Wenn der Frust das Neue kennt

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“Worauf hast du denn Lust?“, fragte Anton zum gefühlt tausendsten Mal.
“Keine Ahnung“, antwortete ich wie jedes Mal.
Anton schürzte die Lippen und dachte wieder nach.
“Irgendwas draußen?“
Ich lächelte. “Das fände ich gut.“
“Hmmm.“
Ich spielte am Saum meines T-Shirts herum und wartete.
“Ich habs! Was hältst du von Minigolf?“
Ich lachte. “Keine Ahnung. Lass es uns ausprobieren.“
“Okay, dann zieh dir was andres an.“ Anton sprang auf und verschwand in seinem Zimmer. Schnell holte ich mir was von meinen neuen Klamotten, zog mich um und putzte Zähne. Grad als ich fertig war, tauchte auch Anton wieder auf.
“Bist du so weit“, fragte er und wirkte wie elektrisiert.
Ich nickte.
Anton schnappte sich Geldbeutel und Hausschlüssel und stürmte übermütig nach draußen. Seine Energie war ansteckend, und so sprang auch ich aufgeregt auf und hüpfte zur Tür.
“Minigolf muss ja grandios sein, wenn du so begeistert bist“, bemerkte ich.
Anton lachte, schnappte meine Hand und zog mich mit sich.

Es war nicht grandios. Schon als ich den Schläger in die Hand nahm, spürte ich, dass wir zwei nicht für einander geschaffen waren.
Völlig unkoordiniert schlenkerte ich den Stab mit dem komischen Knüppel am Ende herum.
Beim Spiel wurde es nicht besser. Wenn ich überhaupt den Ball traf, was schon selten genug passierte, dann rollte er meistens in die falsche Richtung. Ich bemühte mich, mich nicht zu sehr aufzuregen. Aber mit jedem mal, das der Ball wieder falsch rollte, wurde der enttäuschte Kloß in meinem Hals etwas dicker.
Anton stellte sich da schon geschickter an, aber auch er war ganz offensichtlich kein Profi.
Es dauerte einige Zeit, bis ich meinen Frust darüber, dass ich es absolut nicht hinbekam, überwunden hatte. Dann allerdings begann das Ganze doch noch einen gewissen Spaßfaktor zu entwickeln. Auch wenn ich eindeutig verlor.
“Wie wär's jetzt noch mit etwas entspanntem?“, fragte Anton, als wir die Schläger abgaben. “Etwas, das dich nicht frustriert?“ Er grinste.
Ich seufzte. Ich hatte versucht meine Gefühle zu verbergen, aber ganz offensichtlich hatte er in meinem Gesicht gelesen wie in einem Buch.
Ich lächelte beschämt. “Gern.“
Anton zog mich mit sich mit. “Dann müssen wir aber erst noch einkaufen gehen.“

________

Wasser spritzte mir ins Gesicht. Überrascht kreischte ich auf.
“Du Idiot“, rief ich, tauchte meine Hand ins Wasser und beförderte so viel ich konnte auf Anton.
Er lachte und schüttelte den Kopf, sodass die Tropfen aus seinen Haaren glitzernd durch die Luft flogen. Ich reckte mein Gesicht zum Himmel, spürte die warme Sonne und die herunterfallenden Tropfen auf meinem Gesicht und seufzte zufrieden.
“Wie wär's mit rutschen?“, fragte Anton.
“Hm?“
Anton packte mich an der Hand und zog mich mit sich zu einer großen, dicken Röhre, die sich über das Freibad schlängelte. Wie ein übermütiges Kind stürmte er die Treppe hoch zum Anfang der Röhre.
Skeptisch betrachtete ich dieses...Ding. Anton grinste vergnügt.
“Setz dich“, er deutete auf den Einstieg. Vorsichtig ließ ich mich auf der rutschigen Oberfläche nieder. Der neu gekaufte Bikini klebte kalt an meiner Haut. Anton setzte sich breitbeinig hinter mich und legte die Hände um meinen Bauch, um mich fest an sich zu drücken. Dann stieß er uns ab und - hui.
Wir rutschten noch sechs mal. Dann legten wir uns erschöpft auf die Wiese neben dem Becken und ließen uns von der Sonne trocknen.
Außer uns waren nur vereinzelt Menschen da. Anton meinte, das sei normal an einem Montag Mittag. Da wären alle anderen noch in der Arbeit oder Schule.
Schwimmen war doch um Welten besser als Minigolfen. Es war ein bisschen verrückt, dass der menschliche Körper unter Wasser einfach erstickte. Ich hatte kurz gebraucht, bis ich das verstanden hatte und hätte mich dabei fast selbst ertränkt. Anton hatte den Schreck seines Lebens erfahren und wäre am liebsten direkt wieder mit mir gegangen.
Jetzt waren wir seit drei Stunden hier. Erfreulicher Weise lebte ich immer noch. Ich hatte aber auch keine Tauchversuche mehr gestartet.

banishedWhere stories live. Discover now