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Am nächsten Morgen ist alles anders

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Am nächsten Morgen ist alles anders. Ich fühle mich nicht mehr so leer, meine Gedanken sind klar.
Vielleicht war es gut gewesen, meine Meinung in die Welt zu rufen. Vielleicht tat es mir gut, nahm mir Last ab.

Ich trete aus meinem Zimmer heraus und obwohl es draußen schon hell wird, ist anscheinend noch niemand wach. Wenngleich es auch gut möglich ist, dass sie einfach keine Lust auf die anderen haben. Alleine zu sein erscheint einigen vielleicht einladender, als in Gesellschaft zu schweigen. Man konnte es ihnen nicht verübeln.

Draußen angekommen gehe ich zu unserem Sammelplatz, mit den Baumstümpfen, die wir an einem der ersten Tage hierher gewuchtet hatten. Damals hatten wir zusammengearbeitet, voller Vorfreude auf das Projekt. Was hatte sich verändert?
Ich kenne die Antwort nur zu gut.

Als erstes fällt mir Anastasia ins Auge, dann die Position, die sie eingenommen hat.
Sie sitzt an einen Baumstamm gelehnt, ihr Kopf nach vorne gesackt, als hätte der Schlaf sie letztendlich doch noch übermannt.
Doch das ist nicht das, was mein Herz zusammenziehen lässt. Es ist die Tatsache, dass ihre Hände so positioniert sind, als würde sie eine liegende Person halten.
Alexej. Er war genau an der Stelle gestorben. Sie sitzt da, als könnte sie ihn noch immer halten. Als könnte sie seine Körperwärme noch spüren, wie sie wich.
Und das bricht mein Herz.

Ich setze mich hin, aber nicht in ihre unmittelbare Nähe, weil ich nicht in ihre Privatsphäre eindringen will. Lege meinen Kopf in den Nacken und seufze leise.
Ich wünschte, ich könnte ihr helfen, aber wie? Ich bin nicht der Mensch, der gut mit Worten umgehen kann, erst recht nicht, wenn es um Emotionen geht. Ich könnte sie nicht einmal aufmuntern, wenn ich wollte.

Als Anastasia aufschreckt, reißt sie mich aus meinem Halbschlafzustand. Ich bin wohl noch einmal eingedöst.

"Alles gut", murmele ich, als sie panisch hin und herschaut.
"Es tut mir übrigens leid", füge ich hinzu, weil ich gerade eben den Mut habe, es zu sagen. Vielleicht ist es nicht gut, sie nach einem Albtraum, den sie allen Anschein nach hatte, auf das Thema anzusprechen, aber irgendwas muss sie da sowieso durch.
"Jaja", flüstert sie, immer noch durch den Wind. Ich bin mir nicht mal sicher, ob sie weiß, wovon ich spreche, aber ich will das Thema nicht vertiefen.

"Was ist denn hier passiert?"
Ich drehe mich um und folge Álvadros Blick. Statt den einzelnen Bäumen befindet sich dort nämlich jetzt eine weite Ebene, der ich nicht viel Aufmerksamkeit schenken würde, wäre nicht mit Steinen ein Pfeil ins Gras gelegt. Wie hatte mir das nicht auffallen können?

Der Pfeil zeigt direkt von der Hütte weg und während ich mich langsam erhebe, stößt Álvadro einen Freudenschrei aus.
"Endlich!"
"Was meinst du?", frage ich ihn. Es fällt ihm wohl erst jetzt auf, dass Anastasia und ich auch hier sind, denn er zuckt beim Klang meiner Stimme zusammen.
„Jetzt haben wir etwas zu tun, gemeinsam zu tun. Wir werden ein Team!"
Jetzt zeigt sich das, was ich auch am Anfang unserer Begegnung feststellen konnte, sein aufrichtiger, unverkennbarer Wunsch nach Gesellschaft, einem Team, dem er angehörig ist. Nur im entferntesten Sinne verstehe ich seine Angst alleine zu sein, während ich diesen Trieb sehr gut nachvollziehen kann. Schließlich ist es immer schön, Menschen zu haben, auf die man sich verlassen kann.

cold time wishesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt