Tag 2

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Mit einem Lächeln auf den Lippen wachte ich von den paar Minuten Schlaf wieder auf und obwohl ich total fertig war, war ich glücklicher als jemals zuvor.

"Alisha?", fragte meine Mutter und klopfte an meine Tür.

"Ja?", rief ich zurück und die Tür ging auf. Ich setzte mich auf und schaute sie fragend an.

"Du warst heute Nacht draußen. Es tut mir Leid, aber sie Sicherheit des ganzen Dorfes, geht über meine Liebe zu dir hinaus. Ich muss das bei der Abstimmung heute erwähnen" "Was? Mum! Du denkst doch nicht etwa, dass ich einer dieser Wölfe bin, oder?", fragte ich außer mir.

"Ich weiß gar nichts" "Mama, du wirst es bereuen, wenn du mich tötest, das ganze Dorf wird es das. Bitte, ich kann euch helfen", sagte ich schnell und stand ganz auf.

"Gut, ich werde es heute unterlassen, aber mache nicht noch einen Fehler, sonst werde ich sehrwohl etwas sagen", murmelte sie und verließ mein Zimmer wieder. Ich starrte ihr nur ungläubig hinterher. Ich hatte meine Mutter noch nie so erlebt. Sie war sonst immer so fürsorglich und aufopfernd für meine Schwester und mich gewesen.

Wie war sie nur zu so etwas geworden? Sie hätte dem Dorf beinahe einen Grund geliefert mich anzuklagen, und wenn es keine anderen Klagen gab, dann wäre ich getötet worden.

Ich zog mich still um und ging dann wortlos aus dem Haus. Draußen sah mehrere Menschen auf dem Hauptplatz stehen. Ich selbst trat zu ihnen und schaute Emilia über die Schulter. Wir waren früher mal Spielgefährten gewesen, bis sie erwachsen wurde und sich nicht mehr für mich interessiert hatte. Sie war 4 Jahre älter als ich.

Die aufgerissene Leiche war offensichtlich Ben. Er hatte früher immer die Gottesdienste geleitet und passend dazu war er auch Priester gewesen. Das Zeichen hatte sich überall an seinem ganzen Körper gebildet.

Ich musste doch weg schauen. Es sah grausam aus. Er war blass und seine Augen standen offen. Eines seiner Beine war abgerissen und das andere fehlte ganz.

Auch hatte er Bissspuren am Hals und an den Armen.

Ich ging schnell von dem Platz weg und rannte genau in die Arme meiner besten Freundin Anja.

"Wer ist tot?", fragte sie ernst. Sie war ein Jahr älter als ich. Ich war nach Felix, dem 10-jährigen Sohn des Bürgermeisters und Finn, dem 15-jährigen allein gelassenen Jungen, die Jüngste im Dorf.

"Ben", murmelte ich leise. Sie schaute mich kurz mitleidig an und schloss mich dann in ihre Arme.

"Wir werden doch alle sterben", schluchzte ich. "Nein, das werden wir nicht", sagte sie sanft.

"Siehst du? Ich weiß noch nicht einmal, ob du überhaupt gut bist? Vielleicht bist du auch ein Werwolf und wirst mich nächste Nacht umbringen, weil ich es gerade vermutet habe", murmelte ich und trennte mich schnell wieder von ihr.

"Ach, Aly. Beruhig dich erst einmal. Du brauchst einen klaren Kopf bei den Abstimmungen. Vielleicht musst auch du dich verteidigen und dann ist es ratsam nicht einfach aufgelöst, sprachlos dazustehen und nichts zu sagen. Wir alle machen das durch, also reiß dich zusammen", befahl sie mir entschlossen.

Ich nickte und versuchte ruhig durch zu atmen. Trotzdem wurde ich den Gedanken nicht los, dass Anja auch ein Wolf sein könnte.

Schon ertönte die Trompete und Anja und ich drehten uns zu dem Platz.

"Es ist Zeit für die erste Anklage!", rief der Bürgermeister und alle versammelten sich um ihn herum.

"Doch zuerst möchte ich meine Trauer über den Verlust von Ben, unserem Priester, aussprechen. Er war dem Dorf immer treu ergeben", sprach Jacob traurig und sah zu dem Platz, an welchem die Leiche vor ein paar Minuten gelegen hatte. Inzwischen wurde sie weg gebracht.

"Aber lasst uns, auch nach diesem Schlag, weiter die Werwölfe in unserer Mitte jagen. Hat jemand in der gestrigen Nacht Verdächtige ausgemacht?", fragte er weiter. Ich konnte über diesen Reim im Moment einfach nicht lachen. Mein Blick ging stattdessen zu meiner Mutter, welche bloß betreten zu Boden schaute.

"Ich glaube Louis hat sich letzte Nacht aus dem Haus geschlichen. Ich habe seine Tür gehört und dann ein leises Wimmern, als etwas gegen sie prallte", sagte Lea schließlich. Ich schaute überrascht zu meiner Schwester.

"Dann bist du der erste Angeklagte. Hast du eine Verteidigung?", fragte Jacob und deutete dem 24-jährigen, dass er vortreten solle, was er auch tat.

"Also, ja, ich bin letzte Nacht aus meinem Haus gegangen, jedoch nur, da mein Hund nach draußen wollte. Ihr alle kennt ihn ja. Ich habe ihn wohl zu sehr gedrängt und er ist deswegen gegen die Tür gekommen", erklärte Louis sofort.

"Warum sah ich dann gestern Nacht um 2 Uhr diesen Hund am Fenster sitzen und auf dich warten?", fragte Lea weiter.

"Weil... Da war ich schon zurück und er hat einfach nur nach draußen geschaut...", versuchte er sich noch zu retten. Doch die Menge fing bereits an zu flüstern.

"Dass ich draußen war, muss doch nichts bedeuten! Ich könnte auch vieles weiteres außer ein Werwolf sein!" "Ich glaube das genügt jetzt. Wenn es keine weiteren Anklagen gibt, dann würde ich jetzt gerne Abstimmen", unterbrach Jacob diesen Streit.

Da sich keine anderen Stimmen erhoben, sprach der Bürgermeister weiter.

"Wer ist dafür, dass wir Louis töten?", fragte er und sogut wie alle zeigten auf. Meine Augen glitten über die Leute, bis sie bei Alina, der Frau Jacobs, hängen blieben, welche sich hinter ihrem Mann versteckte.

Sie hatte, soweit ich sehen konnte, einen Stofffetzen zwischen ihren Zähnen und am Hinterkopf befestigt. Auch ihre Hände waren gefesselt.

"Was ist mit Alina passiert?", fragte ich Anja etwas schockiert, während ich noch aufzeigte.

"Sie wurde von dem Beschwörer zum Schweigen gebracht. Wenn sie doch spricht, stirbt sie", erklärte sie leise.

Ich nickte leicht. "Bringt ihn zum Galgen", befahl Jacob und sofort machten Jonas und Leon sich daran, ihn nach vorne zu schubsen. Meine Augen hingen nur an meinem Geliebten. Ich freute mich jetzt schon auf die kommende Nacht.

Nachdem die beiden ihn zum Galgen gebracht und ihm die Schlinge um den Hals gebunden hatten, hatte Jacob die Ehre die Luke, auf welcher er stand, zu öffnen. Mit einem leisen Schrei fiel er nach unten.

Ich wendete schnell meinen Blick ab und presste mein Gesicht in Anjas Jacke.

"Ja! Er ist ein Werwolf!", rief sie erfreut und umarmte mich halb. Ich konnte nicht lächeln. So Menschen zu töten, auch wenn es ein Werwolf war, konnte doch nicht die Lösung sein!

"Ich gehe nach Hause", murmelte ich leise an Anjas Schulter und trennte mich von ihr, um zu meinem Haus zu gehen.

Werwölfe im Dorf // Werwolf FFWhere stories live. Discover now