Das Ende von Kapitel Fünf

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Lady Kaynalá sah ihr verwirrt hinterher. Wieso hatte die Hohepriesterin es auf einmal so eilig, von hier wegzukommen?

Gleich darauf stolperte ihr Sohn aus dem Zelt, die Hand auf die Brust gedrückt. Er keuchte heftig und sah sich hektisch um. „Wo ist sie?"

„Wer?", fragte sie. „Die Hohepriesterin? Die ist schon weg." Enttäuscht sackten die Schultern des stämmigen Mannes nach unten. Er hatte gehofft, sie noch zu erwischen.

„Ich muss in die Stadt." Er schnappte sich die Zügel seines Pferdes, das immer noch neben dem Zelt angebunden war, und hatte schon einen Fuß im Steigbügel, als er zurückgerissen wurde. Wütend drehte er sich um und blickte in das Gesicht eines der älteren Mitglieder der Bruderschaft.

„So könnt Ihr nicht reiten!", rief dieser und deutete auf Raylans verbundene Schulter.

„Ihr wagt es, mich aufzuhalten?", fragte Raylan zornig.

„Ja", antwortete der ältere Mann hocherhobenen Hauptes. „Ihr seid zwar unser Anführer, Lord Raylan, aber die Weisheit, die wir Euch gelehrt haben, verlässt Euch manchmal. Geht hinein und kuriert Euch aus." Der, dessen Haar schon grau wurde, trat in die stickige Hitze des Zeltes ein. Missmutig folgte Raylan ihm. Der Greis hatte sich schon auf einer der Bänke um das Feuer niedergelassen, als er an ihn herantrat. Er malte mit einem Stock seltsame Zeichen in den erdigen Boden vor seinen Füßen. „Ihr werdet später noch viel Zeit haben, die Gunst von Lady Sanaha zu gewinnen, Lord Raylan. Doch vorerst denkt an eure eigene Gesundheit. Ihr habt euer Leben schon einmal für sie aufs Spiel gesetzt. Lasst nicht zu, dass sie wegen eures Übermutes eines Tages um Euch trauern muss." Der Alte stand auf, klopfte ihm mit einer von der vielen Arbeit schwieligen Hand auf die gesunde Schulter und sagte: „Sie wird Euch noch brauchen." Dann verließ er das Zelt und der schwere Stoff fiel hinter ihm über den Eingang, sodass nur Raylan und die Schatten zurückblieben, die an den Wänden des Zeltes tanzten.

Die Kinder des JenseitsWhere stories live. Discover now