Nacht 7

44 4 0
                                    

Alishas Sicht:

"Ich muss jetzt los", sagte Jonas und lächelte mir noch kurz zu, bevor er sich seine Hose und ein T-shirt überzog und mir noch einen schnellen Kuss gab.

Ich sagte darauf nichts mehr. Ich wusste, dass er nun Anja töten musste.

"Kannst du nicht Lucas angreifen?", fragte ich schließlich, während Jonas sich noch schnell seine Haare ein wenig richtete.

"Es würde sich nur herauszögern, sie wird nicht lange leiden", versprach er mir und hauchte mir noch einen Kuss auf die Stirn.

"Wie kannst du nur so ruhig bleiben?", fragte ich etwas wütend und setzte mich weiter auf.

"Was sollte ich denn deiner Meinung nach tun?", antwortete mein Freund bloß ratlos und stützte sich vor mir ab.

"Ich weiß es doch auch nicht! Ein wenig besorgt sein zum Beispiel" "Besorgt?", fragte er verwirrt nach und musterte mich aus seinen wunderschönen Augen.

"Du bist ein Killer, ein Mörder..." "Ja, dein Mörder", grinste Jonas und wollte wieder näher kommen, um mich zu küssen, doch ich legte meine Hand an seinen Oberkörper, um ihn fern zu halten. Doch die erahnten perfekten Muskeln unter dem Shirt ließen mich fast nicht mehr klar denken.

"Du hast Lea getötet!" "Alisha, Lea wurde gehängt" "Dann eben Marie" "Du weißt so gut wie ich, dass Marie erschossen wurde", antwortete Jonas ruhig und setzte sich ein wenig bequemer neben mich.

"Ich habe dir oder deiner Familie nie etwas angetan und jetzt bitte ich dich um Erlaubnis dir deine beste Freundin zu nehmen. Ich würde es nicht tun, wenn du es nicht wollen würdest", sagte er ernst und schaute mich fest an, "Oder ich fresse einfach dich!", lachte er plötzlich und stürzte sich auf mich.

Als er wieder über mir saß und anfing mich zu küssen, verdrehte ich doch ein wenig lächelnd meine Augen.

"Geh' schon", murmelte ich gespielt genervt.

"Liebe dich", lächelte Jonas, gab mir noch einen Kuss auf die Nase und stand dann auf, um aus dem Fenster zu verschwinden.

Ich schüttelte leicht meinen Kopf und holte aus meiner Tasche die Kugel hervor. Auch wenn es eigentlich unnötig war, noch irgendeine Rolle nachzuschauen, legte ich mich vor sie und überlegte eine Weile.

"Zeig' mir Anja", befahl ich schließlich und nach einigen Sekunden bildete sich das Zeichen des Gummibärchens.

Lange betrachtete ich die Zeichen und die Fotos von Anja, welche ebenfalls langsam entstanden.

Wir waren schon so lange Zeit befreundet und jetzt hatte ich einem Serienmörder erlaubt sie umzubringen. Ich hätte sie schützen können. Ich hätte Jonas es verbieten können und er wäre sicher nicht böse auf mich gewesen.

Nach mehreren Minuten anstarren, wurde mir langsam klar, dass ich mich nicht verabschiedet hatte. Das letzte, was sie zu mir gesagt hatte, war ein "Glückwunsch", ob ernst gemeint oder nicht, war die Frage. Freute sie sich wirklich für mich, oder war sie enttäuscht?

Ich musste mich entschuldigen. Sie starb! Also war ich gewissermaßen auch ein Mörder! Ich hatte zugelassen, dass sie ermordet wurde!

Und plötzlich sprang ich auf, mir fiel zum Glück gerade noch ein, mich anzuziehen, bevor ich nach draußen stürzte, um Jonas aufzuhalten.

"Jonas!", rief ich durch die kalte Nacht und wickelte mich noch ein wenig fester in die Jacke ein.

Mit meinen Hausschuhen lief ich durch die noch halbwegs nassen Straßen zu Anjas Haus.

Gerade öffnete sich ihre Tür.

"Anja!", rief ich hoffnungsvoll, doch hinaus trat bloß ein Wolf. Sein Maul war rot und auch sonst war ein wenig auf seinem Fell verteilt. Mir wurde schlecht bei dem Gedanken, dass das Anjas Blut war.

Sofort stiegen mir die Tränen in die Augen.

Als Jonas mich entdeckte verwandelte er sich sofort zurück, doch das Blut blieb. Sein gesamtes Gesicht war rot und seine Kleidung hatte viele rote Flecken.

"Alisha, was tust du denn hier?!", fragte er überrascht und lief zu mir.

"Nein, nein ich kann das nicht, du hast sie getötet!", fing ich an zu weinen und in seinen Armen brach ich zusammen und landete auf dem Boden.

Auf den Knien lehnte ich mich gegen seine Brust, doch der Gedanke, dass meine Haare, mein Gesicht vermutlich gerade auf dem Blut meiner besten Freundin lagen, machte das ganze nicht wirklich besser.

"Hey, ganz ruhig...", versuchte er mich irgendwie zu beruhigen, doch ich war zu aufgeregt.

"Sie war die letzte! Alle sind tot, alle, die ich geliebt habe!", schluchzte ich in sein Shirt hinein. Jonas war offensichtlich überfordert von der Situation.

"Sie hat sich nicht gewehrt, falls es das leichter macht", flüsterte er leise.

"Okay, hey, hey, komm, du bist stark, du kannst das!", sagte er schließlich und zog mich mit seinen starken Armen wieder auf die Beine.

"Nein, ich kann nicht", antwortete ich und wollte wieder zusammenklappen, doch Jonas hielt mich standhaft oben.

"Wir werden sie begraben, damit du dich anständig von ihr verabschieden kannst, okay?", schlug er vorsichtig vor und ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er mich hoch und trug mich in das Haus.

"Ich werde dich nicht alleine lassen, aber du musst jetzt alleine gehen", lächelte er sanft und ließ mich vor der Tür runter. Sein blutverschmierter Mund machte es nicht gerade einfacher ruhiger zu werden.

Ich nickte wortlos und stützte mich ein wenig am Türrahmen ab.

"Du schaffst das", sagte er sicher, sah mir noch einmal fest in die Augen und öffnete die Tür.

Werwölfe im Dorf // Werwolf FFWhere stories live. Discover now