Kapitel 1

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Die Reifen seines blauen Mustangs quietschten über den Asphalt, während Fynn vor der Gruppe Jugendlicher zum Stehen kam, die ihm grölend willkommen hießen. Sie hatten sich wie fast jeden Abend am See verabredet. Er zog grinsend die Handbremse und stellte den Motor ab, wobei auch die ohrenbetäubende Musik verstummte.

Die Fahrertür wurde aufgerissen bevor er irgendetwas tun konnte und schon zogen ihn zwei schlanke Arme aus dem Auto. Fynn lachte und knallte die Autotür zu, während er von der mageren Gestalt dagegen gedrückt wurde und sein Gesicht von tausend Küssen bedeckt wurde.

„Kim, ist ok man. Ein einfaches 'Hey' hätte auch gereicht so wie jeder normale Mensch es auch macht."

„Jo, Fynn. Was geht ab, man? Immer die besten Bräute am Start, was?", rief Phil und kam lachend auf Fynn zu. Der Rest der Bande tat es ihm gleich.

Fynn verdrehte die Augen und drückte Kim von sich weg. Er ging auf seine Freunde zu und schlug jeden fest in die Hand, während ihm auch schon eine Flasche Bier in die Hand gedrückt wurde.

„Auf unseren mutigen Neuen.", rief Fynn und hob seine Flasche zum Anstoß. Es wurde gelacht und die Flaschen klierten beim Anprall.

Nach einer halben Stunde meldete Josh, auch ein guter Freund von Fynn, sich zu Wort.

„So jetzt wird es langsam Zeit, man. Ich sollte eigentlich schon um zehn Uhr zu Hause sein, wegen der scheiß Klausur morgen, ey. So eine Kacke."

"Jo digga. Bleib locker. Das kriegen wir schon hin. Is doch alles easy peasy man", ärgerte Ed sich, der immer alles ziemlich locker im Leben nahm.

Als Fynn ein Zeichen gab, wurde es leise in der Runde und dem Anführer galt höchstem Respekt.

„So jetzt zu dir Neuer. Ich erkläre dir unsere Regeln und die Mutprobe. Dann hast du die Chance zu entscheiden was du willst, klar. Kneifst du, dann verpisst du dich wieder ganz schnell und näherst dich uns nie wieder. Verstanden, Neuer?"

„Äh, ich hab auch einen Namen", gab der Neuzuwachs von sich. Er stand etwas abseits von der Menge und man erkannte sofort, dass er nicht dazu gehörte. Leicht  eingeschüchtert steckte er seine Hände tief in den Hosentaschen und wippte von einem Bein auf das andere.

Die Menge fing grölend an zu lachen, was ihn nur noch mehr verunsicherte.

Fynn fand das irgendwie nicht so witzig und fing an seine Regeln aufzuzählen. Bei seiner tiefen, rauen Stimme jagte es einem einen Schauer über den Rücken.

„Erste Regel: Widersprich mich nicht. Zweite Regel: Einmal beigetreten-nie wieder gehen. Und die dritte Regel: Hier wird zusammengehalten."

Der Neue nickte und steckte seine Fäuste noch etwas tiefer in die Hosentaschen. Dennoch schaute er Fynn direkt ins Gesicht und versuchte nicht ängstlich auszusehen.

„Verstanden. Ich bin übrigens Tom, falls es euch interessiert. Und? Was ist denn nun die Mutprobe?"

Seine Stimme zitterte leicht.

Nachdem ihn alle ausgelacht hatten wurde ihm die Mutprobe erklärt und die Wahl gelassen beizutreten oder für immer eine Biege um der angesagtesten Clique der ganzen Stadt zu machen.

Tom hörte zu und marschierte dann schnurstracks auf den ungefähr 6 Meter hohen Turm zu, der im See ragte. Nur mit seinen Shorts bekleidet stieg er langsam die Stufen hoch. Die Clique feuerte ihn an und als er oben am Rand stand und nicht sprang buhten sie ihn aus und beschimpften ihn. Nannten ihn einen Feigling. Was er nun ja auch war.

Die Bierflaschen klierten und einige zerbrachen, als sie auf den Pflaster fielen.

Plötzlich zog sich Fynn bis auf seine Boxershorts aus, lief auf dem Turm zu und stieg ihn in Sekundenschnelle hoch.
Seine Freunde applaudierten und alle schrieen durcheinander.

Fynn flüsterte Tom etwas ins Ohr, als er bei ihm am Rand des Turms stand und kurz darauf sprang Tom dann auch. Die Menge jubelte und konnten sich kaum halten vor lachen, als Fynn immer noch oben stand.

Ein dumpfer Schlag auf dem Wasser ließ die Menge verstummen und auf den dunklen See blicken. Der Körper von Tom trieb nun reglos auf die Wasseroberfläche. Keiner regte sich und eine ungeheure Stille kehrte auf einmal um den kleinen See ein.

„Was ist mit ihm?"

„Ist er tot?"

„Macht doch einer was!"

„Fynn, du musst was machen."

„Lass abhauen."

Fynn stieg in Windeseile die Stufen hinab, als er sah was geschehen ist und sprang vom Ufer in das dunkle Wasser. Er ignorierte seine Freunde, die schon zu ihren Autos liefen, um zu verschwinden. Schnell schwamm er auf den leblosen Körper zu, als
plötzlich Sirenen aufheulten.

Chaotisch schrieen alle durcheinander, die Mädchen kreischten und die Flaschen wurden schnell in die Autos geschmissen. Ein Motor heulte auf und Reifen quietschten, als der erste sich aus dem Staub machte.

Fynn hielt kurz inne, zog dann Tom schnell ans Ufer und kletterte aus dem Wasser. Er raffte seine Kleidung zusammen und sprintete zu seinem Mustang, der nun einsam am Rand des See's stand. Eine Gänsehaut überzog seinen Körper, als der nächtliche Wind über seine nasse Haut strich. Er fröstelte leicht. Hektisch kramte Fynn nach seinen Autoschlüssel, als ihn plötzlich helle Scheinwerfer direkt ins Gesicht leuchteten...

Au revoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt