Prinzessin Dilara - Der Rebell

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Dilara wurde klar, wie dumm sie gewesen war. Sie hatte sich hier selbst eingesperrt, ohne sich vorher auch nur umzusehen. Und jetzt war sie gefangen.

Sie steckte fest in diesem kalten, feuchten und stinkenden Kerker. Völlig allein mit wer weiß welchen Gefangenen hier unten gerade eingesperrt waren. Die Geschichte mit dem Rebellen viel ihr wieder ein. Sie schauderte.

Aber alles Jammern war zwecklos. So oder so konnte sie nicht raus. Wer wusste für wie lange.

Und am nächsten Morgen würden die Wachen hereinkommen und sie hier finden. Was sollte sie ihnen dann sagen? Dass sie sich hier beim Schlafwandeln eingesperrt hatte?

Wenn ihre Mutter erfuhr, dass sie ihr Gespräch belauscht hatte... In Dilaras Körper zog sich alles zusammen, als sie sich ihren Gesichtsausdruck vorstellte. Sie war verloren.

Verzweifelt sank sie zu Boden. Das Stroh stach durch ihren Morgenmantel. Was sollte sie nur machen? Die flackernden Schatten der Kerzen sahen aus dem Augenwinkel aus wie wilde Tiere. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, um das viele Licht nicht mehr zu sehen. Das war die schlimmste Nacht ihres Lebens.

Eine Weile lang saß die Prinzessin so im Stroh. Je länger sie dort saß, desto verzweifelter fühlte sie sich. Nach ein paar Minuten begannen die Tränen, ihre Wangen hinab zu laufen. Sie schluchzte stumm vor sich hin.

Es dauerte eine Weile, bis sie realisierte, weshalb sie sich so seltsam unwohl fühlte: Sie spürte einen Blick auf sich ruhen.

Sofort fuhr sie herum. Dort saß ein Junge hinter den Gitterstäben!

Verstohlen wischte sie die Tränen weg und nahm eine Haltung ein, die einer Prinzessin gerecht wurde.

Sie spähte zu dem Jungen hinüber. Ihre Blicke trafen sich. Wer war er? Er sah so jung aus. Was machte er hier? War er etwa... der Rebell?! Den hätte sie sich wirklich älter vorgestellt. Sie bemühte sich, in dem schwachen Licht mehr von ihm zu erkennen. Aber sie sah nur seine zu lang gewachsenen, dunklen Haare, die ihm ins Gesicht hingen. Ihre Farbe konnte sie nicht wirklich ausmachen. Seine Augen wirkten ebenso dunkel und blutunterlaufen. Wäre er blasser gewesen, hätte man ihn für einen Vampir halten können. Seine Kleidung bestand nur aus Fetzen. Er war so dürr, dass sie sich wunderte, dass er noch sitzen konnte. Seine Knie eng an sich gezogen, und der Rücken gekrümmt, als hätte er Schmerzen, durchbohrte er sie mit seinem neugierigen Blick. Seine Haut an den Armen war voller dunkler Schatten. Wunden? Blaue Flecken? Oder eine Hautkrankheit? Dilara schauderte. Seine Miene war verschlossen, nicht zu lesen. Doch in seinen Augen stand eine Mischung aus Wachsamkeit, Neugier und... Angst?

Dilara setzte sich noch aufrechter hin und starrte ihn herausfordernd an.

Der Rebell tat das Letzte, was sie erwartet hätte. Er grinste.

„Hallo", sagte mit einer heißeren, brüchigen Stimme.

Dilara drehte sich weg.

„Na, was ist passiert, dass du ausgerechnet hierherkommst, um dich auszuheulen?"

Idiot. Dilara kniff die Lippen zusammen und schwieg.

„Mir kannst dus erzählen. Ich werde nicht mehr viel Gelegenheit haben, es irgendwem zu verraten. Wer ist der Mistkerl, der dich so viele Tränen kostet?"

Wie lange hatte er sie schon beobachtet? Jetzt hielt er sie wohl für eine echte Heulsuse. Aber das konnte ihr nun wirklich egal sein. Er war schließlich ein Rebell. Ihr Erzfeind. Und er saß in ihrem Kerker. Egal, wie stolz er grinsen mochte, es brachte ihm nicht das Geringste.

Die Legende der Nachtigall 1 - Der Ruf des RabenWhere stories live. Discover now