Ein Kind im Wald

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Disclaimer: BBC Merlin gehört mir nicht. 

Warnung: Ausführliche Beschreibung einer Leiche, implizierter Mord. Nicht allzu ausführlich, aber wenn du bei diesen Dingen empfindlich bist, solltest du die Geschichte mit Vorsicht genießen. 



Im Nachhinein hatte Merlin das Gefühl, er hätte es besser wissen sollen.
Die Mission war friedlich verlaufen, die Hinreise war ereignislos und einfach gewesen, die Verhandlungen mit dem benachbarten Königreich waren ein voller Erfolg und blieben ungestört von jeglichen Mordversuchen, überraschenden Wendungen, verräterischen Verwandten oder bösen Zauberern. Das hätte die erste Alarmglocke sein müssen.
Die Stimmung bei der Abreise hatte sie alle heiter und fröhlich hinterlassen und sogar Arthur hatte die gesamte Reise seitdem eine ungewöhnlich gute Laune und Zufriedenheit ausgestrahlt, die sich dahingehend äußerte, dass er sich sogar an den freundschaftlichen Reibereien zwischen seinen Rittern beteiligte.
Selten, aber nicht unerhört. Trotzdem hätte spätestens in dem Moment ein Problem auftauchen müssen, in dem sie die Burg durch den Torbogen verließen. Es kam keines, und das hätte Merlin stutzig machen sollen.

Die Stimmung um die Lichtung herum, auf der sie für die Nacht ihr Lager aufschlagen wollten, war friedlich, mit der tröstenden, heilsamen Ruhe, die nur eine bestimmte Sorte Wald mit sich bringt, deren Bäume dicht genug stehen, um von der Welt abzuschirmen, aber weit genug auseinander, um einigermaßen klare Sicht und bequemes Reisen (lies: zu Pferd) zu ermöglichen. Arthur hatte die Route durch den Wald gewählt, um eine lange Schlaufe der Straße abzuschneiden und Zeit zu sparen (lies: mit seinen Rittern die Auszeit im Grünen zu genießen. Wenn man Merlin fragte, auch um ihm die dreifache Arbeit aufzuhalsen und unschuldiges Rotwild zu ermorden). 

Merlin war gerade im Begriff, sich mit seinem Stapel gesammeltem Feuerholz wieder aufzurichten, als ihn eine Vorahnung kalt erwischte und erstarren ließ.
Sein Nacken prickelte. Was war falsch?

Das erste, das ihm auffiel, war das Schweigen. Die Stimmen des Waldes waren nie still, daher hinterließ das Fehlen der zahllosen Vogelstimmen eine hohle, vor Spannung vibrierende Leere, die seine Nackenhaare zu Berge stehen ließ. 
Aus Instinkt richtete er sich langsam, fast lautlos aus der Hocke auf. Wo war die Quelle der unnatürlichen Ruhe?

Und dann fiel ihm wieder ein, was er auf einer seiner zahllosen Jagden mit Arthur hätte lernen sollen: Dass der Wald gelegentlich doch schwieg.
In der Gegenwart eines sehr großen Raubtiers.

Ein Schrei zerfetzte die Luft. 

Merlin stolperte einen Schritt zurück, als ein heftiger Schmerz durch seinen Schädel flammte. Seine Magie erwachte flackernd zum Leben und regte sich unruhig, als sei der Laut durchdringender gewesen als bloße Schallwellen.
Benommen schüttelte er den Kopf und sah mit zusammengekniffenen Augen in die Richtung, aus der der Lärm gekommen war.

Im nächsten Moment rauschte Gwaine mit gezogenem Schwert an ihm vorbei. Der Ritter versicherte sich mit einem kurzen Blick, dass Merlin in Ordnung war, und fokussierte sich dann wieder auf den Weg.
Ihm dicht auf den Fersen folgte Arthur, der bellte: ,,Merlin, zurück!"

In diesem Moment brach der nächste Schrei mit voller Wucht über sie herein. Für einen Moment wurde Merlin schwarz vor Augen. Als er wieder klar sehen konnte, fand er sich auf dem weichen Laubboden auf den Knien, der Holzstapel vor ihm auf dem Boden.

(Er wollte nicht wie Uther klingen, aber ... Magie!)

Merlin rappelte sich auf und rannte seinen Freunden hinterher.

Als er sie einholte, hatten sie den Weg zurück zur Straße gefunden. Fast sofort wünschte er sich, sie hätten es nicht getan. Der unebene, nur zum Teil gepflasterte Weg war durch mehrere feuergeschwärzte Holzwagen versperrt.
Percival war dabei, ein letztes panisches Pferd auszuspannen, das alleine an seinem Geschirr zerrte. Schließlich schnitt er es los und es galoppierte klappernd davon.
Arthur war bereits dabei, mit gezogenem Schwert den äußersten Wagen zu umrunden, dessen Deichsel offenbar gebrochen war. Dahinter meinte Merlin, eine Bewegung auszumachen, als er gerade die letzten Schritte zur Straße machte.
Der nächste Schrei war so laut, dass er ihm beinahe das Trommelfell zerfetzte. Wieder wurde ihm schwarz vor Augen. Mit einem Unterarm fing er sich gegen einen Baum ab, um aufrecht zu bleiben. Als er wieder sah, dauerte der Schrei noch an, obwohl die magische Schockwelle nachgelassen hatte.

Ein Kind im WaldWhere stories live. Discover now