuprobieren.
Doch wäre dieser Wunsch nicht zu egoistisch, wenn es noch irgendwo da draußen Menschen gibt, denen ich etwas bedeute?
Doch wieso sollten sie eine Rolle spielen? Es ist doch mein Leben. Ich darf mit mir anstellen, was ich will. Meine Schmerzen sind doch zu groß. Wieso noch Hoffnung darauf haben, ihr rauszukommen?

Ehrlich gesagt, war ich doch sowieso viel zu feige für den bloßen Versuch. 
Denn wenn ich scheiterte, würde ich nur mehr leiden, nämlich unter Sora, der mich ohne jeden Zweifel bestrafen würde. 
Und die Schmerzen würden schlimmer werden.

Ich wollte es ja nicht mal riskieren, mir in irgendeiner anderen Art und Weise irgendwas anzutun, denn er würde es sofort bemerken und mich quälen.

Einfach gesagt:

Dies hier war ein Spiel. Ein Kampf ums Überleben.
Und ich war die Marionette, gefangen und hilflos, ohne irgendwas tun zu können.

Ein Seufzen entwich mir. 
Was erwartete ich denn auch... Dass ich so schnell wieder rauskäme, war unwahrscheinlich. Sora hatte alles genau geplant. Wo er mich versteckt und wie er mich behandelte, damit ich auch bloß gehorchte... 

Doch noch immer stellte sich mir die Frage, warum mein Entführer denn ausgerechnet mich wollte. Hatte ich etwas an mir? Oder war es nur die Gier des Mannes, ein dahergelaufenes Mädchen zu entführen und sich mit ihr zu vergnügen?
Unwahrscheinlich.
Denn er kannte mich. Und das schon auf einem gefährlichem Level. Denn neben meinem Kidnapper war er auch mein Stalker. Ein grausamer Psychopath, der so gut wie alles über mich wusste.

Meinen Namen, mein Alter, mein Geburtsdatum und meinen Wohnort. Lieblingsfarbe, -gericht, -aktivität und sonst was konnte er auch ohne Probleme aufsagen.

Es war gruselig. 
So gruselig, dass es mir schon eine Gänsehaut bereitete.

Vor Angst zuckte ich zusammen, als ich hörte, wie jemand die Tür entriegelte, denn schon wieder saß ich in diesem stinkendem Raum. Die Luft war schon so stickig, dass ich fast gar keine Luft mehr bekam, denn an die frische Luft ließ mich Sora nicht.

,,Steh auf." Er packte mich grob am Arm, zog mich hoch und dann mit sich heraus.
Ich wollte fragen, wohin er mich brachte, doch die Antwort wäre so wie ich ihn kannte wieder ,,Stell nicht immer so viele Fragen!" also ließ ich es. Abgesehen davon war doch sowieso von selbst klar, dass es entweder sein Zimmer sein würde, da er wieder das Verlangen dazu hatte oder auch er wollte mir auf irgendeine andere Weise meine Psyche zerstören.

Wir landeten in der Küche. 
Bloß nicht...

,,Meine nervige Großmutter hat morgen Geburtstag", fing er an. ,,Also mach, dass da ein kuchen steht!"
Ich sah ihn unsicher an. ,,S-sora... Du... Du weißt doch, dass ich das nicht kann...", murmelte ich ängstlich. Doch Angesprochener schlug nur auf den Tisch. ,,Wird's bald?!"

Also mache ich mich daran, einen Kuchen zu backen. Das war schwer, wenn ich ja nicht mal wusste, was es für einer werden sollte. Denn wenn ich irgendwas tat, was er nicht wollte, würde er sofort wieder schreien und mich schlagen. 

So auch dieses mal. Obwohl er nämlich wusste, dass ich keine Ahnung von der Zubereitung eines Kuchens hatte, schrie er mich bei jeder Kleinigkeit an und so langsam bekam ich das Gefühl, dass er es darauf abgesehen hatte, meine Fehler zu suchen, nur um mir irgendwie was zu tun.

Ich nahm an, Sora hatte gerade einfach keine gute Laune und musste seine Wut wieder an mir auslassen. Für ihn war ich sowas wie ein Antistressspielzeug, an dem man alles tun kann, was man eben möchte.

Irgendwann hatte er wohl alles rausgelassen, denn er nahm mich mitten im Backen einfach an der Hand und stieß mich zurück in den Raum. 

,,Du hast genug getan." Er sah mich verachtend an. ,,Wenn du dir nicht mal selber das Backen beibringen kannst. Was kannst du eigentlich?!" 
Und mit diesen Worten knallte er die Tür zu und verriegelte sie auch. 

Was ich konnte?
...
Nichts.

𝗨𝗦𝗘𝗗 - 𝚃𝚑𝚎 𝚙𝚊𝚒𝚗 𝚘𝚏 𝚋𝚎𝚒𝚗𝚐 𝚊𝚕𝚕 𝚊𝚕𝚘𝚗𝚎 || 𝑆𝑐ℎ𝑜𝑘𝑖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt